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BayVGH: Gentechnikrecht – Beseitigungsanordnung für Maispflanzen rechtmäßig

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Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat mit Urteil vom 14. November 2013 entschieden, dass die Regierung von Oberbayern einen landwirtschaftlichen Betrieb zu Recht verpflichtet hat, angebaute Maispflanzen einer Saatgutpartie, in der in geringem Umfang gentechnisch veränderte Organismen entdeckt worden waren, durch Unterpflügen zu beseitigen sowie Restsaatgut nicht auszusäen und ebenfalls zu beseitigen.

Bei einer von mehreren Untersuchungen der betreffenden Saatgutpartie waren in geringem Umfang gentechnisch veränderte Organismen entdeckt worden. Diese entstammten einer gentechnisch veränderten Maislinie, die für den Anbau bzw. die Aussaat in der Europäischen Union nicht zugelassen ist. Daraufhin hatte die Regierung bei allen Landwirten, die die betreffende Saatgutpartie ausgesät hatten, die Beseitigung der daraus entstandenen Maispflanzen veranlasst. Das Verwaltungsgericht wies die Klage eines landwirtschaftlichen Betriebs auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beseitigungsanordnung ab. Der BayVGH hat nun die hiergegen eingelegte Berufung zurückgewiesen.

Nach Auffassung des BayVGH hat der klagende Betrieb ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beseitigungsanordnung, weil die hinreichend wahrscheinliche Gefahr besteht, dass ihm gegenüber künftig eine gleichartige Anordnung erlassen werden wird. Die Verunreinigung von konventionellem Maissaatgut mit geringen Mengen von gentechnisch verändertem Maissaatgut sei weiterhin möglich, weil gentechnisch verändertes Maissaatgut weiterhin hergestellt werde, außerhalb Europas weit verbreitet sei und Unachtsamkeiten beim Umgang hiermit nicht auszuschließen seien.

Das nationale Gentechnikrecht ermögliche es, die Beseitigung von Maispflanzen zu verlangen, die aus konventionellem Saatgut mit geringfügigen Verunreinigungen mit gentechnisch verändertem Saatgut hervorgegangen seien. Es bestünden bei der hier getesteten Saatgutpartie keine vernünftigen Zweifel an einer, wenn auch geringfügigen, Verunreinigung des konventionellen Maissaatguts mit gentechnisch verändertem Maissaatgut. Die lediglich entfernte theoretische Möglichkeit, dass die vorliegenden Analysenergebnisse unzutreffend sein könnten, reiche hierfür nicht aus. Insbesondere seien die Probenahme und die Probeanalyse nicht in einer Weise fehlerhaft gewesen, die sich auf das Ergebnis ausgewirkt haben könnte. Vernünftige Zweifel an einer Verunreinigung ergäben sich auch nicht daraus, dass weitere Beprobungen des betreffenden Saatguts keine derartigen Verunreinigungen gezeigt hätten.

Die Revision wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof nicht zugelassen. Dagegen kann Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eingelegt werden.

BayVGH, U. v. 14.11.2013, 22 BV 11.1307; PM v. 22.11.2013

Redaktionelle Anmerkung

Bei der in der PM angesprochenen vorinstanzlichen Entscheidung handelt es sich wohl um VG Augsburg, U. v. 29.03.2011, Au 1 K 10.937. Die Kammer hatte die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen: Hierbei ging es um die Frage, ob sich die unbewusste Aussaat von gentechnisch verändertem Saatgut (zumindest auch) als gentechnisches Arbeiten im Sinne der § 2 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 3 Nr. 2 GenTG verstehen lässt. Nur wenn das der Fall ist, ist vorliegend der Anwendungsbereich des Gentechnikgesetzes eröffnet, mithin die Regierung von Oberbayern, die die Beseitigungsanordnung erließ, sachlich und örtlich zuständig.

Nachtrag

Inzwischen hat der BayVGH den Volltext der Entscheidung veröffentlicht. Er hat die folgenden Leitsätze formuliert:

1. Werden sich die Verhältnisse zwar in tatsächlicher Hinsicht in Zukunft teilweise geändert haben, lässt die zuständige Behörde aber ihre Absicht erkennen, an ihrer bisherigen Rechtsauffassung festzuhalten und gleichartige Verwaltungsakte zu erlassen, kann es der Klägerseite unzumutbar sein und ihren Anspruch auf effektiven Rechtsschutz verletzen, sie auf eine erneute, ihr nachteilige Behördenentscheidung zu verweisen.

2. Vernünftige Zweifel an einer Verunreinigung von ausgesätem und nach der Aussaat vernichtetem konventionellem Maissaatgut mit gentechnisch verändertem Maissaatgut bestehen nicht schon dann, wenn sich lediglich entfernte theoretische Möglichkeiten aufzeigen lassen, dass die vorliegenden Analysenergebnisse unzutreffend sein könnten.