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Landtag: Feierstunde zur Ehrung von vier „Gerechten unter den Völkern“ anlässlich einer Ausstellungseröffnung im Landtag

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Barbara Stamm: „Menschen, die dem Nazi-Terror getrotzt haben, sind uns Vorbild und Mahnung“

Am Dienstag, 24. Juni eröffnet Landtagspräsidentin Barbara Stamm um 12.30 Uhr im Senatssaal des Maximilianeums die Ausstellung „BESA: Ein Ehrenkodex – Die Rettung von Juden durch Albaner zur Zeit des Holocaust“. Die Ausstellung, die von der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem zusammengestellt wurde, zeigt, wie einfache albanische Familien im Zweiten Weltkrieg Juden halfen und vor der Vernichtung retteten. Im Unterschied zu fast allen anderen europäischen Staaten im deutschen Einflussgebiet konnten in Albanien nahezu alle jüdischen Flüchtlinge dem Holocaust entgehen. In der Ausstellung stehen jene im Mittelpunkt, die den Mut hatten, das Richtige zu tun – und dabei ihr eigenes Leben riskierten. In eindrucksvollen Porträts werden die Geschichten der Retter und der Familienangehörigen erzählt. Sie alle handelten nach dem traditionellen Wert der „Besa“, der Pflicht seine Gäste zu schützen.

Anlässlich der Zusammenarbeit mit Yad Vashem und der Botschaft des Staates Israel in Berlin werden in einer Feierstunde im Landtag an diesem Tag auch vier „Gerechte unter den Völkern“ aus Bayern geehrt. Menschen, die trotz Todesgefahr und allgegenwärtiger Repression ihre Mitmenschlichkeit bewahrten und Verfolgten des Nazi-Regimes halfen. Seit dem Gründungsjahr 1953 bewahrt Yad Vashem als lebendiges Denkmal des jüdischen Volkes für den Holocaust die Erinnerung an die Vergangenheit und vermittelt ihre Bedeutung an kommende Generationen. Die Erinnerungsstätte ehrt seit mehr als 50 Jahren jene Menschen, die während des Zweiten Weltkrieges Juden retteten mit dem Ehrentitel „Gerechte/r unter den Völkern“. Die „Gerechten unter den Völkern“ erhalten von Yad Vashem eine Ehrenurkunde und eine Medaille, die der Generalkonsul des Staates Israel, Dr. Dan Shaham, in der Feierstunde stellvertretend an die Angehörigen der Geehrten überreichen wird.

Drei bayerische Schulen – die Mittelschule Landau an der Isar, die Friedrich-Rückert-Volksschule Stadtlauringen und die Mittelschule Fromundstraße München – haben, unterstützt durch die Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, die Ausstellung um eigene Beiträge ergänzt: Auch in ihrem regionalen Umfeld gab es mutige Menschen, die verfolgten Juden geholfen haben. Die Schülerinnen und Schüler haben die Geschichten von drei bayerischen „Gerechten unter den Völkern“ als Vorbilder für eigenes Denken und Handeln entdeckt. Gleichzeitig wurde Ihnen bei den Recherchen bewusst, dass diese Beispiele große Ausnahmen geblieben sind. Nur sehr wenige bayerische Retter wurden bislang von Yad Vashem mit dem Titel „Gerechte unter den Völkern“ ausgezeichnet.

Landtagspräsidentin Barbara Stamm würdigt die Retter jüdischer Mitbürger als große Vorbilder:

„Alle Menschen, die dem Nazi-Terror getrotzt haben, sind uns Vorbild und Mahnung. Sie stehen für das Gute in einer Zeit, in der überall das Böse herrschte. Ihre Leistung kann man nicht hoch genug schätzen: Sie haben sich gegen alle anderen gestellt und das als falsch erkannt, was für viele andere Alltag war, der nicht hinterfragt wurde. Dass es in all diesem Unrecht Gerechte gab, ist ein großer Trost. Und gleichzeitig sind die ‚Gerechten unter den Völkern‘ ein Stachel im Fleisch, denn sie zeigen uns, dass es eben doch möglich war, sich anders zu verhalten, als es die Mehrheit getan hat.“

Die Rettungsgeschichten der Ausgezeichneten:

