Gesetzgebung

Staatskanzlei: Zum Bundesrat am 8. Juli 2016

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Bundesratsminister Dr. Marcel Huber: „Mittelständische Unternehmen brauchen Rechtssicherheit bei Erbschaftsteuer, Nachverhandlungen kein Hebel für höheres Steueraufkommen / Schleier vor Gericht verbieten, eindeutige Regeln nötig / Barrierefreiheit und Elektromobilität bei Wohnungen fördern / Vom Hochwasser betroffene Unternehmen haben jetzt mehr Zeit für Sanierungsverhandlungen“

Zur Erbschaftsteuerreform (TOP 5)

Bayerns Bundesratsminister Dr. Marcel Huber begrüßt die Erbschaftsteuerreform als eine ausgewogene Lösung, die jetzt nicht durch den Bundesrat in Frage gestellt werden darf:

Mittelständische Unternehmen brauchen Rechtssicherheit, welche konkrete Steuerbelastung auf ihre Unternehmensnachfolger zukommt. Die Höhe der Erbschaftsteuer ist ein entscheidendes Kriterium bei bevorstehenden Investitionsentscheidungen. Diese dürfen nicht aus taktischen Gründen behindert werden.“

Huber verwehrte sich auch dagegen, in Nachverhandlungen den Hebel für ein höheres Steueraufkommen zu sehen:

Eine verantwortungsvolle und zukunftsfähige Reform muss langfristiges Planen in den Betrieben unterstützen. Sie darf dem Generationenwechsel in den Unternehmen keine Hürden in den Weg legen. Die unterschiedlichen Ansätze zeigen einmal mehr: Die Erbschaftsteuer muss regionalisiert werden. Ihr Ertrag steht ohnehin allein den Ländern zu, daher sollte auch auf Landesebene die Höhe der Erbschaftsteuerbelastung bestimmt werden können. Länder, die Mehreinnahmen erzielen wollen, können dies dann in eigener Verantwortung so entscheiden. Bayern jedenfalls wird seinen mittelständischen, im internationalen Wettbewerb stehenden Familienunternehmen die erforderlichen steuerlichen Rahmenbedingungen ermöglichen. Angemessene niedrige Steuersätze wären ein wichtiges Signal für die deutschen Familienunternehmen. Die Erbschaftsteuer bleibt also auf unserer politischen Agenda.“

Die Staatsregierung hatte nach den Worten Hubers bei den Beratungen immer ein klares Ziel:

Wir wollen den Betriebsnachfolgern vermitteln, dass sich Leistung lohnt und ihr Mut zum Unternehmertum dem Allgemeinwohl dient. Dabei ging es uns vornehmlich um die kleinen und mittleren Familienbetriebe. Diese Mittelständler sind das starke Rückgrat einer gesunden Wirtschaftsstruktur. Sie sind Garanten für gute Arbeitsplätze, beste Ausbildung, ökonomische Stabilität und soziale Sicherheit. In der Wirtschafts- und Finanzkrise haben sie sich als Stabilitätsanker erwiesen.

Eine mittelstandsfreundliche Erbschaftsteuer hat somit standortpolitische Bedeutung. Das vorliegende Gesetz legt beim erbrechtlichen Betriebsübergang die Basis für den Erhalt dieses Beschäftigungs- und Wachstumsmotors. Alle Länder sind jetzt aufgefordert, dem zuzustimmen.“

Zum Erhalt der in Deutschland einzigartigen Struktur mittelständischer Familienunternehmen konnte Bayern u.a. die Anhebung der Grenze für die Befreiung vom Lohnsummennachweis von drei auf fünf Arbeitnehmer erreichen. Das bedeutet nicht nur eine Entbürokratisierung für kleine Betriebe, sondern führt auch zur Verminderung von Erbschaftsteuerrisiken.

Wichtig war der Staatsregierung auch die Schaffung einer Investitionsklausel, durch die Investitionsvorhaben des Erblassers von den Erben durchgeführt werden können, ohne dass hierfür vorgesehene Liquidität wegbesteuert wird.

[Redaktioneller Hinweis: Zu Stellungnahmen in diesem Kontext]

Zur bayerischen Entschließung „Freies Gesicht im rechtsstaatlichen Verfahren“ (TOP 19)

Verfahrensbeteiligte in Gerichtsverhandlungen sollen zukünftig in aller Regel ihr Gesicht weder ganz noch teilweise verdecken dürfen. Dazu stellt die Staatsregierung morgen im Bundesrat einen Entschließungsantrag vor.

