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Landtag: Regierungserklärung – Schlagabtausch der Fraktionen über Zukunft Bayerns

Zur Halbzeit der 17. Wahlperiode hat Ministerpräsident Horst Seehofer im Landtag eine Regierungserklärung zu wichtigen Zukunftsthemen und -projekten des Freistaats abgegeben. Unter der Überschrift „Kontinuität und Weitblick“ betonte er, dass Bayern ein stabiles Land sei, das den Menschen Orientierung in einer unsicheren Welt, Sicherheit, Wohlstand und die Durchsetzung von Recht und Ordnung – auch bei der Steuerung der Zuwanderung – biete. Vertreter der Oppositionsfraktionen warfen der CSU-Staatsregierung vor, die tatsächlichen Probleme der Menschen, etwa bei der Energiewende, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, G8, Ausbau der Barrierefreiheit oder bezahlbarem Wohnraum, zu ignorieren. Erstmals öffentlich sprach sich der Ministerpräsident für den Bau der umstrittenen 3. Startbahn am Münchner Flughafen aus. SPD, FREIE WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN reagierten darauf mit scharfer Kritik.

Der Trend bei den Flugbewegungen im Erdinger Moos habe sich geändert, deshalb sei der Zeitpunkt gekommen, jetzt in eine Debatte über den Weg zu einer Entscheidung für den Bau der 3. Startbahn einzutreten, erklärte Ministerpräsident Horst Seehofer. Dazu wolle er mit den Verantwortlichen der Landeshauptstadt eine Übereinkunft treffen, um den Weg frei zu machen für einen erneuten Bürgerentscheid in der Landeshauptstadt.

9 Milliarden Euro bis 2018 zur Bewältigung der Flüchtlingskrise

Breiten Raum nahm in Seehofers Regierungserklärung die aktuelle Flüchtlings- und Zuwanderungspolitik ein. Bayern sei ein weltoffenes Land. Wer zu Recht Schutz sucht, der müsse Schutz bekommen. Allerdings, so der Ministerpräsident, schaffe es Deutschland nicht noch einmal, über eine Million Menschen aufzunehmen:

Wir brauchen ein Gesetz, mit dem die Zuwanderung gesteuert wird.“

Nur wenn es gelinge, die Zuwanderung zu begrenzen, könne auf Dauer Humanität gewährleistet werden, zeigte sich Seehofer überzeugt. Der Ministerpräsident gab auch bekannt, dass im Staatshaushalt Mittel bereitgestellt würden, um Projekte im Nordirak, im Libanon, in Tunesien und im Senegal zu finanzieren. Den Menschen könnten so Perspektiven in ihren Heimatländern aufgezeigt, Fluchtursachen damit bekämpft werden. Insgesamt € 9 Mrd. gebe der Freistaat in den Jahren von 2015 bis 2018 zur Bewältigung der Flüchtlingskrise aus. Diese Summe sei einmalig in Deutschland, „das Zerrbild unserer Gegner von einem herzlosen Bayern“ damit völlig widerlegt.

In der Sicherheitspolitik plädierte Seehofer für ein hartes Durchgreifen gegen Terror und Gewalt. Dafür würden unter anderem bis 2020 zusätzlich 2.000 Polizeibeamte eingestellt, die Ausrüstung der Sicherheitskräfte auf den modernsten Stand gebracht und auch in der Justiz mehr Stellen geschaffen. Seehofer forderte zudem den Ausbau der Videoüberwachung in öffentlichen Räumen sowie den Einsatz der Bundeswehr im Inneren zur Abwehr terroristischer Gefahren sowie zur Grenzsicherung.

Unter der Überschrift „Wohlstand und Arbeitsplätze von morgen“ erklärte Seehofer, dass Bayern „wirtschaftlich bärenstark“ sei, und dass es im Freistaat auch sozial gerecht zugehe. Mit Blick darauf will die Staatsregierung weiterhin in Milliardenhöhe in die Familienförderung, in das Bildungssystem und in die Digitalisierung sowie Infrastruktur investieren. Als Erfolg wertete er es, dass etwa die geplanten, großen Gleitstromtrassen nun zu 100% in Erdkabel verlegt würden. Als weitere wichtige Zukunftsprojekte in der Infrastruktur nannte er, neben dem Bau einer 3. Startbahn am Münchner Flughafen, die Zweite Stammstrecke in der Landeshauptstadt, die Anbindung des Chemiedreiecks in Richtung München und Salzburg sowie den Zulauf zum Brennerbasistunnel.

Statements der Oppositionsfraktionen

Die SPD-Fraktion kritisierte das Bekenntnis des Ministerpräsidenten für einen Ausbau des Münchner Flughafens. SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher sagte:

Es gibt keine neuen Zahlen, die den Ausbau begründen könnten. Was wir hingegen dringend brauchen, ist eine bessere Anbindung des Flughafens an den öffentlichen Nahverkehr.“

Rinderspacher warf der CSU zudem vor, „anti zu Europa, anti zu Merkel, anti zu Flüchtlingen“ zu sein und „auf unverantwortliche Weise das Klima im Land aufgeheizt“ zu haben. Demgegenüber wolle die SPD die Macher der Mitmenschlichkeit in der Gesellschaft bestärken und nicht von oben herab verunsichern.

München braucht keine 3. Startbahn“, machte auch FREIE WÄHLER-Fraktionschef Hubert Aiwanger deutlich.

Er forderte von der Staatsregierung „mehr Politik für die Heimat und weniger Größenwahn“. Gescheitert sah er die Energiewende: So seien die Stromtrassen auch im vergrabenen Zustand ein politisches Eigentor, da sie eine Abhängigkeit vom Norden Deutschlands verursachten. In der Flüchtlingspolitik warf Aiwanger der Staatsregierung Untätigkeit vor: Nur das Bellen nach Berlin reiche nicht. Auch in Bayern seien dazu Aufgaben zu erledigen, wie die bessere Unterstützung der Kommunen oder die Einstellung von mehr Asylrichtern.

Gesellschaftliche Vielfalt, „keine Gleichmacherei mit einem normierten Leitkult“ forderte der Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ludwig Hartmann in der Zuwanderungspolitik. Er appellierte, mit Optimismus an die Aufgabe heranzugehen und dazu in Bayern einen „Geist des Gelingens“ zu wecken. Einen solchen Geist forderte er auch bei der Energiewende. Es sei für ein starkes Industrieland wie Bayern ein peinliches Eingeständnis, künftig die Hälfte des Stroms importieren zu müssen. Mit Blick auf den Naturschutz warf Hartmann der CSU vor, die Heimat zu zerstören. So werde am Riedberger Horn durch den Bau einer Lifttrasse das Recht gebeugt. Er plädierte außerdem dafür, im Steigerwald einen dritten Nationalpark in Bayern einzurichten.

Bayerischer Landtag, Aktuelles – Sitzungen – Aus dem Plenum v. 28.09.2016 (von Katja Helmö)