Gesetzgebung

Bayerischer Landkreistag: Bayerischer Landkreistag 2013 unter dem Motto „Schuldenbremse – Fluch oder Segen für die Kommunalfinanzen?“

©pixelkorn - stock.adobe.com

Der Bayerische Landkreistag 2013, die Jahresversammlung der bayerischen Landkreise, findet am 14. und 15. Mai 2013 in Altötting im gleichnamigen Landkreis statt. Mehr als 320 Teilnehmer werden sich an zwei Tagen mit dem Thema „Schuldenbremse – Fluch oder Segen für die Kommunalfinanzen?“ befassen.

Die Schuldenbremse, auch Fiskalvertrag oder Fiskalpakt genannt, ist die Reaktion auf die ständig steigende Verschuldung der Staaten in Europa. Sie soll die Haushaltsdisziplin der öffentlich Hand verbessern und sicherstellen, dass künftig grundsätzlich nicht mehr Geld ausgegeben als eingenommen wird. Wie das im Detail, insbesondere auf kommunaler Ebene, auch unter Berücksichtigung notwendiger Investitionen in Bildung, soziale Sicherung oder Infrastruktur bewerkstelligt werden soll, muss allerdings erst noch geklärt werden. Aus Anlass des Bayerischen Landkreistags 2013 setzen sich mit dieser Frage Vertreter des Staates und der Kommunen auseinander. Auch wenn die Schuldenbremse letztlich erst im Jahr 2020 endgültig umgesetzt sein muss, werden die Rahmenbedingungen dafür schon bald zu fixieren sein. Die Verhandlungen beginnen spätestens nach den Wahlen im September.

Der Präsident des Bayerischen Landkreistags, Landrat Jakob Kreidl, Miesbach, stellt aus den Forderungen der bayerischen Landkreise exemplarisch folgende Schwerpunkte heraus:

1. Entlastung der Kommunalhaushalte von rasant steigenden Sozialausgaben, insbesondere durch ein Bundesleistungsgesetz

Ende 2011 lebten in Bayern mehr als 1 Million Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 %. Die Ausgaben der für diesen Personenkreis zuständigen Eingliederungshilfe sind in Bayern zwischen 2000 und 2011 von 1.265 Mio. Euro auf 2.155 Mio. Euro gestiegen. Das ist ein Zuwachs von ca. 70 % bzw. 892 Mio. Euro, für den letztlich die Kommunen aufkommen müssen. Das Schicksal der Behinderung eines Menschen ist jedoch keine rein örtliche Angelegenheit, sondern unterliegt der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung. Der Bund muss sich dieser Verantwortung durch ein neues Bundesleistungsgesetz stellen und sich in einem ersten Schritt mit mindestens einem Drittel an den Kosten beteiligen. Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang an die Zusage des Bundes zu einer Kostenbeteiligung im Rahmen der Verhandlungen zum Fiskalvertrag, die von der Bundeskanzlerin erst jüngst bei der Tagung des Deutschen Städtetags bekräftigt worden ist.

2. Finanzielle Grundlagen der Krankenhausversorgung sichern

Rund 40 % der Krankenhäuser in Bayern werden in diesem Jahr rote Zahlen schreiben. Deutschlandweit werden es knapp 50 % sein. Das ist ein alarmierender Befund, der die strukturelle Unterfinanzierung der Krankenhäuser aufzeigt. Hauptgrund dafür ist die immer stärker auseinander klaffende Kosten-Erlös-Schere. Während die Ausgaben allein aufgrund Tariflohnerhöhungen seit 2006 um 15,9 %  zugenommen haben (hinzu kommen höhere Energiekosten, kostspieligere hygienische Standards usw.), sind die Einnahmen aus den erbrachten Krankenhausleistungen durch politische Vorgaben auf einen Zuwachs von 9,4 % gedeckelt worden. Krankenhäuser, die noch vor 2 bis 3 Jahren Überschüsse erwirtschaftet haben, sind dadurch in die Verlustzone geraten. Dadurch kommen auch die Landkreise als Krankenhausträger in Schieflage.

