Gesetzgebung

Staatsregierung: Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes (BaySvVollzG) eingebracht

©pixelkorn - stock.adobe.com

Schild Sicherheitsverwahrung GefängnisDer Gesetzentwurf betrifft den Vollzug der Therapieunterbringung. Dieser ist bislang in Art. 28a Unterbringungsgesetz (UnterbrG) geregelt. Art. 28a UnterbrG tritt jedoch mit Ablauf des 31.07.2014 außer Kraft. Das BVerfG hat wiederholt festgestellt, dass der Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage bedarf, um die Rechte der Betroffenen nach vollzugspolitischer Zweckmäßigkeit einschränken zu können. Der Gesetzentwurf sieht daher vor, den Vollzug der Therapieunterbringung in einem neuen Teil des Bayerischen Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes (BaySvVollzG) zu regeln. Dies vor dem Hintergrund, dass die Therapieunterbringung im Regelfall in einer Einrichtung für Sicherungsverwahrung erfolgen wird und in diesen Fällen die Vorschriften des BaySvVollzG entsprechende Anwendung finden sollen. Zudem sprechen laut Gesetzentwurf neben den geringen Fallzahlen insbesondere auch die in beiden Fällen zugrundeliegende Therapieorientierung gegen eine formalistische Unterscheidung zwischen Einrichtungen für Sicherungsverwahrung einerseits und solchen nach dem UnterbrG andererseits.

Das BaySvVollzG soll daher um einen neuen Teil 21 ergänzt werden:

Teil 21 Besondere Vorschriften über den Vollzug der Therapieunterbringung

  • Art. 97 Ziele des Vollzugs
  • Art. 98 Gestaltung des Vollzugs
  • Art. 99 Unterrichtung
  • Art. 100 Zuständigkeit
  • Art. 101 Kostentragung

Anwendungsfälle

Der Anwendungsbereich der Therapieunterbringung ist gering und betrifft nur wenige Fälle.

Das liegt zum einen an der Entscheidung des BVerfG v. 11.07.2013 (verbundene Rechtssachen 2 BvR 2302/11 und 2 BvR 1279/12). Das Gericht hat § 1 Abs. 1 ThUG für mit dem GG vereinbar erklärt mit der Maßgabe, dass die Unterbringung oder deren Fortdauer nach dieser Vorschrift nur angeordnet werden darf, wenn eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten abzuleiten ist. Damit hat das BVerfG die Anordnungsvoraussetzungen für eine Unterbringung nach dem ThUG an die Voraussetzungen der nachträglichen Sicherungsverwahrung bzw. der Anordnung der Fortdauer der Sicherungsverwahrung in Altfällen nach Art. 316f Abs. 2 EGStGB angeglichen.

Darüber hinaus ist – bei im Wesentlichen gleichen Anordnungsvoraussetzungen – in § 1 Satz 1 ThUG die Subsidiarität der Therapieunterbringung gegenüber der Sicherungsverwahrung gesetzlich angeordnet.

Somit bleibt die Therapieunterbringung laut Gesetzentwurf in den Fällen möglich, in denen ein Straftäter aus der Sicherungsverwahrung aufgrund ihrer Erledigterklärung entlassen worden ist und sich nach der Entlassung Umstände ergeben, welche die strengen Anordnungsvoraussetzungen der Therapieunterbringung erfüllen. Der Gesetzentwurf nennt hier zwei Fallgruppen:

(1) Eine Sicherungsverwahrung wurde für erledigt erklärt, weil von dem Straftäter keine hochgradige Gefahr schwerster Straftaten ausgeht, sondern (nur) noch schwere Straftaten zu erwarten sind oder die Gefahr nur noch erhöht, aber nicht hochgradig ist. Sollte sich die Gefährlichkeit des Entlassenen danach jedoch hin zu einer hochgradigen Gefahr entwickeln und er dies durch ein entsprechendes Verhalten auch dokumentieren, wäre die Anordnung einer Therapieunterbringung weiterhin rechtlich möglich, wenn die übrigen Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 ThUG gegeben sind.

(2) Ebenso verhält es sich laut Gesetzentwurf in der Fallgruppe, dass eine Sicherungsverwahrung für erledigt erklärt worden ist und eine Therapieunterbringung des Straftäters nicht angeordnet werden konnte, weil es allein am Vorliegen einer psychischen Störung nach § 1 Abs. 1 ThUG gefehlt hat. Falls sich eine solche psychische Störung bei Vorliegen der übrigen Anordnungsvoraussetzungen nach der Entlassung aus der Sicherungsverwahrung entwickelt, wäre ebenfalls die Anordnung einer Therapieunterbringung weiterhin rechtlich möglich.

Diese Fallgestaltungen betreffen laut Gesetzentwurf allerdings lediglich Altfälle im Sinne von Art. 316f EGStGB; Straftäter, die nach dem neuen Recht der Sicherungsverwahrung verurteilt werden, erfüllen bereits die formalen Voraussetzungen für eine Therapieunterbringung nicht.

Wesentliche Regelungen

1. Umbenennung des Gesetzes

Das Gesetz über den Vollzug der Sicherungsverwahrung (Bayerisches Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz – BaySvVollzG) wird umbenannt in Gesetz über den Vollzug der Sicherungsverwahrung und der Therapieunterbringung (Bayerisches Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz – BaySvVollzG).

Kurzbezeichnung und Abkürzung des Gesetzes bleiben also gleich.

2. Vollzug der Therapieunterbringung

Die Zuständigkeit der Einrichtung für Sicherungsverwahrung wird um den Vollzug der Therapieunterbringung erweitert. Im Ausnahmefall wird die Therapieunterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus vollzogen, das die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 ThUG erfüllt.

