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Bayerischer Städtetag: Kostenersatz bei Selbstbeschaffung eines Krippenplatzes – Revision gegen Urteil des BayVGH in Vorbereitung

Zum 1. August 2013 wurde der Anspruch auf frühkindliche Förderung auf Kinder im Alter von einem bis drei Jahren ausgedehnt. Städte und Gemeinden haben dafür gesorgt, dass ausreichend Plätze vorhanden sind. Die zunächst befürchtete Klagewelle blieb aus, zumal bisher in nahezu allen Fällen der Träger der öffentlichen Jugendhilfe obsiegt hat.

Zuletzt mehrten sich Anzeichen, dass Auslegungsfragen anders beurteilt werden könnten. Am 21. Juli 2016 wurde vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) über den Anspruch auf Kostenersatz bei selbstbeschafftem Betreuungsplatz in einer teuren, privaten Einrichtung in einem Einzelfall verhandelt und dem Kläger – vertreten durch seine Eltern – dieser Anspruch zugesprochen. Der Senat begreift dieses Verfahren als Musterverfahren zur Erstattung der Kosten privater Kinderbetreuungseinrichtungen und geht von fehlender Erfüllung des Rechtsanspruchs auf Kinderbetreuung aus. Die Landeshauptstadt München vertritt die Auffassung, dass der Anspruch des Kindes bereits durch die Platzangebote sowie den selbst gesuchten Platz erfüllt war und bereitet die Revision zum Bundesverwaltungsgericht vor.

Ausgangspunkt ist der Rechtsanspruch des Kindes auf Vermittlung eines Platzes zur frühkindlichen Förderung in einer Kindertageseinrichtung oder durch eine Tagespflegeperson. Dabei handelt es sich nach Auffassung der kommunalen Spitzenverbände und des Sozialministeriums um gleichrangige Alternativen. Voraussetzung ist, dass die Erziehungsberechtigten mindestens drei Monate vor der Inanspruchnahme eines Betreuungsplatzes den Anspruch ihres Kindes auf Bereitstellung eines Betreuungsplatzes geltend machen. In dem verhandelten Fall wurden der Familie von der Stadt insgesamt sieben Platzangebote gemacht, die nicht angenommen wurden. Die Eltern formulierten, dass sie ab 1. April 2014 eine Betreuung für ihr Kind benötigen, entschieden sich aber bereits acht Wochen vorher für einen Platz in einer selbst gesuchten, privaten Einrichtung. Die Erstattung der Kostendifferenz zwischen der teureren privaten Einrichtung und einer städtischen Einrichtung ist Gegenstand der Klage.

Laut SGB VIII ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der Aufwendungen verpflichtet, wenn die Eltern den Betreuungsbedarf rechtzeitig mitgeteilt haben, die Bedarfsdeckung unaufschiebbar ist, kein geförderter Platz zur Verfügung steht und die Eltern selbst eine adäquate Betreuung beschaffen. Unabhängig von der streitigen Frage, ob der Primäranspruch bereits erfüllt worden war und damit ein Sekundäranspruch ausscheidet, umfasst die Höhe des Erstattungsanspruchs allein die Aufwendungen, die die Eltern nach ihrem Ermessen unter Berücksichtigung der Interessen des Jugendhilfeträgers für erforderlich halten durften. Dabei können Aufwendungen nur verlangt werden, wenn bei einer rechtzeitigen Beschaffung durch den Jugendhilfeträger dieser die Kosten zu tragen hätte. Die bundes- und landesrechtlichen Vorschriften enthalten keine Verpflichtung des Jugendhilfeträgers, die Kosten für eine Förderung in Tageseinrichtungen oder individuelle finanzielle Aufwendungen zu übernehmen. Es gibt keinen Anspruch auf einen kostenfreien Kita-Platz. In Bayern sind anders als in anderen Bundesländern Kita-Plätze nicht aufgrund eines Gesetzes kostenlos oder in der Gebührenhöhe gedeckelt. Für Eltern, die finanzielle Unterstützung für die Kosten der Kinderbetreuung benötigen, besteht die Möglichkeit, die Elternbeiträge je nach Einkommen über die wirtschaftliche Jugendhilfe erstattet zu bekommen. Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe zu zwingen, über die finanzielle Förderung nach dem BayKiBiG hinaus mit Steuergeldern sogar das Geschäftsmodell hochpreisiger, auf Gewinnerzielung ausgerichteter Kindertageseinrichtungen zu finanzieren, steht nicht im Einklang mit den Vorschriften.

Bayerischer Städtetag, Informationsbrief Nr. 8/9 v. 19.08.2016, S.6