Huber: „Das Gericht braucht einen unverhüllten Blick in das Gesicht der Verfahrensbeteiligten. Das ist sowohl zur Feststellung der Identität als auch zur Wahrheitsfindung unerlässlich. Um die Glaubwürdigkeit der Aussage beurteilen zu können, müssen die Richter auch Mimik und Gestik des Zeugen bewerten. Schleier sind deshalb vor Gericht zu verbieten.“

Bislang gibt es keine spezifischen Regelungen, wie im Falle einer Verschleierung zu verfahren ist. Die Entscheidung, ob Kleidungsstücke während der Gerichtsverhandlung abgelegt werden müssen, trifft der Richter im Einzelfall.

Das ist eine Grundsatzfrage, die der Gesetzgeber zu klären hat. Wir brauchen eindeutige Regeln“, ergänzte Huber.

Bayerns Bundesratsminister stellte weiterhin klar:

Es geht uns weder um ein generelles Burka-Verbot noch um persönliche oder religiöse Überzeugungen. Unser Ziel ist ausschließlich die ordentliche Durchführung des Gerichtsverfahrens.“

[Redaktioneller Hinweis: Zu Stellungnahmen in diesem Kontext]

Zur Bundesratsinitiative zur Förderung der Barrierefreiheit und der Elektromobilität (TOP 17)

Bayern und Sachsen wollen Barrierefreiheit und Elektromobilität fördern und haben dazu einen Gesetzentwurf in den Bundesrat eingebracht. Danach sollen bauliche Maßnahmen, die für eine alters- und behindertengerechte Nutzung von Wohnungen erforderlich sind, sowie der Einbau von Ladestationen an privaten Kfz-Stellplätzen erleichtert werden.

Bis zum Jahr 2030 wird mindestens jeder vierte Bürger in Deutschland über 64 Jahre alt sein.

Bayerns Bundesratsminister: „Wir rechnen mit einem Bedarf von rund 3,6 Millionen altersgerechten Wohnungen. Der Gesetzgeber muss auf diese Entwicklung reagieren und Maßnahmen wie den Einbau einer Rollstuhlrampe oder eines Treppenlifts unterstützen.“

Nach derzeitiger Gesetzeslage können solche baulichen Veränderungen durch das ablehnende Votum eines einzigen, vom Umbau betroffenen Miteigentümers verhindert werden. Dies möglicherweise auch dann, wenn darin die alleinige Möglichkeit für den Verbleib im gewohnten Umfeld liegt.

Künftig soll nach Vorstellung der beiden Staatsregierungen bei baulichen Veränderungen, die für eine behindertengerechte Nutzung oder zur Herstellung der Barrierefreiheit erforderlich sind, die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft unter erleichterten Bedingungen eingeholt werden können.

Zudem wollen Bayern und Sachsen den Ausbau der Ladeinfrastruktur im privaten Raum vorantreiben und ebenfalls rechtliche Hürden für bauliche Anpassungen abbauen.

Huber: „Nach wie vor befinden sich kaum Elektrofahrzeuge auf unseren Straßen. Wie Erfahrungen in anderen europäischen Ländern zeigen, ist für den Erfolg der Elektromobilität ein flächendeckender Ausbau der Ladeinfrastruktur entscheidend. Dazu gehören auch mehr Ladestationen im privaten Bereich. Denn die bequeme Möglichkeit, sein Auto direkt am Stellplatz über Nacht wieder aufzuladen, schafft ein weiteres überzeugendes Argument für den Erwerb eines Elektrofahrzeugs.“

[Redaktioneller Hinweis: Zu Stellungnahmen in diesem Kontext]

Zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bei hochwasser- und starkregenfallbedingter Insolvenz (TOP 2)

Die Staatsregierung begrüßt nachdrücklich, dass der Bundestag dem bayerischen Anliegen gefolgt ist und den hochwassergeschädigten Unternehmen mehr Zeit für Finanzierungs- und Sanierungsgespräche gibt.

Durch die Starkregen- und Hochwasserereignisse im Mai und Juni wurden vor allem in Bayern zahlreiche Betriebe teilweise existenzbedrohend geschädigt. Die konkreten finanziellen Folgen sind für die Betroffenen oft schwer abzuschätzen.

Die von der Insolvenzordnung vorgegebene und strafbewehrte Frist zur Stellung eines Insolvenzantrags von drei Wochen ist für diese Fälle zu kurz bemessen. Die Unternehmen stehen völlig unvorbereitet und unverschuldet vor dieser plötzlichen Notlage und müssen erst klären, mit welchen Hilfen und Versicherungsleistungen sie rechnen können. Sie dürfen nicht vorschnell in die Insolvenz gezwungen werden. Es ist wichtig, dass die betroffenen Unternehmen jetzt bis zum Jahresende keinen Insolvenzantrag stellen müssen, solange sie erfolgversprechende Sanierungsverhandlungen führen“, erklärte Huber.

Staatskanzlei, Pressemitteilung v. 07.07.2016