Notwendig sind 3 Weichenstellungen:

  1. Kostensteigerungen im Krankenhausbereich müssen zukünftig ohne Abstriche bei der Kalkulation der Krankenhaus-Fallpauschalen berücksichtigt werden.
  2. Die gegenwärtige Praxis, die Krankenhäuser für die Erbringung von nicht vereinbarten Mehrleistungen durch Abschläge auf die Fallpauschalen zu bestrafen, ist vollständig abzuschaffen.
  3. Die höheren Vorhaltekosten von Grund- und Regelversorgungskrankenhäusern insbesondere im ländlichen Raum müssen angemessen berücksichtigt werden. Ihr Versorgungsauftrag speziell bei der notfallmedizinischen Versorgung lässt sich nicht aus den Einnahmen für die vergleichsweise geringe Zahl an Behandlungen decken.

3. Erhalt und Ausbau der kommunalen Infrastruktur

Nach einer von der Verkehrsministerkonferenz in Auftrag gegebenen Untersuchung ist allein der kommunale Straßenbau jährlich mit ca. 2,2 Mrd. Euro unterfinanziert. Zusätzlich fehlen im ÖPNV mindestens 600 Mio. Euro jährlich. Die Staats- und Bundesstraßen sind darin noch nicht enthalten.

Auch andere kommunale Einrichtungen wie Schulhäuser oder Verwaltungsgebäude weisen erhebliche Unterhaltungsrückstände auf, weil die dafür benötigten Mittel ganz einfach fehlen. So wird schnell aus einem kleinen Schaden, einem Loch im Schuldach etwa, ein großer Schaden, wie die Überschwemmung der ganzen Schule, wenn nicht rechtzeitig Instandhaltung betrieben werden kann.

Ganz zu schweigen von Notwendigkeiten zum Ausbau moderner Infrastruktur, etwa bei der Breitbandversorgung, bei der die Landkreise unterstützend tätig sein sollten.

Da der vorhandene Finanzrahmen nicht ausreicht, all diese Aufgaben adäquat zu erledigen, müssen auch neue Möglichkeiten der Finanzierung in Erwägung gezogen werden. Für die Verkehrsinfrastruktur bietet sich insoweit die „PKW-Maut“ an, die in unseren europäischen Nachbarländern längst eine Selbstverständlichkeit ist. Transitreisende durch Deutschland werden dagegen verschont. Der tiefere Sinn dafür ist nicht ersichtlich. Mit den Maut-Einnahmen, die zusätzlich im Verkehr bleiben müssen, lassen sich zumindest erste Schritte zur Sanierung kaputter Straßen finanzieren.

4. Verbesserungen im kommunalen Finanzausgleich

Der sogenannte Kommunalanteil am allgemeinen Steuerverbund, das sind die Mittel, die der Freistaat Bayern nach den Vorgaben des Grundgesetzes von seinen eigenen Steuereinnahmen an die Kommunen weiterleiten muss, hat sich in den vergangenen Jahren erfreulicherweise auf 12,75 % gesteigert. Bis zu der einheitlich von den kommunalen Spitzenverbänden für notwendig erachteten Verbundquote von 15 % ist allerdings noch ein weiter Weg. Es gilt, diesen Weg kontinuierlich weiter zu beschreiten.

Daneben sind gezielte Hilfen für Kommunen in strukturschwachen Gebieten ebenso wie für besondere Herausforderungen auch in anderen Regionen erforderlich. Es wird erwartet, dass die Stabilisierungshilfen in Höhe von 100 Millionen Euro insbesondere den demografiegeplagten Kommunen zur Verfügung stehen müssen. Zu unterstützen sind aber auch die Landkreise, die einen Bevölkerungszuwachs meistern müssen und zum Beispiel neue Schulhäuser benötigen. Dazu wird eine spürbare Anhebung der
Hochbauförderung erwartet.

Darüber hinaus brauchen die Landkreise staatliche Hilfe bei den stetig steigenden Kosten der Jugendhilfe. Zu diesem Zweck müssen die Schlüsselzuweisungen aus einem eigenen staatlich gespeisten Topf ergänzt werden.

Bayerischer Landkreistag, PM v. 13.05.2013