Gesetzgebung

Landtag: Bildungsausschuss befasst sich mit Sexualerziehung an bayerischen Schulen

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Die Richtlinien zur Familien- und Sexualerziehung an Bayerns Schulen sind überarbeitet worden. Das war dringend nötig, da sind sich alle Fraktionen einig. Auch mit dem Ergebnis sind im Grunde alle zufrieden. Der Entwurf zu den neuen Richtlinien wurde am 10. März 2016 durch Herrn Dr. Ellegast vom Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst im Bildungsausschuss vorgestellt und hat viel Lob von allen Fraktionen erhalten. In der anschließenden Aussprache ging es nur noch um Kleinigkeiten und die Notwendigkeit, die Lehrkräfte für das sensible Thema ausreichend zu schulen und fortzubilden.

Vierzehn Jahre ist es inzwischen her, dass die Richtlinien zur Familien- und Sexualerziehung letztmalig überarbeitet wurden. Vierzehn Jahre, in denen Jugendliche immer früher mit dem Thema Sexualität – vor allem aus den Medien – konfrontiert werden. Höchste Zeit also, die Richtlinien zu überarbeiten. Dazu hat sich ein Kreis aus erfahrenen Lehrern und Pädagogen zusammengesetzt und einen Entwurf erarbeitet, der vom Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst seinen letzten Schliff erhielt und nun dem Landtag zugegangen ist.

Die Richtlinie, so sie mal festgelegt ist, ist genauso verbindlich wie ein Lehrplan und wird bei der Aufstellung der Lehrpläne berücksichtigt. Am Beispiel des Grundschul-Lehrplans wird klar, dass bei der Ausgestaltung der Unterrichtsinhalte auch auf die Richtlinie selbst zurückgegriffen werden muss: In der Jahrgangsstufe 3 und 4 enthält der Lehrplan für das Fach Heimat- und Sachunterricht die Lehrinhalte Körper und Entwicklung. Die Kinder sollen physische und psychische Veränderungen des Körpers in der Pubertät kennenlernen und die Entwicklung des Lebens von der Zeugung bis zur Geburt nachvollziehen können. Alles, was darüber hinausgeht ist aus der Richtlinie anzuwenden.

Sexuelle Vielfalt wichtiger Aspekt in der neuen Richtlinie

Thomas Gehring von den Grünen forderte, dass auch in der Grundschule schon die sexuelle Vielfalt in ihren Ausprägungen Homo, Hetero, Trans und Inter zum Thema gemacht werde. Zu früh heißt es vom Staatsministerium. Allerdings: wenn die Lehrkraft einen Bedarf sieht, das Thema anzusprechen – sei es aufgrund von allseits bekannten Schimpfwörtern und Diskriminierungen, die auch auf Pausenhöfen der Grundschulen zu hören sind – dann sollte die Lehrkraft darauf eingehen.

Für die weiterführenden Schulen ist die Aufnahme der sexuellen Vielfalt einer der Hauptgründe für die Überarbeitung der Richtlinie. Ein weiteres Thema, das sich gleich durch mehrere Kapitel der Richtlinie zieht, ist die Omnipräsenz sexueller Inhalte in den Medien. Die Kinder und Jugendlichen lebten heute in einer „durchsexualisierten, medialen Welt“ heißt es im Bericht des Staatsministeriums. Die Schule sei deshalb in der Pflicht, das Thema aufzugreifen. In der Richtlinie ist beispielweise festgehalten, dass die Schüler einen kritischen Umgang mit nicht altersgemäßen Inhalten pflegen sollen, fragwürdige Vorbilder und Rollenbilder aufdecken oder unterschwellige sexuelle Inhalte in den Medien entlarven sollen.

Da wird viel von den Lehrkräften verlangt. Ein sensibles Thema, die eigene Hemmschwelle, interkulturelle Besonderheiten, anzusprechen am Besten in einer vertrauensvollen Umgebung. Schulungen und Fortbildungen sind dringend nötig – und auch vorgesehen. Hier wird von den Oppositionsparteien besonders nachgehakt:

„Die Lehrkraft ist der entscheidende Faktor“, heißt es bei Günther Felbinger (FW), „A und O ist die Lehrkraft“, sagt Margit Wild (SPD) und deshalb „sind intensive Fortbildungen nötig“, fasst Thomas Gehring (GRU) zusammen.

Fortbildungen für Lehrer sind sehr wichtig

Fortbildungen werde es geben, versichert Dr. Ellegast vom Staatsministerium. Zunächst ist eine Online-Fortbildung für alle Lehrkräfte vorgesehen. Intensivere Schulungen erhalten vorrangig die Familien- und Sexualbeauftragten der Schulen. Über einen solchen Beauftragten soll in Zukunft jede Schule verfügen und als erster Ansprechpartner für das Kollegium dienen, wenn es um sexuellen Missbrauch oder einen Verdacht auf sexuellen Missbrauch geht. Auch die Prävention vor sexuellem Missbrauch ist eine Neuerung in den Richtlinien zur Familien- und Sexualerziehung. Wichtig und richtig heißt es von der Opposition. Diskutiert wurde nur noch über die Frage, ob verstärkt externe Experten als Ansprechpartner rund um das Thema Sex an die Schulen kommen sollen. Ja, finden die Grünen und die Freien Wähler, man wolle ja nicht mit derselben Person einerseits sensible, sexuelle Themen besprechen und anderseits Matheaufgaben lösen. Zumindest in der Grundschule nicht nötig, heißt es von der CSU. Hier sei die Lehrkraft noch Vertrauensperson.

Bleibt zu hoffen, dass sich alle trauen: die Lehrer ein schwieriges Thema vorurteilsfrei und mit der nötigen Sensibilität zu vermitteln und die Schüler nachzufragen und Missstände anzusprechen.

Bayerischer Landtag, Aktuelles – Sitzungen – Aus den Ausschüssen v. 10.03.2016 (von Ina Friedl)