Gesetzgebung

Staatsregierung: Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze (AGSG) eingebracht

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Kinderbetreuung in KitaGrund für die Gesetzesinitiative

1. Anspruch auf Kita-Platz ab dem 1. August 2013

Gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII haben Kinder im Alter von ein bis drei Jahren ab dem 1. August 2013 einen Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Dabei enthalten § 24 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII bzw. ab 1. August 2013 der wortgleiche § 24 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII eine Ermächtigung für den Landesgesetzgeber, wonach dieser eine Anmeldefrist für einen Betreuungsplatz vorsehen kann. Von dieser Ermächtigung macht der Gesetzentwurf Gebrauch, um den Gemeinden bzw. den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe eine bessere Planbarkeit insbesondere im Hinblick auf den erforderlichen Personalbedarf zu ermöglichen. Der Gesetzentwurf sieht eine Anmeldefrist von grundsätzlich mindestens drei Monaten vor.

2. Rechtsgrundlage für die Elternbriefe im Internet

Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz hat Bedenken dagegen angemeldet, Elternbriefe als Newsletter und als Download im Internet bereitzustellen. Der Gesetzentwurf sieht eine Rechtsänderung vor, die es dem Bayerischen Landesjugendamt auf datenschutzrechtlich unbedenkliche Weise ermöglicht, das Angebot dauerhaft zu betreiben.

3. Prüfrecht des Landesprüfungsamts für Sozialversicherung

Die Sozialversicherungsträger übertragen zunehmend Aufgaben an Dritte. Bisher enthält Art. 7 Abs. 5 AGSG allerdings noch keine explizite Befugnis für das Landesprüfungsamt für Sozialversicherung, die Erledigung solcher, auf Dritte übertragener Aufgaben zu prüfen. Das Prüfrecht soll daher gesetzlich auf solche Aufgabenfelder erstreckt werden, die ein Sozialversicherungsträger einem Dritten übertragen hat. Laut Gesetzentwurf soll so dem Anschein entgegengetreten werden, es bestünden prüfungsfreie Räume und das staatliche Prüfrecht sei von vertraglichen Regelungen abhängig.

4. Geldleistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (4. Kapitel SGB XII)

Am 1. Januar 2013 ist das vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Kraft getreten. Mit diesem Gesetz löst der Bund seine Zusage ein, die Geldleistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Viertes Kapitel SGB XII) stufenweise vollständig zu erstatten (2012: 45 Prozent, 2013: 75 Prozent, ab 2014: 100 Prozent der Geldleistungen). Damit ist ab 1. Januar 2013 Bundesauftragsverwaltung eingetreten.

Um die Änderungen im Vierten Kapitel SGB XII im Landesrecht übersichtlich nachzuvollziehen, wird ein neuer Art. 81a AGSG mit Regelungen zum Vollzug des Vierten Kapitels SGB XII eingefügt.

Wesentliche Regelungen

1. Anspruch auf Kita-Platz ab dem 1. August 2013

a) Neuer Art. 45a AGSG

Es wird ein neuer Art. 45a in das AGSG eingefügt:

Art. 45a Anmeldefrist für einen Betreuungsplatz

Die Zuweisung eines Betreuungsplatzes gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII in der ab 1. August 2013 geltenden Fassung setzt grundsätzlich voraus, dass die Erziehungsberechtigten die Gemeinde und bei einer gewünschten Betreuung durch eine Tagespflegeperson den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe mindestens drei Monate vor der geplanten Inanspruchnahme in Kenntnis setzen.

Die 3-Monatsfrist soll den Gemeinden und öffentlichen Trägern der Jugendhilfe insbesondere eine Planung des erforderlichen Personalbedarfs ermöglichen:

Die Vorgaben des BayKiBiG (Anstellungsschlüssel von 1: 11 gemäß § 17 AVBayKiBiG) führen dazu, dass Kindertageseinrichtungen keine unbegrenzte Anzahl von Kindern aufnehmen können, sondern stets darauf achten müssen, dass auch genügend Personal vorhanden ist.

