Gesetzgebung

Bayerischer Städtetag: Bund muss Probleme vor dem Schicksalsjahr 2019 lösen – Maly: Wenn die Verkehrsadern nicht mehr fließen, droht ein Verkehrsinfarkt

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„In der öffentlichen Wahrnehmung scheinen sich die Koalitionsverhandlungen in Berlin zwischen Maut und Mindestlohn zu bewegen. Dabei stehen eigentlich weitaus drängendere Themen auf der Agenda“, sagt der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly:

„2019 ist ein Schicksalsjahr. So viel Pathos ist mit Blick auf die Staatsfinanzen angemessen: Egal, was mit der Klage des Freistaats Bayern gegen den Länderfinanzausgleich geschieht: 2019 wirkt das eingebaute Verfallsdatum des Länderfinanzausgleichs. 2019 läuft die Finanzierung des Solidarpakts aus: Die Verteilungssystematik muss überprüft werden und sollte sich nach Bedürftigkeit und nicht an der geographischen Lage orientieren. 2019 kommt die innerstaatliche Umsetzung des Fiskalpakts: Die Bundesländer müssen bis Ende 2019 ihre Haushalte ohne Netto-Neuverschuldung ausgleichen. Die Schuldenbremse muss ab 2019 wirken, dies wird sich auch zu Lasten kommunaler Haushalte auswirken. Und: Das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz endet 2019.“

Die Pflege der Infrastruktur von Straße und Schiene war über Jahre hinweg chronisch unterfinanziert – die Daehre-Kommission und die Bodewig-Kommission sehen den Finanzbedarf bundesweit bei jährlich über 7 Milliarden Euro, die Hälfte davon entfällt auf die kommunale Ebene.

Maly: „Eine Verlängerung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes über 2019 hinaus ist dringend nötig, weil niemand weiß, wie eine Großstadt 2020, 2021 oder 2022 überhaupt ein großes Nahverkehrsprojekt anpacken kann. Schon allein die Planungszeiten für Großprojekte beim Straßenbau, beim Bau von U-Bahnen, Straßenbahnlinien oder S-Bahnen haben einen enormen Vorlauf, und auch die Bauzeiten reichen über lange Zeiträume von Jahren. Die Kommunen brauchen Planungssicherheit über 2019 hinaus, ansonsten droht ein völliger Stillstand bei Großprojekten.“

Der Finanzbedarf für die kommunale Verkehrsinfrastruktur ist enorm. Daher fordert der Bayerische Städtetag eine Verlängerung der Bundesförderung über 2019 hinaus und eine Aufstockung von 1,33 auf 1,96 Milliarden Euro bundesweit jährlich für kommunalen Straßenbau und öffentlichen Nahverkehr.

Maly: „Die Sanierung von Bahnstrecken, Haltestellen, Tunnel, Brücken und Straßen ist aufwändig, teuer, lästig für Anlieger und Fahrer. Aber wir müssen das Problem angehen, denn wir leben schon zu lange von der Substanz und rutschen damit in immer gravierendere Probleme. Wenn die Verkehrsadern nicht mehr fließen, droht dem Land ein Verkehrsinfarkt. Die Kommunen brauchen eine dauerhafte Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur.“

Jenseits aller Kommissionen und Experten-Schätzungen fällt auch Laien auf, wenn die alte Eisenbahn-Stahlbrücke sanierungsbedürftig ist, wenn Straßenbrücken oder Tunnel marode sind. Fahrer klagen, wenn ihre Autos und Laster über Schlaglöcher rumpeln. Haltestellen, Gleisanlagen und Weichen von S-Bahnen, U-Bahnen und Trambahnen sind im Lauf der Jahrzehnte abgenutzt worden.

Maly: „Viele Teile der komplexen Verkehrsinfrastruktur sind in die Jahre gekommen. Dies belastet die individuelle Mobilität der Menschen und es hemmt den gesamten Wirtschaftsstandort. Die Verhandlungen zur Großen Koalition bieten eine ideale Gelegenheit, diese Kernaufgabe endlich gemeinsam mit Bund, Ländern und Kommunen anzupacken.“

Der europäische Kampf gegen die Staatsschuldenkrise trifft nicht nur die EU-Mitgliedstaaten. Auch die Kommunen bekommen die Auswirkungen des Fiskalpakts zu spüren. Während die deutsche Schuldenbremse auf Bund und Länder wirkt, sind die Kommunen beim Fiskalpakt bei der Berechnung des gesamtstaatlichen Defizits mit einbezogen.

Maly: „Somit reduzieren sich die Handlungsspielräume von Bund, Ländern und Kommunen. Sobald der Fiskalpakt im Jahr 2019 den Finanzministern der Bundesländer Schraubzwingen ansetzt, verlagert sich dieser Druck auch auf die Kommunen.“

Die innerstaatliche Umsetzung des Fiskalpakts erfolgt durch eine Verankerung einer Obergrenze für das gesamtstaatliche Defizit (Bund, Länder, Gemeinden, Sozialversicherung) von maximal 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Maly: „Der Fiskalpakt verlangt eine drastische Senkung der Neuverschuldung. Die Kommunen brauchen Spielraum und wollen ihre Finanzautonomie bewahren. Da die Kommunen mit im Boot sind, wenn es um die Berechnung des gesamtstaatlichen Defizits geht, müssen die Kommunen auch mit auf der Kommandobrücke stehen, wenn es um die Überwachung des gesamtstaatlichen Defizits geht.“

Bayerischer Städtetag, PM v. 08.11.2013