Gesetzgebung

Bayerischer Städtetag: Bayerische Stellplatzverordnung – Städte haben Spielraum für angemessene Lösungen

Mit der Debatte um die Schaffung von Wohnraum gehen Forderungen zum Abbau baurechtlicher Standards einher. Immer wieder werden Rufe nach einer Lockerung der Stellplatzverordnung des Freistaats Bayern zugunsten des Wohnungsbaus laut. Doch der Bayerische Städtetag und die Oberste Baubehörde warnen vor eiligen Änderungen: Die aktuelle Rechtslage braucht keine Änderung, sie gibt Städten und Gemeinden den notwendigen Spielraum für eine angemessene Lösung vor Ort.

Die Bayerische Stellplatzverordnung schreibt für Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser einen Kfz- Stellplatz pro Wohnung vor. Diese Richtzahl wird gerade für den geförderten Wohnungsbau kritisiert: Stellplätze seien ohne Not Kostentreiber. Angesichts des geringeren Einkommens der zukünftigen Bewohner müsse von einem reduzierten Auto-Besitz und somit geringerem Stellplatzbedarf ausgegangen werden. Ähnlich den gelockerten Richtzahlen für Altenwohnungen oder Wohnheime sei nach Ansicht von Kritikern bayernweit eine Reduzierung bis zur Abschaffung der Stellplatzpflicht gerechtfertigt.

Nur auf die künftige Bewohnerstruktur zu blicken, wird dem tatsächlichen Stellplatzbedarf in einer Wohnanlage aber nicht gerecht. Auch die Verhältnisse um den Standort der Wohnanlage können entscheidend sein. Wie ist die Erschließung des Grundstücks durch den Öffentlichen Personennahverkehr? Welchem Parkdruck ist der umliegende öffentliche Raum ausgesetzt? Gibt es ein verkehrliches Konzept, das den Verzicht auf ein eigenes Auto fördert – beispielsweise über besondere Angebote für Car-Sharing?

Diese Fragen kann jede Stadt oder Gemeinde für ihre Wohnstandorte am besten selbst je nach räumlicher Situation und den Bedürfnissen der Bewohner beantworten. Nicht umsonst gestattet die Bayerische Bauordnung, Städten und Gemeinden von den bayernweit gültigen Richtzahlen per Stellplatzsatzung oder Bebauungsplan abzuweichen. So hat der Münchner Stadtrat jüngst eine weitere Reduzierung der Stellplatzpflicht für den geförderten Wohnungsbau beschlossen: Je nach Fördermodell sind dort künftig 0,8 bis 0,3 Stellplätze pro Wohnung notwendig. Entsprechendes gilt für Modellprojekte des autofreien oder -reduzierten Wohnens. Die Nürnberger Stellplatzsatzung sieht für geförderte Mietwohnungen nur einen Stellplatz pro zwei Wohneinheiten vor und in Augsburg gilt seit Kurzem ein halber Stellplatz pro Wohnung bei dauerhafter sozialer Bindung.

Bayerischer Städtetag, Informationsbrief Nr. 8/9 v. 19.08.2016, S. 7