Entsprechendes gilt für die Tagespflege. In der Tagespflege darf eine Tagesmutter gem. § 43 Abs. 5 SGB VIII maximal fünf gleichzeitig anwesende, fremde Kinder betreuen. Gem. Art. 9 Abs. 2 des BayKiBiG darf sie in Bayern zum Schutz des Kindeswohls und zur Sicherung des Bildungsauftrags insgesamt nicht mehr als acht Tagespflegeverhältnisse eingehen.

Die dreimonatige Anmeldefrist ist laut Gesetzentwurf mit den kommunalen Spitzenverbänden abgestimmt.

Da erziehungsberechtigte Personen unter Umständen innerhalb von weniger als drei Monaten einen Platz in der Kindertagesbetreuung oder in der Tagespflege benötigen, sollen Ausnahmen von der neuen Regelung zulässig sein („grundsätzlich“), in denen die Dreimonatsfrist nicht einzuhalten ist. Die erziehungsberechtigten Personen müssen für das Vorliegen eines Ausnahmefalls laut Gesetzentwurf nachweisen, dass sie aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, tatsächlich darauf angewiesen sind, in weniger als drei Monaten einen Platz in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege zu bekommen. Die Kommunen müssen für die Ausnahmefälle im Rahmen der Bedarfsplanung Vorkehrung treffen.

b) Übergangsvorschrift

Art. 118 AGSG erhält einen neuen Satz 2:

(2) 1Im Zeitraum ab dem 16. Juli 2013 bis einschließlich 15. August 2013 findet Art. 45a mit der Maßgabe Anwendung, dass die Frist zwei Wochen beträgt. 2Im Zeitraum ab dem 16. August 2013 bis einschließlich 16. Oktober 2013 findet Art. 45a mit der Maßgabe Anwendung, dass die Frist vier Wochen beträgt.

Hiernach müssen die erziehungsberechtigten Personen während der ersten drei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes keine dreimonatige, sondern lediglich eine zwei- (bis einschließlich 15. August 2013) bzw. vierwöchige (von 16. August 2013 bis einschließlich 16. Oktober 2013) Anmeldefrist einhalten.

Hintergrund ist laut Gesetzentwurf, dass die Änderung des AGSG erst am 16. Juli 2013 in Kraft treten soll, der Anspruch auf einen Kita-Platz aber bereits ab 1. August 2013 gilt. Müssten die Erziehungsberechtigten bereits ab Inkrafttreten des Gesetzes am 16. Juli 2013 eine dreimonatige Anmeldefrist einhalten, könnten nur diejenigen vom Rechtsanspruch ab 1. August 2013 profitieren, die ihr Kind vor dem 16. Juli 2013 angemeldet haben. Um dies zu verhindern und allen Erziehungsberechtigten die Geltendmachung des Rechtsanspruchs ab 1. August 2013 zu ermöglichen, mussten kürzere Übergangsfristen festgelegt werden, so der Gesetzentwurf.

2. Rechtsgrundlage für die Elternbriefe im Internet

Das Bayerische Landesjugendamt stellt Elternbriefe als Newsletter zu und hält sie auf seinem Online-Portal zum Download bereit. Hiergegen machte der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz Bedenken geltend:

Das Erheben der E-Mail-Adresse der Eltern sowie das Geburtsdatum des Kindes sei nur zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe nach dem Sozialgesetzbuch erforderlich sei (§ 67 a Abs. 1 Satz 1 SGB X). Einschlägige Aufgabe sei die Förderung der Erziehung in der Familie (§ 16 SGB VIII). Zuständig dafür seien allerdings die Jugendämter (§§ 85 Abs. 1, 69 Abs. 1 bzw. 3 SGB VIII i.V.m. Art. 15 f. AGSG) und nicht das Bayerische Landesjugendamt, das das Portal betreibt.

Der Gesetzentwurf sieht daher vor, dem Bayerischen Landesjugendamt in einem neuen Art. 24 Abs. 2 AGSG die Aufgabe des Versands von Online-Elternbriefen zuzuweisen:

(2) 1In Abweichung von § 85 SGB VIII ist auch der überörtliche Träger sachlich zuständig für die Gewährung von Leistungen nach § 16 SGB VIII, soweit ein landesweites Angebot in Form von Elternbriefen über das Internet zur Verfügung gestellt wird. 2Die sachliche Zuständigkeit der örtlichen Träger bleibt unberührt.

