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Landtag: Innenausschuss – Jeder dritte Polizist in Bayern wird Opfer einer Gewalttat

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Bayerische Polizisten werden mehr und mehr zur Zielscheibe von Gewaltattacken. Seit nunmehr drei Jahren beobachtet das Innenministerium diese Entwicklung genauer und stellt einen jährlichen Lagebericht zusammen.

Den aktuellen für das Jahr 2012 präsentierte Landespolizeipräsident Waldemar Kindler am 5. Juni 2013 im Innenausschuss. Demnach ging die Zahl der Übergriffe zwar leicht um 2,6 Prozent auf insgesamt 6732 zurück, Entwarnung könne aber nicht gegeben werden, erklärte Kindler. Bei 13.989 betroffenen Beamten sei statistisch jeder dritte bayerische Polizist im vergangenen Jahr Opfer einer Gewalttat geworden. Die Zahl der verletzten Beamten sei von 1918 auf 1999 gestiegen, was zu 2924 Ausfalltagen geführt habe. In bayernweit zehn Fällen steckte hinter den Angriffen auf die Polizisten laut Kindler sogar eine Tötungsabsicht.

Die amtliche Statistik führt alle gegen Polizisten gerichtete Straftaten auf, also auch Fälle verbaler Gewalt wie Beleidigung, Verleumdung oder üble Nachrede. Zahlenmäßig waren diese Delikte mit 2738 Fällen die meisten (40,7%). Es folgten 2109 Fälle von Körperverletzung (31,3%) und 1484 Widerstandshandlungen (22%).

Geringere Fallzahlen gab es bei Nötigung, Bedrohung oder Gefangenenbefreiung. In 39 Fällen lieferten sich Flüchtige mit Fahrzeugen eine Verfolgungsjagd mit der Polizei. Insgesamt gab es 5775 Tatverdächtige, drei Viertel davon waren bereits polizeibekannt. 73 Prozent der Angreifer standen unter Drogen- oder Alkoholeinfluss.

Hohes Risiko für Polizeibeamte in Augsburg

Nach Angaben Kindlers wird in den Städten eher auf Beamte losgegangen als auf dem Land. Regional gebe es deutliche Unterschiede. Die im Verhältnis zur Einwohnerzahl meisten Übergriffe seien in Schwaben registriert worden, wobei es hier vor allem in der Stadt Augsburg für Polizeibeamte ein hohes „Opferrisiko“ gebe. Vergleichsweise gering seien die Gewaltprobleme in Niederbayern, Unterfranken und der Oberpfalz. Die für Polizisten mit Abstand sicherste bayerische Großstadt sei Erlangen. Im bundesweiten Vergleich liege Bayern mit seinen Zahlen im „oberen Mittelfeld“, so Kindler. Wie der Landespolizeichef erläuterte, reagiere die Polizei durch eine verbesserte Aus- und Fortbildung, angepasste Schutzkleidung und neue Einsatzkonzepte auf die steigende Zahl gewalttätiger Übergriffe.

In der Aussprache zu dem Bericht forderte Harald Schneider (SPD) die Staatsregierung auf, ihrer Fürsorgepflicht gegenüber den Polizeibeamten noch stärker nachzukommen. Dass nun endlich auf den Weg gebracht sei, im Dienst verletzten Polizisten das Schmerzensgeld mittelloser Täter vorzustrecken, könne nur ein erster Schritt sein. Nötig sei auch ein verbesserter Rechtsschutz, so Schneider. Mit Blick auf die hohen Übergriffszahlen sei es zudem dringend erforderlich, den Zentralen Psychologischen Dienst der Polizei personell aufzustocken, um die Betreuung der Gewaltopfer ausreichend sicherzustellen.

Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER) setzte sich für höhere Strafen bei Körperverletzung gegen Polizisten ein. Nur dies schaffe wirksame Abschreckung. Als „befremdlich“ bezeichnete es Pohl, dass betrunkene Gewalttäter auch noch mit einem Strafrabatt bedacht würden.

Als eine der Ursachen für die gestiegene Gewalt gegen Polizeibeamte sah Christine Stamm (Bündnis 90/Die Grünen) die zu dünne Personaldecke bei der Polizei. Angreifer fühlten sich dann im Konfliktfall schnell überlegen, womit die Hemmschwelle zur Attacke sinke.

Als „erschreckend hoch“ bezeichnete Andreas Fischer (FDP) die von Kindler präsentierten Zahlen. Gewalt gegen Polizeibeamte sei zum „Massenphänomen“ geworden. Den wichtigsten Ansatzpunkt sah Fischer in der gesamtgesellschaftlichen Gewaltprävention. Dass Gewalt kein Mittel der Problemlösung sei, müsse von Kindesbeinen an verstärkt auch von den Bildungseinrichtungen vermittelt werden. Auch Florian Herrmann (CSU) sprach von einer „besorgniserregenden gesellschaftlichen Entwicklung“.

Über fehlenden Respekt klagten nicht nur Polizisten, sondern vermehrt auch Feuerwehrleute und Rettungskräfte im Einsatz. „Widerstand gegen Polizeibeamte ist kein Kavaliersdelikt“, betonte Herrmann. Bürger sollten polizeiliche Maßnahmen nicht laufend in Frage stellen, sondern ihnen Folge leisten.

Bayerischer Landtag, Aktuelles – Aus den Ausschüssen v. 05.06.2013 (Jürgen Umlauft)