Gesetzgebung

Deutscher Landkreistag: 5 Mrd. €-Stärkung der Kommunen – Länder müssen 1 Mrd. € weiterleiten / Wohnsitzauflage praktikabel ausgestalten / Kostendynamik bei Eingliederungshilfe bremsen

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Der Deutsche Landkreistag hat anlässlich der Sitzung seines Präsidiums im Landkreis Göttingen die Bedeutung einer Stärkung der Finanzkraft der Landkreise hervorgehoben. Präsident Landrat Reinhard Sager sagte:

Es ist gut, dass sich Bund und Länder auf eine Übernahme der flüchtlingsbedingten Unterkunftskosten geeinigt haben und unabhängig davon zudem die kommunale Finanzkraft ab 2018 um jährlich 5 Mrd. € stärken werden.“

Vizepräsident Landrat Bernhard Reuter ergänzte:

Von diesen 5 Mrd. € gehen 4 Mrd. € direkt an die Landkreise, Städte und Gemeinden, 1 Mrd. € gehen über die Länder. Wir erwarten, dass auch dieses Geld in voller Höhe an die Kommunen weitergeleitet wird!“

Sager kam auf die Wohnkosten anerkannter Flüchtlinge zu sprechen:

In den nächsten drei Jahren wird der Bund diese Kosten vollständig übernehmen. Damit wird unsere Forderung erfüllt und den Landkreisen und Städten wird in dieser Hinsicht der Rücken frei gehalten. Offen ist allerdings, wie nach 2018 mit diesen Lasten umgegangen wird. Hier haben wir die feste Erwartung, dass rechtzeitig eine entsprechende Anschlussregelung getroffen wird.“

Reuter führte weiter zur Stärkung der kommunalen Finanzkraft aus. Bund und Länder hätten sich bezogen auf 4 der 5 Mrd. € dem Vorschlag des Deutschen Landkreistages im Kern angeschlossen, wie das Geld zielgerichtet vom Bund zu Landkreisen, Städten und Gemeinden gelangen könne: über eine Aufstockung des Bundesanteils an den SGB II-Unterkunftskosten sowie eine parallele Erhöhung des gemeindlichen Umsatzsteueranteils.

Bund und Länder haben sich unserem Modell angeschlossen. Das zeigt, unser Vorschlag ist richtig.“

Neuralgischer Punkt sei in diesem Zusammenhang die verbleibende 1 Mrd. €, die aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit zunächst an die Länder gehen soll.

Es ist aus Sicht von Bund und Ländern nachvollziehbar, dass für diesen Betrag ein anderer Transferweg gewählt worden ist. Damit gelangt man zu einer insgesamt flächendeckenden und gleichmäßigen Verteilung der Bundesmittel. Wir erwarten allerdings auch, dass die Länder diese Milliarde zu 100 % an die Landkreise, Städte und Gemeinden weiterleiten. Schließlich handelt es sich um Geld, das den Kommunen zugutekommen soll“, verdeutlichte Reuter.

Nur mit dieser Maßgabe werde die Zusage aus dem Koalitionsvertrag erfüllt.

Flüchtlingsintegration kann planbar werden

Die Landkreise, Städte und Gemeinden hätten eine Reihe zusätzlicher Aufgaben zu bewältigen, wovon die Integration von zugewanderten Flüchtlingen sicherlich die prominenteste sei.

Dafür ist es wichtig, in den Landkreisen geeignete Strukturen zu schaffen bzw. zu verstärken, um eine gebündelte Betreuung zu ermöglichen. Da die meisten integrationsrelevanten Zuständigkeiten bei den Landkreisen und den kreisfreien Städten liegen, muss dies weiterhin dort verantwortet werden“, forderte Sager.

Er bezeichnete in diesem Zusammenhang die geplante Wohnsitzauflage als „ein wichtiges Instrument für eine gelingende Integration“. Hierbei gehe es um Planungssicherheit für die Kommunen und darum, vor Ort für die notwendige Akzeptanz in der Bevölkerung in Bezug auf die Integrationsanstrengungen für diesen Teil der Bevölkerung zu sorgen.

Dabei ist es richtig, auch heute bereits anerkannte Flüchtlinge in die Zuweisung des Wohnsitzes einzubeziehen und diese Personen bei der regionalen Verteilung zu berücksichtigen. Das bedeutet nicht, dass bereits sesshaft gewordene Zuwanderer umziehen müssen. Lediglich die Kommunen, die ihre Aufnahmequote schon heute erfüllt haben, können sich auf die bereits ansässigen Zuwanderer konzentrieren.“

Hierbei müsse die Regelung hinreichend praktikabel sein.

Vor allem muss die Verteilung auf Landesebene auf die Kommunen grundsätzlich ohne Prüfung des Einzelfalls durch die Ausländerbehörden vonstattengehen. Alles andere wäre ein immenser bürokratischer Aufwand“, sagte der DLT-Präsident weiter.

Am besten könne die Zuweisung durch zentrale Landesstellen erfolgen.

Bundesteilhabegesetz: Kostendynamik bremsen

Ein weiteres wichtiges Thema seien die Leistungen für Menschen mit Behinderung, um deren Reform aktuell eine intensive Debatte zur Schaffung eines Bundesteilhabegesetzes im Gang sei. Der DLT-Präsident führte hierzu aus:

Uns geht es darum, Verbesserungen für behinderte Menschen zu erreichen, ohne neue Kosten entstehen zu lassen. Zudem ist es unser Anliegen, auch die heutige Kostendynamik zu bremsen.“

Der Deutsche Landkreistag erwarte, dass es ein modernes Teilhaberecht nach den Zielen der UN-Behindertenrechtskonvention entwickelt und die Steuerungsmöglichkeiten der Landkreise als Leistungsträger gestärkt würden.

Vor diesem Hintergrund enthalte der aktuelle Gesetzentwurf nur wenige Maßnahmen, um die heutige Ausgabedynamik zu bremsen. Die Vorschläge des Bundes führten im Gegenteil sogar zu einer Ausweitung der Leistungen.

Wir fordern daher erneut, dass den Landkreisen keine neuen finanziellen Lasten aus dem Bundesteilhabegesetz entstehen. Zur Bremsung der heutigen Ausgabendynamik ist die Diskriminierung pflegebedürftiger Menschen in Einrichtungen der Behindertenhilfe aufzuheben und den versicherten Betroffenen die vollen Leistungen der Pflegeversicherung zukommen zu lassen. Die Sozialhilfe darf nicht zur Ausfallbürgin für vorgelagerte Sicherungssysteme gemacht werden!“, stellte Sager abschließend klar.

Deutscher Landkreistag, Pressemitteilung v. 27.06.2016