Ehrung von Stefan Steinbacher und seiner Mutter Therese

Stefan Steinbacher und seine Mutter Therese versteckten ab Januar 1945 auf ihrem sehr kleinen Bauernhof in Kruchenhausen im Bezirk Rosenheim die verfolgte Jüdin Ilse Gerweck. Ihre beiden Töchter Barbara und Monika kamen in Verstecken in der Nähe unter. Die drei Untergetauchten wurden von ihren Helfern bis zur Befreiung durch die US-Armee im Mai 1945 versteckt und mit allem Lebensnotwendigen versorgt. Nur dank der Hilfe der Familie Steinbacher überlebten Ilse Gerweck und ihre Töchter den Holocaust. Beide Töchter und ihre Familien, die zum Teil in Israel leben, werden an der Zeremonie am 24. Juni 2014 teilnehmen.

Ehrung des Ehepaars Alois und Maria Rauch

Als sie im April 1943 ihren Deportationsbefehl bekam, wandte sich die Jüdin Elfriede Seitz in ihrer Not an ihre Bekannten Alois und Maria Rauch in Grucking. Das Ehepaar Rauch nahm die Verfolgte sofort auf ihrem Hof auf. Zwei Jahre lang, bis zur Befreiung im Mai 1945, versorgte und versteckte Familie Rauch Elfriede Seitz und rettete ihr somit das Leben. Die Tochter der Geehrten war damals 13 Jahre alt und erinnert sich heute noch gut daran, dass ihre Eltern nicht zögerten zu helfen, obwohl ihnen bewusst war, dass sie sich und ihre Familie dadurch in große Gefahr brachten. Die Tochter von Alois und Maria Rauch wird an der Feierstunde zu Ehren ihrer Eltern am 24. Juni 2014 teilnehmen.

Programmablauf Senatssaal:

Begrüßung durch Landtagspräsidentin Barbara Stamm

Grußworte

  • Karl Freller, Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten
  • Dr. h.c. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern

Einführung in die Ausstellung

  • Arik Rav-On, Direktor für die Schweiz und die deutschsprachigen Länder, Yad Vashem

Laudationes für die „Gerechten unter den Völkern“

  • Sandra Witte, Botschaft des Staates Israel, Berlin

Posthume Überreichung der Yad Vashem-Medaillen und Urkunden für Alois und Maria Rauch, Stefan und Therese Steinbacher durch Dr. Dan Shaham, Generalkonsul des Staates Israel an Familienangehörige.

Schlusswort

  • Landtagspräsidentin Barbara Stamm

Musikalische Begleitung

  • NoTimes, Jazzband aus Schülern und Lehrern des Günter-Stöhr-Gymnasiums Icking (St. Anna-Schulverbund)

anschließend im Kreuzgang des Landtags Vorstellung der Schülerprojekte „Bayerische Gerechte unter den Völkern“ durch die beteiligten Schulen.

Moderierter Dialog mit Schülerinnen und Schüler der drei Projektgruppen. Moderation: Werner Karg, Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, München.

Schulprojekte:

  • Gerechter: Karl Schörghofer (*1879 †1962), Vorstellung durch die Mittelschule Fromundstraße München. Ansprechpartner sind Petra Sacher, Schulleiterin, und Melanie Müller, Lehrerin, sowie ca. 20 Schülerinnen und Schüler.
  • Gerechte: Anastasia (*1899 †1991) und Severin (*1887 †1949) Gerschütz, Vorstellung durch die Friedrich-Rückert-Volksschule (Grund- und Mittelschule) Stadtlauringen (Landkreis Schweinfurt). Ansprechpartner: Susanne Kolb, Schulleiterin, und Kristin Ringel, Lehrerin, sowie ca. 20 Schülerinnen und Schüler.
  • Gerechte: Maria (*1896 †1978) und Josef (*1887 †1949) Dinzinger, Vorstellung durch die Mittelschule Landau an der Isar. Ansprechpartner: Rudi Kratschmer, Schulleiter, und Rainer Scholz, Lehrer, sowie 19 Schülerinnen und Schüler.

Steinerner Saal:

Informationsstände der drei bayerischen Partnerschaftsschulen mit Yad Vashem:

  • Anne-Frank-Gymnasium Erding
  • Katharinengymnasium Ingolstadt
  • Melanchthon-Gymnasium Nürnberg

Bayerischer Landtag, Pressemitteilung v. 18.06.2014 (ap)