Gesetzgebung

StMJ: Bayerns Justizminister packt den Vollzug der Abschiebungshaft in Bayern an

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Bausback: „Auch wenn bayerische Praxis rechtmäßig ist, trotzdem Zeit zu handeln!“

Bayerns Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback hat heute in München bekannt gegeben, dass Abschiebungshaft in Bayern bis zu einer endgültigen Klärung der im Raum stehenden Rechtsfragen durch den Europäischen Gerichtshof in einer eigenen Anstalt und nicht mehr in abgetrennten Abteilungen der Justizvollzugsanstalten vollzogen wird:

„Wir räumen zur Zeit die unlängst generalsanierte Justizvollzugsanstalt Mühldorf am Inn, bauen sie entsprechend um und werden sie bis auf weiteres in Amtshilfe für das bayerische Innenministerium nur noch für die Abschiebungshaft nutzen. Damit werden ab Mitte Januar 2014 82 Haftplätze ausschließlich für Abschiebungsgefangene zur Verfügung stehen.“

Bausback weiter: „Wir werden dabei auch dafür sorgen, dass die Betroffenen in noch größerem Umfang als jetzt schon anders als andere Gefangene behandelt werden. Das betrifft Themen wie Aufschluss, Aufenthalt im Freien, Freizeitmöglichkeiten, Besuche oder private Telefonate.“

Bayerns Justizminister betont dabei: „Bayern ist nach wie vor – wie übrigens die überwiegende Mehrheit der Bundesländer und der Bund – der Auffassung, dass die bayerische Praxis des Abschiebungshaftvollzuges auch europarechtlich nicht zu beanstanden ist. Danach können Abschiebungsgefangene mit in den Justizvollzugsanstalten untergebracht werden, solange es in Bayern – wie in den meisten anderen Bundesländern auch – keine spezielle Einrichtung nur für Abschiebungsgefangene gibt. Was man dabei auch nicht aus dem Blick verlieren darf: Abschiebungshaft findet in eigenen und abgetrennten Abteilungen und mit anderer Behandlung als etwa bei Strafgefangenen statt. Und die Unterbringung mit in den Justizvollzugsanstalten hat auch Vorteile für die Betroffenen. So können sie auf die vorhandenen Strukturen wie etwa Ärzte, Psychologen oder Seelsorger zurückgreifen. Und sie können auch in einem Flächenstaat wie Bayern in relativer Nähe zu ihrem letzten Aufenthaltsort untergebracht werden – Stichwort Besuch von Angehörigen.“

„Aber: Ich nehme zur Kenntnis, dass manche Gerichte die zu Grunde liegenden Rechtsfragen inzwischen anders beurteilen“, so der Minister heute in München. „Deshalb sage ich: Auch wenn viel dafür spricht, dass die bayerische Praxis rechtmäßig ist. Es ist Zeit zu handeln!“

Hintergrund

Nach Art. 16 der europäischen Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG) und § 62a des deutschen Aufenthaltsgesetzes (AufenthG), der die Richtlinie in das nationale Recht umsetzt, kann Abschiebungshaft auch mit in Justizvollzugsanstalten vollzogen werden, wenn in einem Mitgliedstaat (so die deutsche Fassung der Richtlinie) bzw. im Land (so § 62a Abs. 1 Satz 2 AufenthG) keine speziellen Einrichtungen nur für Abschiebungsgefangene vorhanden sind. Die Mehrzahl der Bundesländer, darunter Bayern, bringt Abschiebungsgefangene deshalb mangels solcher spezieller Einrichtungen mit in Justizvollzugsanstalten unter. Die damit zusammenhängenden Rechtsfragen hat der Bundesgerichthof mit Beschluss vom 11. Juli 2013 dem Europäische Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt (Verfahren BGH V ZB 40/11 und V ZB 144/12). Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs steht noch aus. Dennoch haben einzelne Landgerichte den Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshof zum Anlass genommen, Haftanordnungen (bis zu einer Entscheidung des EuGH) einstweilen außer Vollzug zu setzen.

StMJ, PM v. 18.11.2013