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Bayerischer Gemeindetag: Ergebnisse des Zensus 2011

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Teilweise gravierende Auswirkungen auf die Kommunen

Die Veröffentlichungen des Bayerischen Landesamts für Statistik und Datenverarbeitung zu den Ergebnissen des Zensus 2011 haben Auswirkungen auf eine ganze Reihe von Themenfeldern im kommunalen Bereich. Hiervon sind insbesondere auch der kommunale Finanzausgleich und Themen wie die Einkommensteuerbeteiligung usw. betroffen. Speziell im Hinblick auf den kommunalen Finanzausgleich ist festzuhalten, dass sich rückwirkende negative Änderungen nicht ergeben werden. Bereits in der Vergangenheit war ein Mechanismus in den geltenden Regelungen zum Finanzausgleich für Fälle enthalten, in denen sich die Einwohnerzahlen positiv verändert haben. Hierzu wird insbesondere in den nächsten Monaten den kommunalen Spitzenverbänden in Bayern ein entsprechender Entwurf vorgelegt werden. Wir gehen davon aus, dass damit eine faire Regelung gefunden werden kann.

Am 31.5.2013 hat das Bayerische Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung die ersten Ergebnisse des Zensus 2011 veröffentlicht. Dabei lag in unserem Mitgliedsbereich das Hauptinteresse zunächst auf den Einwohnerzahlen, welche auf der Grundlage des Zensus 2011 zum Stand 31.12.2011 fortgeschrieben wurden. Insbesondere in den Fällen, in denen die Einwohnerzahlen basierend auf dem Ergebnis des Zensus 2011 erheblich abwichen von den amtlichen Einwohnerzahlen, welche aufgrund der Volkszählung im Jahr 1987 fortgeschrieben wurden, kam es zu Rückfragen beim Bayerischen Gemeindetag.

Daneben spielt jedoch auch die Zahl der Hauptwohnsitze aufgrund der Eintragung im Melderegister mit Stand 31.12.2011 eine Rolle. Diese drei Zahlen sind voneinander zu unterscheiden. Die bisherige amtliche Einwohnerzahl basierend auf der Volkszählung im Jahr 1987 ist obsolet.

Mit Bekanntmachung von 19.08.2013 (Staatsanzeiger 34/2013, S. 1) hat das Bayerische Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung zwischenzeitlich die Einwohnerzahlen mit Stand zum 31.03.2013 fortgeschrieben. Die Fortschreibung erfolgte schon aufgrund der Zahlen des Zensus 2011, muss allerdings die Zahl ggf. im Rechtsmittelverfahren gegen den Feststellungsbescheid korrigiert werden, so wird die Korrektur im Rahmen der Fortschreibung berücksichtigt. Bei allen Regelungen, die auf die „vom Landesamt veröffentlichte Zahl“ abstellen, gilt jetzt die im Staatsanzeiger bekannt gemachte Zahl. Bei den Regelungen, die auf die „amtliche Einwohnerzahl“ abstellen, wird eine ggf. im Rechtsmittelverfahren korrigierte Zahl zu Grunde gelegt.

Bei den am 31.5.2013 veröffentlichten Zahlen und ihren Fortschreibungen handelt es sich um „statistische Zahlen“, also mithin um solche, die im Wesentlichen auf einer statistischen Erhebung beruhen. Es hat im Unterschied zur Volkszählung im Jahr 1987 keine vollständige Befragung der Bevölkerung stattgefunden. Die Kommunen haben Anfang Juni 2013 vom Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung ein Datenblatt mit Erläuterungen, insbesondere mit der Angabe von Über- und Untererfassungen erhalten.

Nunmehr haben sie bis zum 01.09.2013 Zeit, begründete Einwände gegen die bekannt gegebene Einwohnerzahl beim Bayerischen Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung vorzubringen. Ab Anfang Oktober 2013 werden vom Landesamt den Gemeinden und Städten per Postzustellungsurkunde die Feststellungsbescheide übermittelt, in deren Begründung auch auf eventuell vorgetragene Einwände eingegangen wird. Nach Aussagen des Landesamtes werden daher zunächst die Kommunen einen Bescheid erhalten, die innerhalb der Anhörungsfrist keine Einwände vorgetragen haben. Innerhalb der Rechtsbehelfsfrist von einem Monat besteht die Möglichkeit, gegen den Bescheid Klage zu erheben. Wird keine Klage erhoben, gelten die neuen Einwohnerzahlen als amtlich festgestellt.

