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Die Verwendung von QR-Codes auf Grabsteinen – kommunale Handlungsoptionen

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Meissner_passvon Hauptreferentin Barbara Meißner, Deutscher Städtetag, Köln

Das digitale Zeitalter macht auch vor den Friedhöfen nicht halt. Was bereits in vielen anderen Dienstleistungsbereichen von der Bevölkerung gerne genutzt wird und sich als Informationsquelle bewährt hat, hält jetzt auch hier Einzug: die Verwendung von QR-Codes. Immer mehr Grabnutzungsberechtigte stellen Anträge bei den kommunalen Friedhofsträgern, auf Grabsteinen QR-Codes als Grabinschriften vorsehen zu dürfen.

QR-Codes sind zweidimensionale Codes, die aus einer quadratischen Matrix aus verschiedenfarbigen Punkten bestehen. Mittels Binärcodes können nun Inhalte wie Text und/oder Links hinterlegt werden, die sich von QR-Codes auch auf Smartphones oder Tablets auslesen lassen. Die hinterlegten Inhalte sind damit nur mittels der geeigneten Technik zu lesen und liegen damit in der freien Entscheidung des Einzelnen. An Gräbern können so Informationen wie Fotos zu verstorbenen Personen hinterlegt werden. Dadurch ist es möglich, gemeinsame Erlebnisse vor Ort Revue passieren zu lassen.

Die Möglichkeit der Verwendung derartiger QR-Codes ist in den kommunalen Friedhofssatzungen zu regeln. Diesem Wunsch kommen die kommunalen Friedhofsträger auch in zunehmendem Maße nach.

Allerdings stellen sich in diesem Zusammenhang für die kommunalen Friedhofsträger zwei wichtige Fragen: Ist ein Verbot der Verwendung derartiger QR-Codes auf Grabsteinen in einer Satzung überhaupt möglich? Falls nein, durch wen und in welcher Form hat die Kontrolle der hinterlegten Inhalte zu erfolgen? Diesen Fragen soll nachfolgend nachgegangen werden.

I. Verbot der Verwendung derartiger QR-Codes auf Grabsteinen

Die Verwendung derartiger QR-Codes auf Grabsteinen setzt, wie bereits oben erwähnt, eine Genehmigung in den kommunalen Friedhofssatzungen voraus.

In einigen Städten wird aktuell die Frage diskutiert, ob ein Verbot derartiger QR-Codes auf Grabsteinen möglich ist, oder ob sie gezwungen sind, derartige Codes zuzulassen. Diese Frage ist durchaus nicht unberechtigt, da der Nutzer des Codes vor dessen Öffnung nicht weiß, welcher Inhalt oder welche Links gezeigt werden. Da die Inhalte vor dem Erstellen des QR-Codes festgelegt oder geändert werden können bzw. im Laufe der Verwendung, ist eine Einflussnahme durch die Friedhofsverwaltung auf den Inhalt nicht möglich. Ein „pornographischer Inhalt“ oder „musikalischer Hochgenuss“ kann damit nicht verhindert werden.

Dieses sehen einige kommunale Friedhofsträger – nicht zu Unrecht – als problematisch an und möchten derartige QR-Codes auf Grabsteinen deshalb generell verbieten.

Es sei aber vorweg gesagt: Zu diesem Themenkomplex gibt es derzeit noch keine Rechtsprechung. Nach Auffassung des Deutschen Städtetages (vgl. die Handlungsempfehlung zum Umgang mit dem QR- Code [PDF, 102 KB]) ist ein derartiges Verbot unter Abwägung der verschiedenen Sachverhalte allerdings rechtlich nicht zulässig; weder auf Grabfeldern mit besonderen Gestaltungsvorschriften noch auf Grabfeldern ohne Gestaltungsvorschriften.

Folgende Erwägungen sprechen dafür, dass ein Verbot nicht zulässig wäre:

1. Verbot aus gestalterischen Gründen

Der QR-Code ist ein eher unauffälliges, zweifarbiges Gebilde, das i.d.R. selbst keinen Schriftzug enthält. Damit geht von ihm keine Verunstaltung des Friedhofs aus und er stört Friedhofsbesucher nicht in ihrer Andacht. Somit sind alle Voraussetzungen als erfüllt anzusehen, die die Rechtsprechung verlangt: Sie stellt auf die Durchschnittsvorstellung der Grabnutzungsberechtigten und Friedhofsträger in diesen Fällen ab. Ein Verbot aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes ist damit rechtlich ausgeschlossen.

2. Verbot wegen des Inhalts der hinterlegten Internetseite

Als problematisch könnte allenfalls der abrufbare Inhalt angesehen werden und aus diesem Gesichtspunkt ein Verbot gerechtfertigt sein. Aber auch davon ist nicht auszugehen. Zum einen ginge – wenn der Inhalt der hinterlegten Internetseite zweifelhaft wäre – davon keine Störung vom Grab selbst aus. Aber nur solche Grabgestaltungen, die gegen den Friedhofszweck verstoßen und hierdurch zu einer ordnungsrechtlich relevanten Störung der Allgemeinheit führen, dürfen untersagt werden. Eine Störung der öffentlichen Sicherheit kann durch das Aufstellen eines Grabsteins mit QR-Codes allerdings nicht angenommen werden.

