Gesetzgebung

Landtag: Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Fraktionsgesetzes (BayFraktG) eingebracht

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FraktionszulagenDie Fraktionen von CSU und FDP haben am 26.06.2013 einen Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Fraktionsgesetzes eingebracht.

Grund für die Gesetzesinitiative

Die Zulässigkeit von Zulagen für besondere Fraktionsfunktionen (z.B. für Fraktionsvorsitzende) ist im BayFraktG bislang nicht ausdrücklich geregelt. In den Vorschriften über die Rechnungslegung der Fraktionen ist lediglich bestimmt, dass der Gesamtbetrag anzugeben ist, den die Fraktionsmitglieder mit besonderen Funktionen insgesamt erhalten.

Somit ergebe sich zwar mittelbar aus den Vorschriften über die Rechnungslegung die Zulässigkeit solcher Zulagen für besondere Fraktionsfunktionen, so der Gesetzentwurf. Insgesamt seien jedoch im Interesse einer Klarstellung und erhöhten Transparenz Gesetzesänderungen geboten.

Daher soll im BayFraktG zum einen ausdrücklich klargestellt werden, dass Vergütungen an Fraktionsmitglieder mit besonderen Funktionen zulässig sind. Zum anderen soll in der Rechnungslegung der Fraktionen künftig nicht mehr nur der Gesamtbetrag, sondern auch die Zahl der Fraktionsmitglieder mit besonderen Funktionen und die an diese Fraktionsmitglieder gezahlten Einzelbeträge ausgewiesen werden.

Wesentliche Änderungen

a) Explizite Zulässigkeit von Funktionszulagen

Dem Art. 3 BayFraktG soll ein neuer Abs. 4 angefügt werden:

Art. 3 [Zuschüsse zur Deckung des allgemeinen Bedarfs]

(1)-(3) […]

(4) 1Vergütungen an Fraktionsmitglieder mit besonderen Funktionen sind zulässig. 2Die Fraktionen sind verpflichtet, die Höhe der nach Satz 1 gezahlten Vergütungen an die einzelnen Fraktionsmitglieder mit besonderen Funktionen in der Rechnungslegung nach Art. 6 zu veröffentlichen.

b) Transparentere Rechnungslegung

Hierzu soll Art. 6 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a BayFraktG neu gefasst werden (Änderungen im Gesetzestext durchgestrichen bzw. fett markiert):

Art. 6 [Rechnungslegung der Fraktionen]

(1)-(2) […]

(3) Die Rechnung ist wie folgt nach Einnahmen und Ausgaben zu gliedern:

1. Einnahmen:

a) Zuschüsse nach Art. 2 und 3,

b) sonstige Einnahmen.

2. Ausgaben:

a) Vergütungen an Fraktionsmitglieder mit besonderen Funktionen (Gesamtbetrag),Vergütungen an Fraktionsmitglieder mit besonderen Funktionen unter Angabe des Gesamtbetrags, der Zahl der Fraktionsmitglieder mit besonderen Funktionen und der an diese Fraktionsmitglieder gezahlten Einzelbeträge,

[…]

(4)-(6) […]

Bayerischer Landtag, Gesetzentwurf der Fraktionen von CSU und FDP zur Änderung des Bayerischen Fraktionsgesetzes, LT-Drs. 16/17523 v. 26.06.2013 (PDF, 137 KB)

 

Redaktionelle Anmerkung

Die Abbildung illustriert Bedenken, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 21.07.2000 (2 BvH 3/91) formuliert hat. Dieses Urteil betraf den Thüringischen Verfassungsraum und hatte die Gewährung von Einkommenszulagen an Abgeordnete mit besonderen parlamentarischen Funktionen zum Gegenstand. In der dazugehörigen Pressemitteilung ist diesbezüglich zu lesen:

„Die Befugnis des Parlaments, Funktionszulagen zu schaffen, wird aber begrenzt durch Art. 38 Abs. 1 GG, wonach allen Abgeordneten Freiheit in der Ausübung ihres Mandats und Gleichheit im Status als Vertreter des ganzen Volkes garantiert ist. Die formelle Gleichheit der Abgeordneten und die angemessene Entschädigung gemäß § 9 Abs. 4 der vorläufigen Landessatzung Thüringen und Art. 48 Abs. 3 GG sollen die Freiheit des Mandats gewährleisten. […] In der parlamentarischen Arbeit können jedoch zusätzliche Entschädigungen für einzelne Abgeordnete die Entscheidungsfreiheit aller Abgeordneten beeinträchtigen, wenn durch solche Zulagen die Gefahr entsteht, dass das parlamentarische Handeln am Leitbild einer „Abgeordnetenlaufbahn“ und dem Erreichen einer höheren Einkommensstufe ausgerichtet wird.“

Die spezifisch thüringische Rechtslage betreffend urteilte das BVerfG, dass Fraktionszulagen nur für Fraktionsvorsitzende zulässig seien. Als allgemeine Leitsätze hinsichtlich des Spannungsverhältnisses von Parlamentsautonomie und Art. 38 Abs. 1 GG hat das BVerfG formuliert:

  1. Die gesetzliche Gewährung von zusätzlichen Entschädigungen mit Einkommenscharakter für Abgeordnete mit besonderen Funktionen ist eine Maßnahme im Rahmen der Parlamentsautonomie, die der Landtag grundsätzlich in eigener Verantwortung trifft.
  2. Die Regelungsmacht des Parlaments in eigenen Angelegenheiten wird – soweit Funktionszulagen in Rede stehen – durch Art. 38 Abs. 1 GG eingeschränkt. Das auf Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG fußende Freiheitsgebot des Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG verlangt, die Abgeordneten in Statusfragen formal gleich zu behandeln, damit keine Abhängigkeiten oder Hierarchien über das für die Arbeitsfähigkeit des Parlaments unabdingbare Maß hinaus entstehen.
  3. Um eine der Freiheit des Mandats und der Statusgleichheit der Abgeordneten entsprechende, von sachfremden Einflüssen freie politische Willensbildung zu gewährleisten, ist die Zahl der mit Zulagen bedachten Funktionsstellen auf wenige politisch besonders herausgehobene parlamentarische Funktionen zu beschränken.

In einem Beitrag für die Bayerischen Verwaltungsblätter (Heft 13/2013, S. 389 ff.) setzt sich RiBVerfG a.D. Prof. Dr. Udo Steiner zunächst ausführlich mit der Bindungswirkung dieses Urteils für den bayerischen Verfassungsraum auseinander. Sodann untersucht er die Zulässigkeit von Funktionszulagen nach bayerischem Verfassungsrecht. Er kommt zu dem Ergebnis, dass das Urteil des BVerfG keine Bindungswirkung im Verfassungsraum des Freistaates Bayern entfalte. Die Diskussion zur Verfassungsmäßigkeit von Fraktionszulagen könne begründungs- und ergebnisoffen innerhalb und zwischen den Verfassungsorganen und Behörden des Freistaates Bayern geführt werden. Funktionszulagen an Abgeordnete mit hervorgehobener Funktion innerhalb einer Fraktion seien im Geltungsbereich des Bayerischen Verfassung zulässig, soweit sie für die Organisation und die Arbeit der Fraktion erforderlich seien. Bei der Frage, welche Funktionen dies seien, komme den Fraktionen eine Einschätzungsprärogative gegenüber den sie kontrollierenden Verfassungsorganen und Behörden zu.

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Ass. iur. Klaus Kohnen; Abbildung: (c) djama – Fotolia.com

Net-Dokument BayRVR2013062601