Gesetzgebung

Landtag: Wirtschaftsausschuss – Anhörung zum Landesentwicklungsprogramm (LEP)

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Die Staatsregierung will noch vor der Landtagswahl eine Neufassung des Landesentwicklungsprogramms (LEP) für Bayern in Kraft setzen. Der zuständige Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) hat dazu dem Landtag einen vom Ministerrat gebilligten Entwurf zur weiteren Beratung zugeleitet. Dazu hat der Wirtschaftsausschuss eine Expertenanhörung durchgeführt. Gut zwei Dutzend Fachleute im Bereich der Landesplanung gaben dabei ihre Stellungnahme ab. Durch diese zog sich der Vorwurf, dass die Regierungsvorlage den Anforderungen an eine geordnete Landesplanung nicht genüge und keine tragfähigen Konzepte zur koordinierten Weiterentwicklung Bayerns enthalte, wie ein roter Faden. Eine große Mehrheit der Fachleute forderte deshalb, den Entwurf für eine komplette Überarbeitung zurückzuziehen oder zumindest das weitere Beratungsverfahrens nicht bis zur Sommerpause „durchzupeitschen“.

Warnung vor zu großem Flächenverbrauch

Erste kritische Anmerkungen kamen bereits von den Sachverständigen aus der Wissenschaft. Die Professorin Gerlind Weber von der Universität für Bodenkultur in Wien vermisste im LEP-Entwurf den erforderlichen Paradigmenwechsel zum Boden- und Ressourcenschutz. Vor allem mit der Flexibilisierung bei der Ausweisung von Einzelhandels- und Gewerbegebieten auf der grünen Wiese setze die Staatsregierung „auf den falschen Dampfer“. Diese Projekte seien „Boden- und Energiefresser“ und zerstörten Ortszentren. Professor Hubert Job von der Universität Würzburg warnte bei einer Umsetzung der LEP-Vorgaben „Wildwuchs und Siedlungsbrei“ in ganz Bayern. Er erkannte in dem Entwurf eine „Laissez-faire-Politik, in der vor allem der Markt und kommunale Kirchturmpolitik das Sagen haben“.

Die umfassendste Kritik kam von Professor Holger Magel, dem Präsidenten der Akademie Ländlicher Raum.

„Dieser Entwurf ist ein Torso, man ist verzweifelt und wird immer deprimierter, je öfter man ihn liest“, sagte er.

Durch fehlende oder undifferenzierte Zielvorgaben, die nicht auf die unterschiedlichen Bedürfnisse im Land eingingen, drohe „das gelobte Land Bayern zu einem geteilten Land zu mutieren“ – nämlich in prosperierende Ballungszentren und abgehängte ländliche Regionen. Vorschläge zu einer Verbesserung des LEP aus seiner Sicht unterließ Magel.

„An diesem missglückten Entwurf kann man nur noch herumdoktern, aber es wird trotzdem daraus nichts mehr Gescheites“, sagte er zur Begründung. Dieser LEP-Entwurf sei „Bayern und seinen Bürgern nicht zumutbar“.

Experten bleiben beim LEP skeptisch

Das Meinungsbild der Experten von den kommunalen Spitzenverbänden über die Vertreter der Wirtschaft bis hin zum Umweltschutz war eindeutig. Vor allem auf den Zukunftsfeldern demographischer Wandel und Energiewende bleibe der LEP-Entwurf im Ungefähren stecken, hieß es.

„Schöne Beschreibungen taugen für Reiseführer, aber nicht für Landesentwicklungsprogramme“, spottete der Regensburger Oberbürgermeister Hans Schaidinger im Namen des Städtetags.

Die Staatsregierung drücke sich um zentrale Zielvorgaben, ohne die ein LEP aber keinen Wert habe.

„Es allen recht machen zu wollen, ist wohlfeil, aber man wird damit scheitern“, so Schaidinger.

Ein großes Manko sei zudem, dass die dringend erforderliche Reform des Systems der Zentralen Orte überhaupt nicht angegangen werde.

Unterschiedliche Bewertungen gab es bei der Debatte über die geplanten Lockerungen für Gewerbe- und Einzelhandelsansiedlungen an Ortsrändern. Hier sieht der Entwurf weitreichende Ausnahmen vom bisherigen Gebot zur bevorzugten Entwicklung innerörtlicher Standorte. Gemeinde- und Landkreistag sowie die Industrie- und Handelskammern (IHK) begrüßten die angedachte Flexiblisierung. Kleineren Gemeinden dürften keine Entwicklungsmöglichkeiten verbaut werden, erklärte der Geschäftsführer des Gemeindetags, Jürgen Busse. Für die IHKs gab Vize-Hauptgeschäftsführer Peter Kammerer zu bedenken, dass innerörtliche Gewerbeansiedlungen von der Bevölkerung oft skeptisch betrachtet würden. Alle anderen Experten warnten dagegen vor einer weiteren Zersiedelung der Landschaft und einer Verödung von Innenstädten.

Staatsregierung will das LEP in dieser Wahlperiode verabschieden

Der Ausschussvorsitzende Erwin Huber (CSU) betonte trotz der massiven Kritik, die Regierungsmehrheit werde am bisherigen Zeitplan mit einer Verabschiedung des LEP im Juni festhalten. Er gehe davon aus, „dass wir im weiteren Verlauf der parlamentarischen Beratungen ein gutes LEP hinkriegen“. Dietrich von Gumppenberg (FDP) kündigte an, die eingebrachten Anregungen ernst- und am Entwurf gegebenenfalls Modifizierungen vorzunehmen. Allerdings stünden die Vorschläge der Verbände zum Teil im Widerspruch zueinander. Allen gerecht zu werden, wäre die „Quadratur des Kreises“, so von Gumppenberg.

Die Oppositionsfraktionen fühlten sich dagegen in ihrer Kritik und ihrem Wunsch nach einem Neustart für die LEP-Fortschreibung bestätigt. Die SPD-Abgeordnete Annette Karl appellierte an die Regierungskoalition, den Wunsch der Experten zu akzeptieren und ohne Zeitdruck im Diskurs mit Fachleuten und Bürgern eines neues LEP zu entwickeln. Die vorliegende Fassung sei dafür untauglich. Alexander Muthmann (FREIE WÄHLER) erklärte, die Anhörung habe „eine offene und ungelöste Baustelle nach der anderen aufgezeigt“. Nach Einschätzung von Thomas Mütze (Bündnis 90/Grüne) habe die Anhörung gezeigt, dass der Entwurf der Staatsregierung den Namen LEP nicht verdiene. Dem Programm fehle die Gesamtkonzeption. Deren Ausarbeitung nachzuholen, brauche mehr Zeit als von Huber zugestanden.

Bayerischer Landtag, Aktuelles – Aus den Ausschüssen v. 22.03.2013 (Jürgen Umlauft)