3. Verbot wegen Störung durch Tonwiedergabe

Einige kommunale Friedhofsträger diskutieren ein Verbot vor dem Hintergrund, dass eine Störung der übrigen Friedhofsnutzer durch Tonwiedergabe erfolge. Für eine evtl. Störung der übrigen Friedhofsbesucher durch laute Tonwiedergabe ist der Besucher verantwortlich, der die betreffende Internetseite abruft und anschaut. Tonwiedergabe in einer Lautstärke, die auch bei normalen Gesprächen eines Friedhofsbenutzers geduldet würden, werden ein derartiges Verbot deshalb ebenfalls nicht rechtfertigen können.

II. Kontrolle der Inhalte

Da ein Verbot der Verwendung von QR-Codes auf Grabsteinen rechtlich nicht umsetzbar sein wird, stehen die kommunalen Friedhofsträger im Falle der Genehmigung eines Antrags eines Grabnutzungsberechtigten vor der Frage, ob für sie die Pflicht besteht, diese Inhalte zu kontrollieren und ggf. dagegen vorzugehen.

Diese Frage ist mit einem deutlichen „Nein“ zu beantworten. Eine Pflicht der kommunalen Friedhofsträger, gegen die Inhalte der hinterlegten Internetseiten vorzugehen, bestünde nur dann, wenn diese der jeweiligen Friedhofsatzung widersprächen oder sich eine Verpflichtung aus der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht ergäbe. Beides ist allerdings nicht der Fall.

Ausgehend von der Auffassung des Deutschen Städtetags, wonach ein Verbot der QR-Codes auf Grabsteinen wegen der hinterlegten Inhalte nicht zulässig ist, kann damit auch kein Verstoß gegen die Friedhofssatzung vorliegen und damit auf dieser Rechtsgrundlage keine Überprüfungsverpflichtung bezüglich der Inhalte angenommen werden.

Es besteht auch keine Überprüfungspflicht aus dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht.

Diese liegt vor, wenn Gefahren für Leib oder Leben von einer Sache ausgehen. Eine typische Verpflichtung daraus besteht für die kommunalen Friedhofsträger in der alljährlichen Druckprobe an Grabsteinen zur Kontrolle, ob diese umzustürzen drohen. Von einer derartigen Gefahr kann im Falle „zweifelhafter Inhalte“ von Internetseiten nicht ausgegangen werden. Zudem besteht die Gefahr „zweifelhafter Inhalte“ nicht nur bei den Friedhofsbesuchern, sondern bei Nutzern von Internetseiten generell.

Sollte man dennoch zu einer anderen Auffassung neigen und eine Verkehrssicherungspflicht bejahen, so wäre es den Friedhofsträgern auf keinen Fall zuzumuten, ohne konkrete Anhaltspunkte für vorliegende Rechtsverletzungen die QR-Codes zu überprüfen. Dieses wäre nur mit erheblichem zeitlichem und personellem Aufwand möglich, da Internetseiten ständig und jederzeit geändert werden können. Damit ist eine Einflussnahme durch die Friedhofsverwaltung auf den Inhalt auch gar nicht möglich. Vielmehr sind die Grabnutzungsberechtigten oder Gewerbetreibenden, die die Internetseiten pflegen, für die Inhalte verantwortlich. Betroffene Personen, die sich gegen die Inhalte wehren wollen, sind auf die bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten zu verweisen.

III. Umsetzungsmöglichkeit für den QR-Code auf Friedhöfen

Um allerdings allen oben geschilderten Bedenken zu begegnen, können die kommunalen Friedhofsverwaltungen bei der Genehmigung des Antrags eines Grabnutzungsberechtigten zum Aufstellen eines Grabmals oder der Beschriftung mit QR-Codes größtmögliche Vorsorge treffen.

Folgendes Verfahren wird vorgeschlagen: Die Gewerbetreibenden auf dem Friedhof haben bei der Nutzung eines QR-Codes einen Antrag zu stellen, in dem dessen Inhalt offenzulegen ist. Die Genehmigung erfolgt im Sinne einer Grabinschrift oder einer Firmenbezeichnung. Auf dem Grabmalantrag wird von dem Hinterbliebenen bestätigt, dass er für den Inhalt verantwortlich ist und während der gesamten Nutzungszeit bleibt. Das Gleiche gilt auch für die Friedhofsgewerke. Diese Erklärung ist zwingend vorzulegen, um die Verantwortung für inhaltliche Änderungen von der Friedhofsverwaltung zu nehmen.

Zusammenfassend bleibt festzustellen:

  1. Die Installation von QR-Codes wird zukünftig zum Bestandteil des Grabmalantrages und der Grabmalgenehmigung.
  2. Der Antragsteller hat den Inhalt der hinterlegten Internetseite zum Zeitpunkt des Antrags vollständig anzugeben.
  3. Der Code ist als Grabmalinschrift/-gestaltung zu werten.
  4. Eine Kontrolle auf Inhalte des QR-Codes findet nicht statt.

Anmerkung der Redaktion

Barbara Meißner ist Hauptreferentin im Dezernat Umwelt und Wirtschaft / Brand- und Katastrophenschutz beim Deutschen Städtetag in Köln und als Juristin u.a. mit dem Friedhofs- und Bestattungsrecht befasst.

Die Verwendung von QR-Codes auf Grabsteinen wurde auch bei den diesjährigen 6. Speyerer Tagen zum Friedhofs- und Bestattungsrecht diskutiert. Ein Veranstaltungsbericht findet sich hier.

Weitere Beiträge mit Bezug zum Friedhofs- und Bestattungsrecht:

Net-Dokument BayRVR2014111001