Gesetzgebung

Bayerischer Städtetag: Landesentwicklung benötigt Steuerung und kluge Infrastrukturpolitik

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Maly: Gießkanne hilft nicht im Kampf gegen demografischen Wandel

„Der Städtetag ist nicht unter die Planungsfetischisten gegangen, aber ganz ohne Steuerung geht es nicht. Bayern steht heute so gut da, weil sich die Landespolitik in den 1970er Jahren gründliche Gedanken gemacht hat. Damals sind kluge Rahmenbedingungen zur Landesentwicklung abgesteckt worden, auf diese guten alten Tugenden sollten wir uns besinnen“, sagt der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly.

Die damaligen Prinzipien von Landesentwicklung und Landesentwicklungsprogramm hatten Steuerungswirkung. Gute Strukturen dürfen nicht zerstört werden, sondern müssen weiter ausgebaut werden. Landesentwicklung lässt sich nicht mit dem Spiel der Märkte regeln. Heute entwickelt sich Bayern unter den Vorzeichen der Globalisierung. Die Energiewende stellt neue Herausforderungen, wenn wir etwa an die Folgen für die Kulturlandschaft denken – mit Stromtrassen, Maisfeldern, Windrädern und Solarparks. Landesentwicklung in Bayern steht unter den Vorgaben, die demografische Entwicklung zu steuern, einen Ausgleich zwischen schrumpfenden und wachsenden Regionen zu meistern, gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen.

Maly: „Förderung aus der Gießkanne löst nicht die Herausforderungen im Kampf gegen demografischen Wandel – unüberlegt eingesetzte Mittel lindern nicht die Ursachen des demografischen Schrumpfens. Bayern braucht in der Landesentwicklung überfachlichen Planungswillen und überörtlichen Gestaltungswillen. Die Zukunft eines polyzentrisch strukturierten Flächenstaats ist eng mit seinen zentralen Orten verbunden. Die beste Förderung der ländlichen Räume ist über ihre zentralen Orte zu erreichen. Die zentralen Orte prägen die Identität und das Bild der Region – gerade in den ländlichen Räumen.“

Die ungezügelte Ansiedlung von Einkaufshallen oder Factory-Outlet-Centern auf der grünen Wiese hält weder Abwanderung noch demografischen Wandel auf. Hier ist eine gute Infrastrukturpolitik gefragt – Straße, Schiene, Datenautobahn – und eine staatliche Regional- und Strukturpolitik, die attraktive „Ankerpunkte“ in Kultur oder Wissenschaft für die Menschen schafft: Hochschulen und Außenstellen von Forschungseinrichtungen können Impulse für eine Region geben. Die beste Möglichkeit zur nachhaltigen Zukunftssicherung liegt in einer breit gefächerten Hochschullandschaft.

Maly: „Klug positionierte Einrichtungen von Forschung und Lehre entwickeln sich nach einer Startphase zu dynamischen Motoren. Der Freistaat hat seit den 1970er Jahren ein vielfältiges System von Fachhochschulen über das ganze Land gelegt: Beispiele sind etwa Kempten, Amberg, Weiden, Deggendorf, Schweinfurt. Das hat ganze Regionen stabilisiert und belebt. Da ist Innovatives entstanden, das hat Impulse für die lokale Wirtschaft und das Kulturleben gegeben.“

Maly: „Wenn Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse der Maßstab des Handelns ist, dann darf man nicht noch zusätzliche Scheinwerfer dort aufstellen, wo es bereits am hellsten leuchtet. Landesentwicklung muss sich Gedanken machen, wo mehr Licht gebraucht wird, oder wo die Lichtbündelung bereits jetzt zu dick ist. Hier hilft ein Landesentwicklungsprogramm mit überfachlichem und überörtlichem Gestaltungsanspruch.“

Maly: „Die Hochwasserkatastrophe hat gezeigt, dass es ohne übergreifende Koordination nicht geht.“

Wir brauchen praktikable Regelwerke und staatliche Institutionen, die sich um einen wichtigen Bereich wie den Hochwasserschutz kümmern. Denn Nachhaltigkeit und auf Dauer angelegte Projekte sind in einer kurzfristig denkenden Politikkultur schwer umzusetzen. Daher sind staatliche Landesämter so wichtig, die sich um Dämme, Deiche und Hochwasserschutz kümmern; denn Flüsse sind länger als Verwaltungsgrenzen. Rückhalteflächen und Polder benötigen hohe Summen und lange Vorausplanung. Die Abstimmung der Interessen von Städten und Gemeinden benötigt überörtliche Koordination und Fachwissen von staatlichen Behörden. Hochwasserschutz lässt sich nur sinnvoll betreiben, wenn man überörtlich denkt.

[Siehe Positionspapier: Ohne Städte ist kein Staat zu machen, S. 40-42, 45-46, 60-63; PDF, 184 KB]

Maly: „,Ohne Städte ist kein Staat zu machen‘ – der Bayerische Städtetag hat sich dieses Heuss-Zitat als Leitmotiv gewählt, um im Vorfeld der Wahlen Forderungen an Bund und Freistaat zu formulieren. Das Positionspapier bündelt nicht nur kurzfristige Forderungen mit dem Blick auf die Landtagswahl und die Bundestagswahl im September 2013, sondern gibt Orientierung für die Arbeit der nächsten Jahre.“

Bayerischer Städtetag, PM v. 05.08.2013