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Bundesrat: Beschlüsse der 941. Sitzung vom 29.01.2016

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Bundesrat_Fotolia_24218206_S_copyright - passKein Bundesgesetz ohne Bundesrat. Meist frühzeitig in die Gesetzgebung eingebunden und i.d.R. das letzte Organ, das inhaltlich mit einer Gesetzesänderung befasst ist, sind seine Beschlüsse ein gutes Gesetzgebungsradar sowohl hinsichtlich der Gesetze, die in Kürze verkündet werden, als auch hinsichtlich der Gesetze, die sich anderweitig im Verfahren befinden. Auf o.g. Sitzung wurden u.a. nachfolgende Beschlüsse gefasst.

I. Gebilligte Gesetze

Der Bundesrat billigte u.a. nachfolgende Gesetzesbeschlüsse des Bundestages.

Gesetz zur Verbesserung der Registrierung und des Datenaustausches zu aufenthalts- und asylrechtlichen Zwecken (Datenaustauschverbesserungsgesetz) [TOP 2]

Stichworte: Beschleunigung von Asylverfahren; Vermeidung der Mehrfacherhebung von Daten; Ankunftsnachweis („Flüchtlingsausweis“); siehe auch unten V. zu „Ankunftsnachweisverordnung (AKNV)“.

Verbesserung bei der Datenerhebung

Für Asyl- und Schutzsuchende sowie unerlaubt eingereiste und unerlaubt aufhältige Personen werden künftig zu den bereits heute schon im Ausländerzentralregister zu speichernden Grundpersonalien zusätzliche weitere Daten gespeichert. Neu hinzu kommen etwa die im Rahmen der erkennungsdienstlichen Behandlung erhobenen Fingerabdruckdaten, der Staat, aus dem die Einreise erfolgt ist, Angaben zu begleitenden minderjährigen Kindern und Jugendlichen sowie Informationen zu durchgeführten Gesundheitsuntersuchungen und Impfungen. Bei Asyl- und Schutzsuchenden sollen zudem Informationen zu Schulbildung, Berufsausbildung sowie sonstige Qualifikationen gespeichert werden, die für die schnelle Integration und Arbeitsvermittlung erforderlich sind.

Die Daten werden künftig früher, das heißt nach Möglichkeit bereits bei dem ersten Kontakt erhoben und zentral in einem Kerndatensystem gespeichert. Der Kreis der Behörden, die die Daten an das zentrale Kerndatensystem übermitteln, wird auf alle zur Registrierung von Asyl- und Schutzsuchenden oder unerlaubt eingereisten und unerlaubt aufhältigen Personen befugte Stellen erweitert. Neben dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sind dies vor allem die Aufnahmeeinrichtungen, die mit der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden, die Polizeivollzugsbehörden der Länder sowie die Ausländerbehörden.

Um Doppelregistrierungen zu verhindern, werden alle zur Registrierung befugten Stellen zudem mit einem Fingerabdruck-Schnell-Abgleichsystem (sog. Fast-ID) ausgerüstet.

Verbesserung des Datenaustauschs

Der Kreis der Behörden, die Daten aus dem zentralen Kerndatensystem erhalten, wird erweitert. Allen öffentlichen Stellen, die Daten aus dem Kerndatensystem für ihre Aufgabenerfüllung benötigen, werden die erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt. Dies betrifft neben den Sicherheitsbehörden insbesondere das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Aufnahmeeinrichtungen, die Ausländerbehörden, die Asylbewerberleistungsbehörden, die Bundesagentur für Arbeit, die für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Stellen sowie die Meldebehörden. Diese Behörden sollen nicht nur zum Datenabruf aus dem Register berechtigt sein, sondern zusätzlich auch Befugnisse zur Übermittlung bzw. Aktualisierung von Daten erhalten (z. B. Informationen zur Teilnahme an einem Integrationskurs sowie zur Änderung der Anschrift).

Einführung eines Ankunftsnachweises

Zusätzlich wird die bereits bestehende Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender als ein papierbasiertes Dokument mit fälschungssicheren Elementen ausgestaltet (künftig Ankunftsnachweis). Der Ankunftsnachweis wird von den zuständigen Aufnahmeeinrichtungen und den zuständigen Außenstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge unverzüglich nach der erkennungsdienstlichen Behandlung ausgestellt. Die erfolgte Registrierung und die Vorlage des Ankunftsnachweises sollen grundsätzlich Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen und die Stellung eines Asylantrages sein.

Der Bundesrat hatte das Gesetz am 18.12.2015 erstmals beraten und eine Stellungnahme abgegeben. Der Bundestag hat das Gesetz am 14.01.2016 in der Ausschussfassung angenommen – der Innenausschuss hatte im Rahmen seiner Beschlussempfehlung Änderungen vorgeschlagen (vgl. zu diesen: hier [PDF, 415 KB]).

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen, Genese des Vorhabens).

Erstes Gesetz zur Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes [TOP 3]

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen, Genese des Vorhabens).

Vgl. auch die in die gleiche Richtung zielende Grundsatzvereinbarung der staatlichen bayerischen Hochschulen zum Umgang mit Befristungen nach Wissenschaftszeitvertragsgesetz und zur Förderung von Karriereperspektiven.

II. Landesinitiativen

Es standen u.a. nachfolgende Landesinitiativen auf der Tagesordnung.

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Strafbarkeit des Verbreitens und Verwendens von Propagandamitteln und Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen bei Handlungen im Ausland [TOP 6]

Stichworte: Erweiterung des Katalogs der Auslandstaten gegen inländische Rechtsgüter in Bezug auf Tatbestände des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen (§ 86 StGB) und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86a StGB); Reaktion auf BGH B. v. 19.08.2014, 3 StR 88/14.