Ausgangspunkt für die Ermittlung der neuen Einwohnerzahlen beim Zensus 2011 ist das sogenannte „konsolidierte Melderegister“. Dieses wurde vom Landesamt aus den von den Gemeinden und Städten übermittelten Melderegisterdaten mit Stand zum 09.05.2011 gebildet. Anschließend wurden verschiedene Prüfmaßnahmen und Korrekturen vorgenommen. Die wichtigste Korrekturmaßnahme war die Haushaltsstichprobe und die Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten (BKU). Die Verfahren zur Ermittlung der Einwohnerzahl waren unterschiedlich und zwar abhängig davon, ob es sich um Kommunen mit unter 10.000 oder über 10.000 Einwohnern handelte. Da auch das Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung aufgrund zahlreicher Rückfragen in der eingerichteten Hotline feststellte, dass die Vorgehensweise des Landesamtes weitgehend unbekannt war und auch das den Kommunen überlassene Datenblatt bei den Kommunen viele Fragen offen ließ, übersandte das Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung den Kommunen Anfang August detaillierte Erläuterungen zum Verfahren und zu den Datenblättern, welche die wesentlichen Fragen beantworten und auch im Internet unter folgendem Link zur Verfügung stehen:

https://www.statistik.bayern.de/statistik/zensus-ergebnisse/

Die bisherigen Recherchen des Bayerischen Gemeindetags haben folgendes Bild ergeben: Bei Gemeinden und Städten unter 10.000 Einwohnern gibt es zum Teil erhebliche Minderungen der Einwohnerzahlen im Vergleich der bisherigen amtlichen Einwohnerzahl zur neuen Einwohnerzahl basierend auf dem Zensus 2011. Vergleicht man allerdings die neue Einwohnerzahl zum 31.12.2011 mit der tatsächlich im Melderegister zum 31.12.2011 geführten Zahl der Hauptwohnsitze, ergeben sich bei den von uns überprüften Fällen – bis auf Einzelfälle mit besonderen Sachverhalten z.B. in Sonderbereichen – nur noch geringe Abweichungen. Dies dürfte ein Indiz dafür sein, dass die bei diesen Kommunen verwendete Methodik überwiegend zu korrekten Ergebnissen führt und die Melderegister weitgehend richtig sind. Anders stellt sich die Situation teilweise bei Gemeinden und Städten über 10.000 Einwohner dar. Bei zahlreichen Kommunen dieser Größenklasse ergeben sich sowohl im Vergleich der neuen Zensuszahlen zur bisherigen amtlichen Fortschreibung als auch im Vergleich der Zensuszahlen zum tatsächlichen Melderegisterstand größere Abweichungen. Eine Ursache scheint hier die zur Anwendung gelangte Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis und die Hochrechnung des Ergebnisses mittels eines Regressionsverfahrens auf die Gemeinde oder Stadt zu sein. Daher wird teilweise die Auffassung vertreten, dass das Regressionsverfahren an sich rechtlich angreifbar sei bzw. die Anwendung dieses Verfahrens lediglich auf Gemeinden und Städte mit über 10.000 Einwohnern dem Gleichbehandlungsgrundsatz widerspreche. Allerdings hat der Gesetzgeber mögliche statistische Ungenauigkeiten der Stichproben ausdrücklich in Kauf genommen und damit gerechnet, dass Erkenntnisse über die Erreichung avisierter Genauigkeitsziele erst nach Abschluss des Zensus gewonnen werden können.

Der Zensus 2011 hat nicht die Funktion der Kontrolle und der Korrektur der kommunalen Melderegister. Es ist zu beachten, dass für den Zensus 2011 – genauso wie bereits für die Volkszählung 1987 – das sogenannte Rückspielverbot ausnahmslos gilt. Das bedeutet, dass es nicht zulässig ist, Angaben der Befragten wie Name und Anschrift an Einwohnermeldeämter zurückzuspielen. Dies gilt auch für die Anschriften der Sonderbereiche. Mit diesem Rückspielverbot trägt das Gesetz der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Volkszählungsurteil vom 15.12.1983 Rechnung. Darin wurde eine Kombination der Volkszählung für statistische Zwecke mit einem Melderegisterabgleich als verfassungswidrig gewertet.

Selbstverständlich haben die Gemeinden und Städte das Recht, für sie nachteilige Zensusergebnisse anzufechten. Wir teilen allerdings aufgrund der vorangestellten Ausführungen die Auffassung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, dass – solange kein nachweislich aus der Zensussystematik resultierender Fehler vorliegt – Klagen gegen die Zensusergebnisse voraussichtlich wenig aussichtsreich sind.

Bayerischer Gemeindetag, Aktuelles v. 29.08.2013