Art. 1 BaySvVollzG wird hiernach wie folgt geändert (Änderungen im Gesetzestext durchgestrichen bzw. fett markiert):

Art. 1 Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung und den Vollzug der Therapieunterbringung.

(2) Die Sicherungsverwahrung wird und die Therapieunterbringung werden in Justizvollzugsanstalten nach Art. 165 des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes (BayStVollzG) in einer besonderen Abteilung (Einrichtung für Sicherungsverwahrung) vollzogen.

(3) Die Therapieunterbringung wird ausnahmsweise in einem psychiatrischen Krankenhaus vollzogen, das die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 des Therapieunterbringungsgesetzes (ThUG) erfüllt, soweit dies im Einzelfall wegen einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung medizinisch notwendig ist.

Schwerwiegende psychische Erkrankung (Abs. 3). Laut Gesetzentwurf stellt eine psychische Störung in Form einer dissozialen Persönlichkeitsstörung, auch kombiniert mit einem Substanzmissbrauch oder einer Substanzabhängigkeit, für sich allein keine schwerwiegende Erkrankung im Sinne des Abs. 3 dar. Damit werde der vom Bundesgesetzgeber vorausgesetzten Einzelfallprüfung für die Auswahl der „geeigneten Einrichtung“ im Sinne von § 2 ThUG Rechnung getragen. Ergänzend regelt Art. 98 Abs. 2 Nr. 1 BaySvVollzG-E die Möglichkeit einer nachträglichen Verlegung oder Überstellung einer untergebrachten Person in ein psychiatrisches Krankenhaus unter denselben strengen Voraussetzungen wie in Abs. 3.

Unterrichtungspflicht der Vollzugseinrichtung. Sobald der für den Vollzug zuständigen Einrichtung (Einrichtung für Sicherungsverwahrung oder psychiatrisches Krankenhaus) Erkenntnisse dafür vorliegen, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung nicht mehr gegeben sind, muss das nach § 4 ThUG zuständigen Gericht und die Aufsichtsbehörde hierüber informiert werden (Art. 99 BaySvVollzG-E).

3. Zuständigkeit (Art. 100 BaySvVollzG-E)

Abs. 1 entspricht Art. 28a Abs. 2 UnterbrG und bestimmt die Kreisverwaltungsbehörden als untere Verwaltungsbehörden im Sinn des Therapieunterbringungsgesetzes.

Abs. 2 regelt, dass für den Vollzug in den Fällen des Art. 1 Abs. 2 BaySvVollzG-E die Einrichtung für Sicherungsverwahrung zuständig ist. Damit wird gemäß Art. 84 Abs. 1 Satz 2 GG von § 11 Abs. 1 ThUG, wonach die untere Verwaltungsbehörde auch für den „Vollzug der Unterbringung“ zuständig sein soll, abgewichen. Angesichts der rechtssystematisch gebräuchlichen Unterscheidung zwischen Vollstreckung und Vollzug soll die untere Verwaltungsbehörde nur für die Zuführung des Betroffenen in die Einrichtung zuständig sein, so der Gesetzentwurf.

Abs. 3 regelt den Vollzug durch die Bezirke. Abs. 3 Satz 1 bestimmt, dass die Bezirke für den Vollzug der angeordneten Unterbringungen nach Art. 1 Abs. 3 BaySvVollzG-E auf Ersuchen der Kreisverwaltungsbehörde zuständig sind. Sie haben die Unterbringungen in geeigneten geschlossenen Einrichtungen im Sinn von § 2 ThUG zu vollziehen. Abs. 3 Satz 2 stellt ausdrücklich klar, dass der Vollzug der Unterbringungen auf Grundlage des Therapieunterbringungsgesetzes durch die Bezirke im übertragenen Aufgabenkreis wahrgenommen wird. Abs. 3 Satz 3 ermöglicht den Bezirken, den Vollzug der Unterbringungen auf eine GmbH zu übertragen. Abs. 3 Satz 4 bestimmt, dass für den Vollzug der Unterbringungen nach Art. 1 Abs. 3 BaySvVollzG-E örtlich grundsätzlich der Bezirk zuständig ist, in dessen Bereich die gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 ThUG zuständige Kreisverwaltungsbehörde ihren Sitz hat.

Die Abs. 4-6 regeln die Einweisung oder Verlegung in eine anderen psychiatrische Klinik, die Mitwirkung der Polizei sowie die Fachaufsicht des StMASFI über die Bezirke hinsichtlich der diesen durch Abs. 3 übertragenen Aufgaben.

4. Kostentragung (Art. 101 BaySvVollzG-E)

Hinsichtlich der Kostentragung ist folgende Regelung vorgesehen:

Art. 101 Kostentragung

(1) Die notwendigen Kosten der Therapieunterbringung trägt der Freistaat Bayern.

(2) 1Soweit Personen in Einrichtungen nach Art. 1 Abs. 3 untergebracht sind, werden den Bezirken die notwendigen Kosten nachträglich erstattet; die Kostenerstattung kann im Einvernehmen mit dem Bezirk auch in pauschalierter Form erfolgen. 2Für die Kosten der Besuchskommission gilt Art. 27 UnterbrG entsprechend.

Staatsregierung, Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes, LT-Drs. 17/2138 v. 27.05.2014 (PDF, 466 KB)

 Redaktioneller Hinweis: Der Klick auf ein Schlagwort (siehe unterhalb des Beitrags unter “Tagged With”) liefert Entwicklung und Stand zum jeweiligen Thema.

Ass. iur. Klaus Kohnen; Abbildung: (c) Tom-Hanisch – Fotolia.com

Net-Dokument BayRVR2014052702