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BVerwG: Rückabwicklung der Pensionskürzung nach Versorgungsausgleich auch dann ausgeschlossen, wenn der geschiedene Ehegatte unbekannt verstorben ist

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Verstirbt der geschiedene Ehegatte eines Beamten oder Soldaten, ohne eine eigene Rente bezogen zu haben, so kann die Kürzung der Versorgungsbezüge bei dem Beamten oder Soldaten erst ab der Stellung eines Antrags aufgehoben werden. Eine Rückabwicklung der schon in der Vergangenheit erfolgten Kürzungen bleibt auch dann ausgeschlossen, wenn der Beamte oder Soldat keine Kenntnis von dem Tod des geschiedenen Ehegatten hatte. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Bei den Klägern handelt es sich um einen Beamten und einen Soldaten, die sich seit 1993 bzw. 1994 im Ruhestand befinden. Von Beginn ihres Ruhestandes an wurden ihre Pensionsbezüge gekürzt, weil bei der vorangegangenen Scheidung im Rahmen des Versorgungsausgleichs anteilige Ansprüche auf ihre Ehegatten übertragen worden waren. Die Ehegatten verstarben im Jahr 2004 bzw. im August 2009. Die Kläger hatten hiervon zunächst keine Kenntnis; in einem Fall war der Kontakt seit vielen Jahren vollständig abgebrochen, in dem anderen Fall war der geschiedene Ehegatte nach Australien ausgewandert und dort verstorben. Der Dienstherr hob die Kürzung der Versorgungsbezüge erst ab der Stellung entsprechender Anträge im Jahr 2010 auf. Die Kläger erstreben dagegen die weitergehende Aufhebung der Kürzung rückwirkend ab dem Beginn ihres Ruhestandes. Ihre Klagen blieben in den Vorinstanzen ohne Erfolg.

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass das am 1. September 2009 in Kraft getretene Versorgungsausgleichsgesetz auf die beiden Streitfälle Anwendung findet, weil die Kläger ihre Anträge erst nach diesem Datum gestellt haben. Nach den Regelungen des Versorgungsausgleichsgesetzes ist – anders als nach dem bis dahin geltenden Versorgungsausgleichshärtefallgesetz – eine rückwirkende Aufhebung der Kürzung ausgeschlossen. Dies ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt, und zwar auch dann, wenn der geschiedene Ehegatte vor seinem Tode keine Rentenleistungen bezogen hat. Der Grund hierfür liegt in dem Institut der Ehe, das auch nach der Scheidung rechtliche Wirkungen entfaltet. Mit der familiengerichtlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich wird das individuelle Risiko des frühen Versterbens endgültig und dauerhaft auf beide Ehegatten verteilt. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 6. Mai 2014 – 1 BvL 9/12,1 BvL 1145/13 – BVerfGE 136, 152).

Eine von den Klägern geltend gemachte Ungleichbehandlung gegenüber nicht Geschiedenen sowie gegenüber Geschiedenen, die vor dem 1. September 2009 von dem Tod des früheren Ehegatten erfahren haben, hat das Bundesverwaltungsgericht ebenso verneint wie einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot. Die sich aus der gesetzlichen Regelung mittelbar ergebende Obliegenheit, das weitere Lebensschicksal des geschiedenen Ehegatten zu verfolgen, ist auch verhältnismäßig. Aufgrund der eingegangenen Ehe steht der Beamte oder Soldat in größerer Nähe zu den maßgeblichen Umständen als der Dienstherr. Außerdem steht ihm regelmäßig ein Auskunftsanspruch gegen den Rentenversicherungsträger des anderen Ehegatten zu.

BVerwG, Pressemitteilung v. 19.11.2015 zu den U. v. 19.11.2015, 2 C 20.14 und 2 C 48.13

Vorinstanzen (2 C 20.14):

Vorinstanz (BVerwG 2 C 48.13)