3. Prüfrecht des Landesprüfungsamts für Sozialversicherung

Art.7 Abs. 5 wird wie folgt geändert (Änderungen fett markiert bzw. durchgestrichen):

Art. 7 Zuständigkeiten

(1)-(4) […]

(5) 1Dem Landesprüfungsamt für Sozialversicherung im Staatsministerium obliegt die Prüfung der Geschäfts-, Betriebs- und Rechnungsführung aller landesunmittelbaren Versicherungsträger, ihrer Verbände, der Kassenärztlichen Vereinigungen, der Ausschüsse und der Geschäftsstelle nach § 106 SGB V und des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung. 2Die Kostenaufteilung unter den Versicherungszweigen richtet sich nach den Prüftagen. 3Die einem Versicherungszweig angehörenden Versicherungsträger erstatten die Kosten im Verhältnis der beitragspflichtigen Einnahmen ihrer Mitglieder. 4Das Staatsministerium regelt das Nähere; es kann Vorschüsse anfordern und Pauschbeträge festsetzen. 1Das Landesprüfungsamt für Sozialversicherung im Staatsministerium prüft die Geschäfts-, Rechnungs- und Betriebsführung aller landesunmittelbaren Versicherungsträger, ihrer Verbände und Arbeitsgemeinschaften, der Kassenärztlichen Vereinigungen, des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern sowie der Prüfungsstellen und der Beschwerdeausschüsse nach § 106 SGB V und führt Prüfungen nach § 252 Abs. 5, § 266 Abs. 7 Nr. 9 SGB V durch. 2Soweit Aufgaben auf Dritte übertragen werden, erstreckt sich das Prüfrecht des Landesprüfungsamts für Sozialversicherung auch auf diese. 3Das Staatsministerium kann dem Landesprüfungsamt für Sozialversicherung weitere Prüfungen, insbesondere von Dienststellen und Einrichtungen in seinem Geschäftsbereich übertragen. 6Die Kosten solcher Prüfungen setzt das Landesprüfungsamt für Sozialversicherung fest. 4Das Landesprüfungsamt für Sozialversicherung ist in der Durchführung seiner Aufgaben unabhängig. 5Es setzt die zu erstattenden Kosten der Prüfungen fest. 6Das Nähere hierzu, insbesondere zur Kostenaufteilung, zu Pauschalierungen und Vorschüssen, regelt das Staatsministerium durch Rechtsverordnung.

4. Geldleistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (4. Kapitel SGB XII)

Neben dem neuen Art. 81a AGSG (S. 8 des Gesetzentwurfs) sieht der Gesetzentwurf auch einen neu gefassten Art. 88 Abs. 4 vor:

(4) 1Die nach § 46a SGB XII an den Freistaat Bayern erbrachten Erstattungsleistungen des Bundes werden unverzüglich an die Träger der Sozialhilfe weitergeleitet. 2Die Höhe der Erstattung richtet sich nach der Höhe der vom jeweiligen Sozialhilfeträger für das jeweilige Quartal zur Erstattung angemeldeten Geldleistungen. 3Die Durchführung obliegt dem Staatsministerium oder der von ihm durch Rechtsverordnung bestimmten Stelle.

Art. 88 Abs. 4 AGSG regelt die Weiterleitung der Erstattungsleistungen des Bundes durch den Freistaat Bayern an die Kommunen. Die Höhe der Erstattung richtet sich dabei nach der Höhe der vom jeweiligen Sozialhilfeträger für das jeweilige Quartal zur Erstattung angemeldeten Geldleistungen. Auch diesbezüglich werden laut Gesetzentwurf bei Bedarf nähere Festlegungen zum Vollzug durch Verwaltungsanweisung erfolgen. Die Umsetzung der Bundeserstattung war bisher dem Zentrum Bayern Familie und Soziales anvertraut. Daran soll sich laut Gesetzentwurf nichts ändern. Das Staatsministerium wird jedoch ermächtigt, eine andere Stelle für den Vollzug zu bestimmen.

Staatsregierung, Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze, LT-Drs. 16/16443 v. 17.04.2013 (PDF, 288 KB)

Ass. iur. Klaus Kohnen; Abbildung: (c) olesiabilkei – Fotolia.com

Net-Dokument BayRVR2013041702