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StMJV: Justizministerin Beate Merk sagt im Untersuchungsausschuss zum „Fall M.“ aus

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Bayerns Justizministerin Dr. Beate Merk hat heute im Untersuchungsausschuss zum „Fall M.“ in München in ihrem Eingangsstatement ihr volles Verständnis dafür ausgedrückt, dass hinterfragt wird, ob ein Mensch zu Recht oder zu Unrecht eingesperrt ist:

„Das Freiheitsrecht ist ein hohes Grundrecht. Es darf aus gutem Grund nur unter ganz engen Voraussetzungen und nur von unabhängigen Gerichten eingeschränkt werden.“

Aber, so Merk weiter: „Diese Unabhängigkeit der Gerichte ist ein fundamentales Prinzip unseres Rechtsstaates. Das habe ich als Justizministerin ganz besonders zu respektieren.“

Daraus folge für Politik und Verwaltung zwingend: „Gerichtsentscheidungen können nur von Gerichten überprüft werden. Deshalb ist, was wir hier diskutieren können, das Verhalten von mir, des Justizministeriums, meines Hauses, und der Staatsanwaltschaften.“

Anschließend legte Bayerns Justizministerin detailliert dar, dass sie im Fall M. sofort gehandelt hat, als es dafür einen ausreichenden tatsächlichen Anlass und die rechtlichen Möglichkeiten gab. Und sie habe dem Landtag auch nichts verheimlicht, sondern ihn über alle ihr bekannten, relevanten Fakten informiert.

Merk dazu einleitend: „Das politisch geführte Justizministerium stellt seine Einschätzung nicht an die Stelle der Einschätzung der zuständigen Staatsanwaltschaft. Das entspricht aus gutem Grund auch den Erwartungen aller Fraktionen des Landtags, die in vielen Anfragen der letzten Jahre dokumentiert ist. Erst wenn eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft fachlich nicht vertretbar erscheint, greift das Justizministerium ein.“

Diese Voraussetzungen seien erst im November 2012 gegeben gewesen, so Merk:

„Und da habe ich auch sofort gehandelt. Ich habe die Weiterleitung des Revisionsberichts der HypoVereinsbank an die Vollstreckungsgerichte veranlasst, damit diese Aspekte richterlich gewürdigt werden können. Ich habe den Antrag auf Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens zur Frage der notwendigen Fortdauer der Unterbringung veranlasst, obwohl die letzte gerichtliche Entscheidung erst zwei Monate zurück lag. Und ich habe – und so etwas ist ein absoluter Ausnahmefall – der Staatsanwaltschaft am 30. November 2012 eine klare Weisung erteilt, einen Wiederaufnahmeantrag zu stellen.“

Zum Wiederaufnahmeantrag ergänzte die Ministerin:

„Die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens ist nach unserer Rechtsordnung nur unter ganz engen Voraussetzungen möglich. Als Ministerin habe ich darauf zu achten, dass unser Rechtssystem geschützt bleibt. Es ist das Fundament unserer demokratischen Grundordnung. Und als überzeugte Demokratin stehe ich dazu. Überall, wo Menschen arbeiten, können Fehler passieren. Diese Möglichkeit kalkuliert unser Rechtsystem mit ein. Der Instanzenzug soll sicher stellen, dass eine Entscheidung nicht unumstößlich ist. Und auch wenn alle Instanzen ein Urteil bestätigen, bleibt unser Rechtssystem immer der Gerechtigkeit verbunden. Dafür gibt es die Möglichkeit eines Wiederaufnahmeverfahrens.“

Die gesetzlichen Vorgaben dafür seien aber streng.

„Ich habe den gesamten Sachverhalt und die zumeist über die Medien aufgestellten neuen Behauptungen immer wieder mit den Fachleuten meines Hauses danach abgeklärt, ob diese eine Wiederaufnahme rechtfertigen“ sagte Merk.

„Erst Ende November 2012 lagen ausreichende Fakten vor. Damals wurden durch die Medienberichterstattung neue Zweifel am Unterbringungsurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth laut. Daher war es mir erst zu diesem Zeitpunkt möglich, tätig zu werden.“

Merk verwies auf einen Pressebericht, der Zweifel an der Unbefangenheit des seinerzeit zuständigen Richters weckte. Die Nürnberger Nachrichten hatten am 30. November 2012 über einen Anruf des Vorsitzenden Richters bei den Nürnberger Finanzbehörden unter dem Titel „Ein Anruf bei Finanzbehörden stoppte brisanten Vorgang“ berichtet.

„Daraufhin habe ich innerhalb einer halben Stunde den Wiederaufnahmeantrag angeordnet“, so Merk.

Die Strafrechtsabteilung des Ministeriums habe dann die Staatsanwaltschaft zur Untermauerung des Wiederaufnahmeantrags auch auf weitere neu aufgetretene Zweifel hingewiesen, nämlich zur Echtheit des über die Verletzungen der Frau M. ausgestellten Attests und zur Rolle des Sachverständigen Dr. Wörthmüller.

Den Landtag habe sie stets über alle ihr bekannten relevanten Tatsachen informiert. Die Ministerin hob besonders hervor, dass sie gegenüber dem Rechtsausschuss des Landtags auf der Grundlage des Berichts der zuständigen Wirtschaftsstaatsanwaltschaft auch die zentralen Punkte des Revisionsberichts der HypoVereinsbank wiedergegeben hat. Die Staatsanwaltschaft habe auch den Revisionsbericht der HypoVereinsbank unmittelbar nach der Berichterstattung über weisungswidriges Verhalten der Ehefrau des Herrn M. im Dezember 2011 angefordert und geprüft. Zu den steuerlich relevanten Fragen habe sie den Bericht an das Finanzamt Nürnberg-Süd weiter geleitet mit der Bitte, zu überprüfen, ob sich daraus steuerliche Konsequenzen ergeben.

„Damit hat die Staatsanwaltschaft den entscheidenden Anstoß gegeben für die steuerlichen Ermittlungen, über die Vertreter der Finanzbehörden bereits im Landtag berichtet haben.“

Die Ministerin weiter: „Das gegen Herrn M. ergangene Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth wurde in der Öffentlichkeit schnell als Fehlurteil bezeichnet. Sie können mir glauben, dass mir das keine Ruhe lässt. In meinen Erklärungen zu diesem Fall wurde nicht erkennbar, dass mich menschlich und persönlich das Schicksal eines seit nun bald 7 Jahren in einer psychiatrischen Anstalt untergebrachten Menschen bewegt. Das ist meinem Amt als Justizministerin, die sich im Rahmen des Gesetzes bewegen muss, geschuldet. Es ist mir ein Anliegen, dies hier noch einmal deutlich zu sagen.“

Merk abschließend: „Umso wichtiger, ja ganz entscheidend war für mich daher, das zu tun, was ich als Justizministerin unter voller Wahrung der richterlichen Unabhängigkeit machen konnte: Ein Wiederaufnahmeverfahren auf den Weg zu bringen. Nicht Urteilsschelte und keine Diskussionsrunden bringen Herrn M. in Freiheit. Diesen Weg kann – neben dem Strafvollstreckungsverfahren – nachdem sich Herr M. leider geweigert hat, sich im Verfahren der Prüfung der Haftfortdauer vor dem Landgericht Bayreuth begutachten zu lassen – nur ein Wiederaufnahmeverfahren bereiten.“

StMJV, PM v. 14.06.2013