Gesetzgebung

EU-Kommission: Schengen-Evaluierung – Bericht bescheinigt Griechenland gravierende Mängel beim Schutz der Außengrenzen

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Die EU-Kommission hat in ihrer wöchentlichen Sitzung vom Mittwoch (gestern) einen Entwurf des Schengen-Evaluierungsberichts über Griechenland erörtert.

Der Berichtsentwurf  kommt zu dem Schluss, dass Griechenland seine Verpflichtungen der Schengen-Bestimmungen in schwerwiegender Weise vernachlässigt hat und gravierende Mängel bei der Durchführung von Kontrollen an den Außengrenzen bestehen. Diese müssen von den griechischen Behörden angegangen und beseitigt werden. Obgleich anerkannt wird, dass die griechischen Behörden unter Druck stehen, zeigt der Bericht auf, dass irreguläre Migranten nicht wirksam identifiziert und registriert werden. Darüber hinaus werden Fingerabdrücke nicht systematisch erfasst und Reisedokumente nicht systematisch auf deren Echtheit überprüft oder mit sicherheitsrelevanten Datenbanken – wie dem Schengener Informationssystem (SIS), Interpol und nationalen Datenbanken – abgeglichen. Die Kommission wird diesen Bericht im Wege eines Durchführungsrechtsakts annehmen.

EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos, zuständig für Migration, Inneres und Unionsbürgerschaft, erklärte dazu:

Wenn wir unseren Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen aufrechterhalten wollen, müssen wir unsere Außengrenzen besser schützen. Wir können den Schengen-Raum nur bewahren, indem wir die Schengen-Bestimmungen anwenden. Die Kommission vergewissert sich kontinuierlich, dass die Schengen-Bestimmungen in allen Staaten des Schengen-Raums umgesetzt werden. Der Entwurf des Schengen-Evaluierungsberichts über Griechenland beschreibt den Schutz der Außengrenze in Griechenland zum Zeitpunkt des Evaluierungsbesuchs durch Sachverständige der Mitgliedstaaten und der Kommission im November 2015. Daraus geht deutlich hervor, dass dort gravierende Mängel vorliegen. Wir wissen, dass Griechenland in der Zwischenzeit viel unternommen hat, um diese Mängel zu beseitigen, und derzeit an der Umsetzung der Schengen-Bestimmungen arbeitet. Erhebliche Verbesserungen sind notwendig, damit die ordnungsgemäße Aufnahme, die Registrierung, die Umverteilung oder die Rückkehr von Migranten sichergestellt werden kann, und Schengen wieder wie gewohnt, ohne Kontrollen an den Binnengrenzen funktionieren kann. Das ist unser oberstes gemeinsames Ziel.“

Schengen-Evaluierungen werden in den Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines mehrjährigen und eines alljährlichen Evaluierungsprogramms durchgeführt. Diese Besuche können angekündigt oder unangekündigt stattfinden.

Im Anschluss an jeden Besuch wird ein Bericht erstellt, in dem etwaige Mängel aufgezeigt sowie Empfehlungen für Abhilfemaßnahmen vorgeschlagen werden, die es innerhalb einer Frist umzusetzen gilt. Die Kommission legt dem Rat diese Empfehlungen zur Annahme vor. Als Folgemaßnahme muss der betreffende Mitgliedstaat einen Aktionsplan vorlegen, in dem er darlegt, wie er die festgestellten Mängel beheben will. Die Kommission, Frontex oder andere Einrichtungen der EU können die betreffenden Mitgliedstaaten praktisch und/oder finanziell dabei unterstützen, diese Empfehlungen umzusetzen.

Wird in einem Schengen-Evaluierungsbericht festgestellt, dass ein Mitgliedstaat seine Pflichten in schwerwiegender Weise vernachlässigt hat und gravierende Mängel bei Kontrollen an den Außengrenzen vorliegen, kann die Kommission Empfehlungen zu deren Beseitigung abgeben. Diese Empfehlungen müssen dann vom Rat angenommen werden. Damit sie auch eingehalten werden, kann die Kommission gemäß Artikel 19a des Schengener Grenzkodexes dem evaluierten Mitgliedstaat anraten, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen – beispielsweise die Entsendung von Europäischen Grenzschutzteams oder die Vorlage eines strategischen Plans, in dem dargelegt wird, wie der Mitgliedstaat sein eigenes Personal und seine Ausrüstung einsetzen wird, um die Mängel zu beheben. Die Vorschläge der Kommission müssen von einem Ausschuss aus Sachverständigen der Mitgliedstaaten angenommen werden, der mit qualifizierter Mehrheit beschließt. Der evaluierte Mitgliedstaat muss innerhalb von drei Monaten Abhilfe schaffen.

Sollten sich die Maßnahmen auch nach drei Monaten als unzureichend erweisen und die Mängel nach wie vor weiterbestehen, kann die Kommission das Verfahren nach Artikel 26 des Schengener Grenzkodexes einleiten.

Gemäß Artikel 26 des Schengener Grenzkodexes kann der Rat – auf der Grundlage eines Vorschlags der Kommission – empfehlen, in einem oder mehreren Mitgliedstaaten oder an bestimmten Grenzabschnitten wieder Grenzkontrollen einzuführen, sofern sich die Maßnahmen nach Artikel 19a als unwirksam erwiesen haben. Dies dient als letztes Mittel, um die gemeinsamen Interessen des Schengen-Raums zu wahren. Eine solche Empfehlung des Rates muss mit qualifizierter Mehrheit angenommen werden.

Nach Artikel 26 und in den oben beschriebenen außergewöhnlichen Umständen können Kontrollen für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten verlängert werden. Dieser Zeitraum kann um weitere sechs Monate bis zu maximal zwei Jahren verlängert werden.

Der nicht-öffentliche Berichtsentwurf beruht auf unangekündigten Besuchen vor Ort, die im Zeitraum vom 10. bis zum 13. November 2015 an der griechisch-türkischen Landgrenze sowie auf den Inseln Chios und Samos stattfanden. In dem Bericht werden das Personal der Polizei und der Küstenwache vor Ort, die Wirksamkeit des Identifizierungs- und Registrierungsprozesses, die Überwachung der Seegrenzen und die Zusammenarbeit mit Nachbarländern untersucht.

  • Weitere Informationen finden Sie in der vollständigen Pressemitteilung.
  • Zum Schengener Grenzkodex gelangen Sie hier (PDF, 931 KB).
  • Informationen zum Schengener Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus finden Sie hier (PDF, 781 KB).

EU-KOmmission, Vertretung in Deutschland, Pressemitteilung v. 28.01.2016