Gesetzgebung

Bayerischer Städtetag: Rechtsanspruch auf Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren

©pixelkorn - stock.adobe.com

Maly: Jedes Kind, das einen Krippenplatz sucht, muss einen Platz finden

„In den letzten Monaten schwirrten viele Zahlen herum: Wie viele Krippen sind wo gebaut worden? Wo fehlen Krippen? Die Aussagekraft der reinen Zahlen ist kritisch zu sehen. Zum Beispiel muss ein bewilligter Krippenplatz noch nicht gebaut sein. Bei einem neu gebauten Krippenplatz kann passieren, dass die Krippe zwar perfekt eingerichtet ist, aber leider leer steht, weil noch nicht genügend Erzieherinnen eingestellt werden konnten“, erläutert der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly.

Maly weiter: „Letztlich messen die Menschen die Politik von Bund, Land und Kommunen nur an einem: Jedes Kind, das einen Krippenplatz sucht, muss einen Platz finden. Dies ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Wenn sich die politischen Ebenen im Kreis aufstellen und jeder deutet auf den anderen, um der anderen Ebene die Schuld zuzuschieben, wenden die Menschen sich von Politik ab. Die Arbeitsteilung bleibt ärgerlich: Bund und Länder haben beim Krippengipfel 2007 willkürlich eine Grenze für den Rechtsanspruch zum 1.8.2013 gesetzt. Bund und Länder verheißen das hehre Ziel der Krippengarantie, lassen aber die Rathäuser liefern.“

Maly: „Die bayerischen Städte und Gemeinden haben die von Bund und Land vorausgesetzte Betreuungsquote für den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz nicht nur erreicht, sondern übertroffen. Mit einer gigantischen Kraftanstrengung haben es die Kommunen geschafft, den tatsächlich höher liegenden Bedarf weitestgehend zu decken.“

Der ursprünglichen Quotenvorgabe für Bayern von 35 Prozent steht derzeit eine durchschnittliche Betreuungsquote von über 40 Prozent gegenüber. Im Jahr 2006 betrug der Versorgungsgrad bayernweit 7 Prozent, im Jahr 2011 waren es 24 Prozent: Aktuell gibt es in Bayern über 100.000 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren. Das Bayerische Sozialministerium geht davon aus, dass zur Erfüllung des Rechtsanspruchs rund 110.000 Plätze notwendig sind; das wäre eine durchschnittliche Versorgungsquote von 40 Prozent.

Maly: „Bayerns Städte und Gemeinden waren in den letzten Jahren Krippenbau-Meister. Die Kommunen haben die Mittel, die Bund und Land gegeben haben, aufgestockt und sinnvoll investiert. Und die Kommunen engagieren sich weiter. Bayern hat spät begonnen und hatte als krippenfreie Zone viel aufzuholen. Wir sollten nicht vergessen, dass die staatliche Familienpolitik in Bayern noch 2005 keinen Bedarf für Kinderkrippen gesehen hat. In Bayern sind vor allem die Großstädte in Vorleistung gegangen.“

Bayern ist inzwischen, im Vergleich zu anderen Bundesländern, durchaus vorbildlich in der Finanzierung der Investitionskosten. Diese gute Förderung muss fortgesetzt werden. Bayern muss das bis Ende 2014 laufende Bund-Land-Förderprogramm weiter führen. Bei den Betriebskosten unterstützen Bund und Freistaat die Kommunen bislang zu wenig. Investitionskosten fallen einmalig an, Betriebskosten schlagen sich jährlich in den kommunalen Haushalten nieder, etwa für Personal, Heizung und Reinigung. Daher muss eine bessere Betriebskostenförderung erfolgen.

In kreisfreien Städten in Bayern liegt die Betreuungsquote – je nach Region, Ortsgröße oder Wirtschaftsstruktur – unterschiedlich in einer Spanne von 30 bis 80 Prozent.

Maly: „Das steigende Angebot an Krippenplätzen befeuert die Nachfrage für weitere Krippenplätze. Dies gilt für Ballungszentren ebenso wie für zentrale Orte in ländlichen Räumen. Lebenswirklichkeit und Familienbild haben sich rapide gewandelt, und diese Entwicklung geht rasant weiter: Junge Paare und Alleinerziehende stecken im Spagat von Familie und Karriere. In vielen Zentren können Familien nur überleben, wenn beide Elternteile arbeiten. Noch vor wenigen Jahren fühlten sich Eltern von Krippenkindern wie Rabeneltern, heute gelten Krippen als positiv für die Entwicklung von Kleinkindern.“

Die Hindernisse für Städte liegen im Raum und im Personal: Gerade in Ballungszentren fehlt der Platz für Krippen, die ein ausreichendes Raumangebot mit Spielflächen im Freien benötigen.

Maly: „Die Immobilienpreise sind in den letzten Jahren explodiert. Geeignete Standorte für Krippen sind in Städten schwer zu finden und teuer. Das größte Problem ist der Personalmangel. Allein die Stadt Nürnberg hat in den letzten Jahren 400 neue Erzieherinnen und Erzieher eingestellt. Die Kommunen grasen auf der Suche nach Personal die letzten Winkel aller Regionen in Deutschland ab. Doch Erzieherinnen und Erzieher zieht es nicht in die Ballungszentren mit hohen Lebenshaltungskosten und Wohnungsnot. In diesem Teufelskreis haben Städte wenig Spielraum. Es mag in der einen oder anderen Stadt zu Engpässen kommen. In einer Assekuranz-Gesellschaft, in der Menschen ihr Heil in der Rechtschutzversicherung suchen, können durchaus Klagen drohen. Allerdings ist nicht mit einer gigantischen Klagewelle zu rechnen. Zumal sich die grundsätzliche Frage stellt, ob man jemandem etwas rechtlich abverlangen kann, was der praktisch gar nicht einlösen kann. Mehr als das, was die Kommunen geleistet haben, konnten sie nicht leisten und sie bauen weiter.“

Bayerischer Städtetag, PM v. 05.08.2013