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Bayerischer Städtetag: Ausbau der Ganztagsangebote an Schulen

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„In den Ausbau von Ganztagsangeboten an Schulen ist Bewegung gekommen – das ist die gute Nachricht. Der Haken an der Sache ist allerdings, dass wir im Moment noch nicht die Ganztagsschule haben, die wir brauchen: sichere Betreuungszeiten auch in den Ferien, gutes pädagogisches Angebot, Vernetzung mit Vereinen und Verbänden vor Ort im Freizeitbereich“, sagt der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly:

„Die Städte fordern ein stärkeres Engagement des Staates beim Ausbau des Ganztagsangebots. Der Freistaat muss Ganztagsschulen personell und finanziell besser ausstatten. Und wir brauchen eine Harmonisierung bei Trägerschaft und Finanzierung von Betreuungsangeboten für Grundschüler. Die Zusammenarbeit von Schule und Betreuungsangeboten muss verbessert werden.“

Maly: „Die Gesellschaft wandelt sich schneller als das Schulwesen: Das Familienbild wandelt sich, die Berufstätigkeit beider Elternteile nimmt zu, die Zahl an Alleinerziehenden steigt, soziale Umbrüche schlagen durch. Die Kinder, die heute in der Krippe krabbeln, sind die Schüler, die in wenigen Jahren ein Ganztagsangebot an Schulen brauchen. Auf diese Entwicklungen muss das Schulwesen mit verbesserten Ganztagsangeboten reagieren.“

Die Staatsregierung verspricht den Ausbau eines bedarfsgerechten Ganztagsangebots für Schüler bis 14 Jahre. Ministerpräsident Horst Seehofer hat in seiner Regierungserklärung eine Ganztagsgarantie bis 2018 gegeben.

Maly: „Das Ziel der Staatsregierung ist zu begrüßen, weil Bayern bei der Ganztagsschule nachholen muss. Nun muss die Staatsregierung klären, wie sich die ehrgeizige Ganztagsgarantie in die Realität umsetzen lässt“.

Maly: „Derzeit ist die Ganztagsbetreuung verwirrend, weil vielfältige Betreuungsmöglichkeiten und Fördersysteme nebeneinander bestehen. Das Durcheinander mit einem Dutzend unterschiedlicher Angebote in Schulen und Horten muss harmonisiert und sinnvoll gegliedert werden. Wir brauchen einen Baukasten mit einigen wenigen tragfähigen Elementen, die sich passgenau vor Ort zusammenfügen lassen.“

Derzeit bestehen zum Beispiel Horte, Tagespflege, Großtagespflege, Halbtagsgrundschule mit Morgenbetreuung, Halbtagsgrundschule mit Mittagsbetreuung, offene Ganztagsschule und gebundene Ganztagsklassen. In Bayern liegt bei rein schulischen Ganztagsplätzen (Stand Schuljahr 2012/13) der Anteil lediglich bei 9,6 Prozent, der Bundesdurchschnitt lag 2011 bei 26 Prozent. Erst mit Hilfe der Mittagsbetreuung und den Betreuungsangeboten kommunaler oder kommunal finanzierter Kindertagesstätten und Horte erreicht der Freistaat einen Ganztagsanteil von 22,4 Prozent. Ein Großteil der Lasten für Ganztagsangebote liegt damit derzeit bei den Kommunen.

Maly: „Wir brauchen dringend eine Anpassung des Schulwesens: Dies gilt etwa für die Zeiten, in denen die Eltern arbeiten und die Kinder Betreuung benötigen, zum Beispiel in 13 Wochen Schulferienzeiten oder am Nachmittag.“

Der letzte Bildungsgipfel liegt fünf Jahre zurück: 2009 haben Staatsregierung und kommunale Spitzenverbände sich zusammen getan.

Maly: „Nun ist es Zeit, dass sich alle Beteiligten wieder an einen Tisch setzen, um die Ganztagsgarantie des Ministerpräsidenten voranzubringen. Es fehlt ein konkreter Ausbauplan. Ohne die Kommunen als Träger des Sachaufwands vor allem bei Schulbauten kann dies nicht geschehen: Das kostet alles Geld, wenn wir an den höheren Raumbedarf für Schülergruppen denken, an Mensen oder zusätzliche Räume für Lehrkräfte. Da muss der Freistaat mit einer höheren Förderung ansetzen. Und das Wichtigste sind die Lehrkräfte: Die Ganztagsschule lässt sich nur sinnvoll gestalten, wenn die Lehrerkollegien ausreichend ausgestattet sind. Das gilt auch für Betreuungsangebote der Jugendhilfe.“

Da der Anteil von Schülern mit Verhaltensauffälligkeiten, Drogenproblemen, Gewaltbereitschaft, familiären Problemen oder mit Migrationshintergrund steigt, müssen neue Möglichkeiten für das Zusammenwirken von Jugendamt und Schule geschaffen werden. Diese Kinder und Jugendlichen brauchen eine Chance, um sich wieder in den Schulbetrieb und in die Gesellschaft einzubinden.

Maly: „Wir benötigen neue Formen der Zusammenarbeit ,unter einem Dach‘: Es hilft den betroffenen Kindern, Jugendlichen, Lehrern und Sozialarbeitern wenig, wenn kommunale Jugendhilfe und staatliche Schule getrennt nebeneinander her arbeiten. Sinnvoller ist eine integrative Betreuung und Beschulung. Schule und Jugendhilfe müssen enger verzahnt werden.“

Bayerischer Städtetag, Pressemitteilung v. 10.04.2014