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BayVGH: Ein berechtigtes Interesse zum Halten eines Kampfhundes lässt sich nicht aus allgemeinen tierschützerischen Belangen herleiten

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KampfhundDie Kläger begehrten die Haltung eines Kampfhundes (American Staffordshire Terrier), den sie aus dem Tierheim bei sich aufnehmen wollten. Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG knüpft die Erlaubnis hierzu an ein „berechtigtes Interesse“. Als ein solches suchten die Kläger Art. 20a GG fruchtbar zu machen: Das Staatsziel „Tierschutz“ gebiete eine entsprechende Auslegung von Art. 37 Abs. 2 Satz 1 LStVG, weil der Hund bei ihnen in der Familie besser und artgerechter untergebracht wäre als im Tierheim.

Hilfsweise machten die Kläger geltend, eine Erlaubnis sei nicht erforderlich: Zwar handele es sich beim American Staffordshire Terrier um einen Kampfhund gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit (sog. Kampfhundeverordnung) vom 10.07.1992. Diese sei jedoch als bewehrte Verordnung zu klassifizieren, die gemäß Art. 50 Abs. 2 Satz 2 LStVG nach 20 Jahren außer Kraft getreten sei.

Beidem trat der BayVGH – wie zuvor schon das VG München – entgegen.

Zur Begründung

1. Kampfhundeverordnung keine bewehrte Verordnung

Hierzu hat der BayVGH ausgeführt:

„[…] bewehrt sind nur Verordnungen, wenn Zuwiderhandlungen gegen sie selbst mit Strafe oder Geldbuße bedroht sind […]. Dies ist bei der Kampfhundeverordnung nicht der Fall, denn in der einzigen Regelung dieser Verordnung in § 1 (§ 2 betrifft nur das Inkrafttreten der Verordnung) werden lediglich die Hunderassen festgelegt, die als Kampfhunde gelten sowie die Rassen, bei denen die Eigenschaft als Kampfhunde widerlegt werden kann. In der Kampfhundeverordnung wird auch nicht die örtliche oder zeitliche Geltung eines bewehrten, im Gesetz geregelten Tatbestands unmittelbar näher bestimmt […]. Sie wird nicht schon dadurch zur strafbewehrten Verordnung, dass sie die Definition des Begriffs „Kampfhund“ enthält und für Kampfhunde in Art. 37 LStVG Regelungen getroffen werden sowie bei einem Verstoß gegen diese Regelungen in Art. 37 Abs. 5 LStVG auch die Verhängung einer Geldbuße vorgesehen ist.“

2. Berechtigtes Interesse und Art. 20a GG

Hier führt der BayVGH aus, dass die Kläger nicht substantiiert dargelegt hätten, inwiefern die Staatszielbestimmung des Art. 20a GG eine andere Auslegung von Art. 37 Abs. 2 Satz 1 LStVG erfordere als bisher und insbesondere die öffentliche Sicherheit hinter das Tierschutzinteresse zurücktreten müsse.

Für ein berechtigtes Interesse sei im Hinblick auf die von gefährlichen Hunden ausgehenden Gefahren eine restriktive Auslegung der Vorschrift geboten. So reiche es zum Nachweis des berechtigten Interesses nicht aus, dass der im Tierheim untergebrachte Hund an die Kläger vermittelt werden soll, sondern es müsse ein berechtigtes Interesse im Einzelfall im Hinblick auf eine konkrete Hund-Halter-Situation festgestellt werden. Die Kläger hingegen brächten lediglich vor, dass der Hund bei ihnen in der Familie besser und artgerechter untergebracht wäre als im Tierheim.

3. Orientierungssätze

Folgende Orientierungssätze lassen sich formulieren:

1. Bei der Kampfhundeverordnung aus dem Jahre 1992, die die Hunderassen festlegt, die als Kampfhunde gelten bzw. bei denen die Kampfhundeigenschaft widerlegt werden kann, handelt es sich nicht um eine bewehrte Verordnung im Sinne von Art. 50 Abs. 2 LStVG. Die Kampfhundeverordnung wird nicht dadurch selbst zur bewehrten Verordnung, dass – anknüpfend an die Definition des Kampfhundes – in Art. 37 LStVG bewehrte Regelungen getroffen bzw. ermöglicht werden.

2. Ein berechtigtes Interesse im Sinn des Art. 37 Abs. 2 Satz 1 LStVG kann nur im Einzelfall im Hinblick auf eine konkrete Hund-Halter-Situation vorliegen. Allgemeine tierschützerische Belange – Herausholen eines Kampfhundes aus einem Tierheim – begründen für sich gesehen kein berechtigtes Interesse.

Orientierungssätze: Landesanwaltschaft Bayern

BayVGH, B. v. 02.06.2014, 10 ZB 12.2320

Ass. iur. Klaus Kohnen; Abbildung: (c) Kathriba – Fotolia.com

Net-Dokument BayRVR2014060201