Beschluss: Ausschusszuweisung.

Entschließung des Bundesrates zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten [TOP 7]

Stichworte: sichere Herkunftsstaaten (Ergänzung der Anlage II zu §29a AsylG); Prüfung: Armenien, Algerien, Bangladesch, Benin, Gambia, Georgien, Indien, Mali, Mongolei, Nigeria, Republik Moldau, Ukraine, Marokko und Tunesien.

Beschluss: Ausschusszuweisung.

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen, Genese des Vorhabens).

Entschließung des Bundesrates für ein effizientes, ökologisches, verbraucherfreundliches und bürgernahes Wertstoffgesetz [TOP 8]

Stichworte: Schaffung eines Wertstoffgesetzes; Organisationsverantwortung der Kommunen; Produkt- und Finanzverantwortung der Hersteller; gewerbliche Sammlung; Verpackungsverordnung; Abschaffung dualer Systeme; Kontrast zum Gesetzentwurf des BMUB (als Arbeitsentwurf vorliegend).

Beschluss: Annahme.

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen, Genese des Vorhabens).

Entschließung des Bundesrates zur vollständigen paritätischen Finanzierung von Krankenversicherungsbeiträgen [TOP 42]

Beschluss: Ausschusszuweisung.

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen, Genese des Vorhabens).

III. Gesetzentwürfe der Bundesregierung

Es wurde u.a. zu nachfolgenden Gesetzentwürfen der Bundesregierung Beschluss gefasst.

Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Düngegesetzes und anderer Vorschriften [TOP 9]

Die Änderung des Düngegesetzes steht in engem Zusammenhang mit der geplanten Novellierung der Düngeverordnung, die wesentlicher Bestandteil des nationalen Aktionsprogramms zur Umsetzung der Nitratrichtlinie ist. Im Rahmen der erforderlichen Überprüfung des Aktionsprogramms wurde Anpassungsbedarf festgestellt; zudem fordert die EU-Kommission im laufenden Vertragsverletzungsverfahren gegen die BRD wegen nicht ausreichender Umsetzung der EG-Nitratrichtlinie Änderungen der Düngeverordnung. Diese bedürfen teilweise einer Ergänzung der Verordnungsermächtigungen des Düngegesetzes.

Beschluss: Stellungnahme.

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse [TOP 10]

Stichworte: Umsetzung der europäischen Tabakproduktrichtlinie (RL 2014/40/EU); Verbot von Zigaretten und Drehtabak mit charakteristischen Aromen; Berichtspflicht über verwendete Inhaltsstoffe; Zulassungsverfahren für Tabakprodukte; Warnhinweise aus Text- und Bildteil (65% der Vorder- und der Rückseite)

Beschluss: Stellungnahme.

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs im Eisenbahnbereich [TOP 45]

Stichworte: Umsetzung der Richtlinie 2012/34/EU zur Schaffung eines einheitlichen   europäischen Eisenbahnraums; 1:1-Umsetzung; alle nationalen Vorschriften, die dieselbe Regelungsmaterie betreffen, werden aufgehoben; Eisenbahnregulierungsgesetz.

Beschluss: Antrag auf Fristverlängerung.

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen, Genese des Vorhabens).

IV. EU-Vorlagen

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 im Hinblick auf die Schaffung eines europäischen Einlagenversicherungssystems [TOP 24]

Beschluss: Stellungnahme.

Zu weiteren Meldungen im Kontext „Kapitalmarktunion, Bankenunion, Einlagensicherung“ vgl. hier.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 91/477/EWG des Rates über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen [TOP 25]

Stichworte: Weiterentwicklung der RL 91/477/EWG (Feuerwaffen-Richtlinie); Anwendungsbereich der RL; Erlaubnisvoraussetzungen; Datenaustausch; Waffenregister; Kategorisierung von Waffen; Verschärfungen beim Erwerb und Besitz von Waffen durch Privatpersonen sowie der Verbringung von Waffen in ein anderes EU-Land; strengere  Bedingungen für Online-Waffenkäufe.

Beschluss: Kenntnisnahme.

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen, Genese des Vorhabens).

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung [TOP 26]

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen, Genese des Vorhabens).

Beschluss: Kenntnisnahme.

V. Rechtsverordnungen

Es wurde u.a. nachfolgende Rechtsverordnungen behandelt.

Verordnung über die Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender (Ankunftsnachweisverordnung – AKNV) [TOP 2b]

Mit der Verordnung sollen die im Datenaustauschverbesserungsgesetz (siehe oben I.) geregelten Vorgaben über die Bescheinigung der Meldung als Asylsuchender (Ankunftsnachweis) im Detail geregelt werden.

Beschluss: Zustimmung; Entschließung.

VI. Nützliche Links mit weiteren Informationen

Die verlinkten Tagesordnungspunkte (TOP) führen zur Sitzungswebsite des Bundesrates. Dort sind u.a. die Stellungnahmen des Bundesrates abrufbar und die wesentlichen Inhalte des behandelten Tagesordnungspunkts meist zusammengefasst („Erläuterungen zum Tagesordnungspunkt“). Darüber hinaus findet sich dort ein Link zum DIP (Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge): Dort ist der aktuelle Stand und Gang des Verfahrens dokumentiert.

Eine konzise Zusammenfassung der Bundesrats-Beschlüsse und Stellungnahmen zu wesentlichen Tagesordnungspunkten enthält zudem die Rubrik „Plenum kompakt“.

Eine Übersicht über das Abstimmungsverhalten des Freistaates Bayern nebst dem Gesamtergebnis der Abstimmung findet sich hier [PDF, 366 KB].

Ass. iur. Klaus Kohnen; Foto: (c) Aleix Cortadellas – Fotolia.com