Gesetzgebung

EU-Kommission: EU und Türkei vereinbaren europäische Antwort auf die Flüchtlingskrise

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Nach dem EU-Abkommen mit der Türkei koordiniert die Europäische Kommission jetzt den raschen Aufbau der Kapazitäten von 4000 Experten zur Bewältigung der Migrationsströme in Griechenland.

Alle Mitgliedstaaten haben die Entsendung von Beamten zugesagt. Deutschland und Frankreich steuern jeweils 100 Asylexperten und 200 Polizeibeamte bei. Die EU-Führungsspitzen und Türkei hatten am Freitag einen umfassenden Plan vereinbart, der syrischen Flüchtlingen sichere und legale Wege in die EU eröffnet und die irreguläre Migration eindämmt. Der Plan achtet EU- und internationales Recht in vollem Umfang und gilt seit Sonntag.

Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker betonte am Freitagabend, dass die Vereinbarung „sämtliche EU- und internationalen Normen respektiert. Die Anträge von Flüchtlingen und Asylsuchenden werden einzeln geprüft, und die Antragsteller können die Entscheidungen anfechten. Der Grundsatz der Nichtzurückweisung wird eingehalten.“

Mit der Vereinbarung wird der Eins-zu-eins-Grundsatz festgezurrt, auf den sich die EU-Staats- und Regierungschefs und die Türkei am 7. März vorläufig verständigt hatten: Alle irregulären Migranten, die illegal von der Türkei auf die griechischen Inseln gelangen und nicht in Griechenland Asyl bekommen, werden in die Türkei rückgeführt; und für jeden Syrer, der von den griechischen Inseln in die Türkei zurückkehrt, wird ein Syrer aus der Türkei neu in der EU angesiedelt.

Diese temporäre Verknüpfung von Neuansiedlung und Rückführung ist bis zu einer Obergrenze von 72.000 machbar, indem die bestehenden EU-Neuansiedlungs- und Umverteilungsverpflichtungen genutzt werden, in deren Rahmen 54.000 Plätze und weitere 18.000 zur Verfügung stehen.

Die Kommission legte heute (Montag) einen Legislativvorschlag vor, nach dem die freiwillige Neuansiedlung von syrischen Flüchtlingen aus der Türkei in die EU mit der verpflichtenden Umverteilung von 54.000 Flüchtlingen aus EU-Staaten verrechnet werden kann.

EU und Griechenland stehen vor „Herkulesaufgabe“

Man muss darauf hinweisen, dass die Europäische Union vor einer Herkulesaufgabe steht“, sagte Präsident Juncker.

„Vor allem Griechenland steht vor einer gewaltigen Herausforderung. Dies ist die größte logistische Herausforderung mit der die Europäische Union sich je konfrontiert sah und deshalb ist es notwendig gewesen, dass man die Kommission mit der Koordination der sich stellenden Aufgaben betraut hat.“

Juncker gab bekannt, dass er Maarten Verwey – der sich als Generaldirektor des Dienstes der Kommission zur Unterstützung von Strukturreformen bereits in Griechenland aufhält – als Koordinator der Europäischen Union benannt hat, um die Entsendung der 4000 Mitarbeiter zu organisieren, die von Seiten Griechenlands, der Mitgliedstaaten, des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen und FRONTEX benötigt werden. Präsident Juncker gab bekannt, dass die Kommission für die ersten sechs Monate des Plans 280 Mio. Euro vorgesehen habe.

Zur Verabredung der weiteren Schritte trafen Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos und Generalkoordinator Maarten Verwey am Montagmorgen in Athen mit Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras zusammen.

6000 Flüchtlinge sollen pro Monat aus Griechenland umverteilt werden

Idomeni entspricht nicht meiner Vorstellung von Europa“, sagte Juncker zur humanitären Lage in Griechenland.

Er unterstrich, dass die Vereinbarung mit der Türkei die Notwendigkeit der Solidarität keineswegs schmälere, und erklärte, dass die Umverteilung von Flüchtlingen von Griechenland auf andere EU-Mitgliedstaaten 6000 pro Monat erreichen müsse. Der Präsident erinnerte daran, dass vor Ort bereits eine massive humanitäre Kraftanstrengung unternommen werde:

Die Kommission hat heute weitere 30 Mio. Euro zur Unterstützung der griechischen Armee bewilligt, da sie den 45 000 Flüchtlingen im Land hilft. Damit erhöht sich unsere Unterstützung für Griechenland seit letztem Jahr auf insgesamt 180 Mio. Euro.“

Als Teil der Vereinbarung hat sich die EU bereit erklärt, die Umsetzung des Fahrplans für die Visaliberalisierung mit der Türkei zu beschleunigen, um die Visumpflicht für türkische Staatsangehörige bis Ende Juni 2016 aufzuheben. Die Türkei muss nun alle noch ausstehenden Bedingungen erfüllen, damit die Kommission ihren Vorschlag bis Ende April annehmen kann. Zugleich vereinbarten die EU-Führungsspitzen unter niederländischem Ratsvorsitz, in den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ein neues Kapitel – Nr. 33 über Finanz- und Haushaltsvorschriften – zu eröffnen.

Die EU beschloss außerdem, die im Rahmen der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei zunächst vereinbarten 3 Mrd. Euro beschleunigt auszuzahlen. Gehen diese Mittel zur Neige, wird die EU – sofern alle anderen Verpflichtungen erfüllt wurden – bis Ende 2018 zusätzliche 3 Mrd. Euro mobilisieren.

Neuansiedlung von Asylsuchenden muss beschleunigt werden

Die Vereinbarung mit der Türkei ist Bestandteil der Bemühungen der EU um eine dauerhafte europäische Lösung der Flüchtlingskrise. Alle anderen Bestandteile der Strategie werden fortgeführt und beschleunigt, wie von der Kommission vorgeschlagen und von den Mitgliedstaaten vereinbart. Der Europäische Rat erkannte an, dass die Antwort in vielen Teilen Ergebnisse bringe, zumal nun alle Hotspots in Griechenland und Italien in Betrieb sind. Wie die Kommission im früheren Verlauf der Woche berichtete, muss die Umverteilung und Neuansiedlung von Asylsuchenden jedoch dringend beschleunigt werden.

Wiederherstellung des Schengen-Systems

Der Europäische Rat bekräftigte seine Verpflichtung, die uneingeschränkte Funktionsweise des Schengen-Systems wiederherzustellen, angefangen mit der Stärkung der EU-Außengrenze. Der Vorschlag der Kommission für eine Europäische Grenz- und Küstenwache kommt sowohl im European Parlament als auch im Rat voran – Ziel ist es, den Betrieb bis zum Sommer aufnehmen zu können.

EU-Kommission, Vertretung in Deutschland, Mitteilung v. 21.03.2016