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Universität Würzburg: Strafrechtsprofessoren für liberalere Drogenpolitik

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Im US-Bundesstaat Colorado können Erwachsene seit Neuestem legal Marihuana und Haschisch kaufen. Eine ähnlich liberale Drogenpolitik für Deutschland strebt eine Initiative an, die bislang von 106 Strafrechtlern unterstützt wird – darunter sind auch zwei Würzburger Professoren.

Mal einen Joint rauchen, hin und wieder ein Haschplätzchen essen: Manche Menschen halten das für ein Vergnügen, das sich vom Trinken eines Biers nach Feierabend nicht unterscheidet. Andere sehen darin bereits den Weg in die Drogensucht, verbunden mit der Gefahr des sozialen Abstiegs und mit Schäden für die Gesundheit.

So wird seit Jahrzehnten darüber gestritten, ob Marihuana und andere Produkte aus der Cannabis-Pflanze legalisiert werden sollten. „Ja“, meint dazu eine Berufsgruppe, von der man das nicht auf den ersten Blick erwartet: deutsche Strafrechtsprofessoren.

Bislang haben 106 Strafrechtler eine Resolution unterzeichnet, die sich an die Abgeordneten des deutschen Bundestages wendet. Das Anliegen der Professoren: Das Parlament soll eine Kommission einrichten, um die repressive Drogenpolitik in Sachen Cannabis kritisch zu überprüfen.

„Restriktive Drogenpolitik schafft Probleme“

Die Resolution stützt sich dabei unter anderem auf Folgendes: Weltweit zeige sich, dass die strafrechtliche Bekämpfung von Drogennachfrage und -angebot wirkungslos sei:

„Prohibition soll den schädlichen Konsum bestimmter Drogen verhindern. Tatsächlich kann sie dieses Ziel nicht erreichen. Das zeigen alle wissenschaftlich relevanten Untersuchungen.“

Ganz im Gegenteil: Eine repressive Drogenpolitik führe erst zu Problemen. Durch den Schwarzmarkt entstehe eine globalisierte Schattenwirtschaft mit Folgekriminalität und destabilisierenden Auswirkungen auf ganze Volkswirtschaften. So werde zum Beispiel der Taliban-Terrorismus in und aus Afghanistan weitgehend über den illegalen Handel mit Haschisch und Heroin finanziert.

„Strafverfolgung hat negative Auswirkungen“

„Das strafrechtlich gestützte Cannabis-Verbot scheint in der Tat mehr zu schaden als zu nützen“, sagt Professor Eric Hilgendorf, Strafrechtler von der Universität Würzburg.

Er hat die Resolution ebenso unterzeichnet wie sein Kollege Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof und Honorarprofessor an der Würzburger Jura-Fakultät.

Die Drogenpolitik sei das Problem, nicht die Wirkung von Marihuana oder Haschisch. Dazu heißt es in der Resolution:

„Die überwiegende Zahl der Drogenkonsumenten lebt ein normales Leben. Selbst abhängige Konsumenten bleiben oftmals sozial integriert.“

Und was sagt die Resolution zu Menschen, bei denen der Drogenkonsum problematisch wird?

„Sie brauchen sicherlich Hilfe, aber keine Strafverfolgung.“

Denn letztere habe für alle Beteiligten nur negative Auswirkungen.

„Legalisierung führt nicht zu Exzessen“

Die Strafrechtler verweisen auch auf diverse „Quasi-Feldexperimente“ mit einer liberalisierten Zugänglichkeit oder Vergabe von bislang illegalen Drogen, etwa in Spanien, Portugal, den Niederlanden oder der Schweiz. Dort habe sich gezeigt, dass „die befürchtete Ausweitung des Drogenkonsums ausbleibt“.

Selbst in der bislang stark restriktiven Drogenpolitik der USA beginne sich das Klima zu verändern, wie das jüngste Beispiel des Bundesstaats Colorado zeigt. Stillschweigend habe die Regierung von Präsident Barack Obama einen Paradigmen-Wechsel vollzogen: vom „Krieg gegen die Drogen“ hin zu gesundheitspolitischen Strategien.

„Erfolg der Resolution schwer einzuschätzen“

Wie schätzt Eric Hilgendorf die Chance ein, dass die Resolution im Bundestag Gehör findet? „Schwer zu sagen“, meint er. Aber immerhin seien ja derzeit auch die USA dabei, ihre Drogenpolitik zu ändern:

„Der mexikanische Drogensumpf, der das ganze Land massiv schädigt, ist wesentlich auf die bisherige extrem restriktive amerikanische Drogenpolitik zurückzuführen.“

Spätestens wenn sich die Änderung in den USA bewährt, müsse auch Deutschland seine Politik überdenken.

„Kenne Cannabis nur aus der Fachliteratur“

Wer für die Freigabe von Cannabis eintritt, steht immer im Ruch, nicht ganz selbstlos zu handeln. US-Präsident Barack Obama hat zugegeben, dass er als Jugendlicher gekifft hat. Der frühere amerikanische Präsident Bill Clinton dagegen hat behauptet, zwar an einem Joint gezogen, den Rauch aber nicht inhaliert zu haben.

Und Professor Hilgendorf? Seine Antwort ist eindeutig:

„Bayerische Hochschullehrer kennen Cannabis, wenn überhaupt, dann nur aus der einschlägigen Fachliteratur. Und das gilt natürlich erst recht für Würzburger Jura-Professoren.“

Link: „Resolution deutscher Strafrechtsprofessorinnen und -professoren an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages“ (aus dem Jahre 2011)

Universität Würzburg, PM v. 21.01.2014