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BayVGH: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof bestätigt Planfeststellungsbeschluss für 3. Start- und Landebahn des Verkehrsflughafens München

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Mit Urteil vom 19. Februar 2014 hat der 8. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) insgesamt 16 Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern – Luftamt Südbayern – für die geplante 3. Start- und Landebahn des Verkehrsflughafens München vom 5. Juli 2011 abgewiesen. Dem Urteil war eine umfangreiche mündliche Verhandlung vorausgegangen, die sich über insgesamt 41 Sitzungstage erstreckt hat. Darüber hinaus verschaffte sich der BayVGH bei fünf Ortsterminen selbst einen Eindruck im Umfeld des Flughafens und bei den Klägern.

Durch die Errichtung einer 3. Bahn sollen am Flughafen München statt bisher rund 90 bis zu 120 Flugbewegungen pro Stunde abgewickelt werden können. Gegen die Zulassungsentscheidung wenden sich eine Reihe betroffener Bürger, deren Grundstücke teilweise für das Vorhaben in Anspruch genommen werden sollen, die Stadt Freising, die Gemeinden Berglern, Eitting, Fahrenzhausen und Oberding, der Landkreis Freising sowie der Bund Naturschutz.

Der BayVGH stützt sein Urteil darauf, dass nach den geltenden rechtlichen Maßstäben kein Fehler des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ersichtlich sei, der eine andere Entscheidung als die Klageabweisung zulasse. Dem Vorhaben stünden weder Gründe des Bedarfs noch schädliche Umwelteinwirkungen noch Gründe des Naturschutzes entgegen. Die Regierung von Oberbayern habe den ihr zustehenden planerischen Spielraum nicht überschritten. Die Planfeststellung verstoße nicht gegen zwingendes Recht.

Hinsichtlich der Bedarfsprognose für eine 3. Start- und Landebahn konnten nach Auffassung des BayVGH keine durchgreifenden Mängel festgestellt werden. Die vorliegenden Gutachten wiesen mit vertretbarer Methodik einen hinreichenden Verkehrsbedarf aus. Dabei komme es nicht auf die heutige Perspektive, sondern auf diejenige bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses im Juli 2011 an. Durchgreifende Mängel ergäben sich ferner nicht aus der Art und Weise der Durchführung des behördlichen Verfahrens, der Festlegung und Gewichtung der planerischen Ziele, der Auswahl des planfestgestellten Vorhabens aus einer Vielzahl geprüfter Varianten oder der Länge der geplanten 3. Bahn von 4.000 Metern.

Die zu erwartenden zusätzlichen Belastungen der Anwohner durch eine nicht unerhebliche Mehrung des Fluglärms oder durch Luftschadstoffe halten sich nach den Feststellungen des Gerichts innerhalb der vom Gesetz- bzw. Verordnungsgeber gezogenen Grenzen. Unzumutbaren Gefahren, namentlich etwa durch sog. Wirbelschleppen (von Flugzeugen ausgehende, teilweise bis zum Boden absinkende Luftwirbel) oder durch potenzielle Flugunfälle, wäre die Nachbarschaft des Flughafens nach Überzeugung des BayVGH im Zuge von Errichtung und Betrieb einer 3. Start- und Landebahn ebenfalls nicht ausgesetzt.

Im Privateigentum von Klägern stehende Grundstücke würden – gemessen an der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes – nicht zu Unrecht für das im Wohl der Allgemeinheit liegende Vorhaben in Anspruch genommen. Auch das sog. Entschädigungsgebiet für Übernahmeansprüche im Freisinger Ortsteil Attaching habe die Regierung von Oberbayern im Planfeststellungsbeschluss nicht zu kleinräumig festgesetzt. Innerhalb dieses Gebiets können Eigentümer wegen der dortigen Intensität der Belastungen gegen Übereignung ihrer Grundstücke an den Flughafenbetreiber eine Entschädigung in Höhe des Verkehrswerts verlangen. Nach Auffassung des BayVGH verlieren Wohngrundstücke jedenfalls außerhalb dieses Gebiets durch die zu erwartenden Auswirkungen der geplanten 3. Start- und Landebahn nicht in einem Maß an Wert, der die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses in Zweifel zieht.

In rechtlich geschützte Belange der klagenden Kommunen sowie des Landkreises Freising, namentlich in die kommunale Planungshoheit, greife die geplante Errichtung einer 3. Start- und Landebahn nicht unzulässig ein.

Der BayVGH vermochte auch keine durchgreifenden Verstöße des planfestgestellten Vorhabens gegen nationales oder europäisches Naturschutzrecht zu erkennen. Zwar stelle die geplante 3. Start- und Landebahn nicht zuletzt einen erheblichen Eingriff in das im Flughafenbereich gelegene Europäische Vogelschutzgebiet „Nördliches Erdinger Moos“ dar. Ein solcher Eingriff, unter anderem mit Auswirkungen zulasten europäisch geschützter Vogelarten wie beispielsweise Kiebitz oder Großer Brachvogel, sei jedoch ausnahmsweise insbesondere deshalb rechtlich zulässig, weil im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses für das Vorhaben stritten. Zudem seien die von der Regierung von Oberbayern angeordneten umfangreichen naturschutzfachlichen Ausgleichmaßnahmen hinreichend. Die gewährten Ausnahmen von artenschutzrechtlichen Verboten seien im Ergebnis nicht zu beanstanden. Vorschriften zugunsten des Schutzes von Klima und Wasser stünden dem Vorhaben nicht entgegen.

Der BayVGH hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe, mit denen in einigen Monaten zu rechnen ist, kann beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt werden.

BayVGH, Pressemitteilung v. 19.02.2014 zum U. v. 19.02.2014, 8 A 11.40040 u.a.

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