Gesetzgebung

Bayerischer Gemeindetag: Erweiterung des Straftatbestands der Abgeordnetenbestechung nach § 108 e StGB – Viele Fragen offen

©pixelkorn - stock.adobe.com

Zum 1. September 2014 tritt die Erweiterung des Straftatbestands der Abgeordnetenbestechung nach § 108 e StGB in Kraft. Betroffen hiervon sind rund 34.000 Mandatsträgerinnen und Mandatsträger in Gemeinde- und Stadträten, Kreistagen und Bezirkstagen. Das Verhalten eines kommunalen Mandatsträgers/einer kommunalen Mandatsträgerin erfüllt dann den Straftatbestand des § 108 e StGB, wenn dieser/diese einen ungerechtfertigten Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er/sie bei der Wahrnehmung seines/ihres Mandats eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornimmt oder unterlässt. Die Strafbarkeit setzt eine konkrete Unrechtsvereinbarung voraus. Nach der Begründung des Gesetzes bedeutet dies, dass der Vorteil als konkrete Gegenleistung dafür gewährt werden muss, dass der Mandatsträger/die Mandatsträgerin im Auftrag oder auf Weisung des Vorteilgebers handelt oder hierzu gerade durch den unberechtigten Vorteil verleitet wird.

Dabei stellen sich aber verschiedene Fragen, gerade im Hinblick auf die Auswirkungen für die Mandatsträgerinnen und Mandatsträger in kommunalen Gebietskörperschaften. Welches konkrete Verhalten wird künftig unter Strafe stehen? Was bedeuten die Besonderheiten des Tatbestands im Vergleich zu den übrigen Regelungen des Deutschen Korruptionsstrafrechts für die kommunale Praxis? Wie kann Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern der kommunalen Ebene eine Orientierungshilfe im Umgang mit den neuen § 108 e StGB gegeben werden? Zur Klärung dieser Fragen haben sich die Kommunalen Spitzenverbände in Bayern an das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr, mit dem Ziel gewandt, Klarheit und einen Orientierungsrahmen für die kommunalen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger zu erhalten. Sobald uns hierzu eine Stellungnahme des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vorliegt, werden wir unsere Mitglieder zeitnah hierrüber informieren.

Bayerischer Gemeindetag, Aktuelles v. 22.08.2014

Redaktionelle Anmerkung

Die derzeitige Fassung des § 108 e StGB lautet:

§ 108 e Abgeordnetenbestechung
(1) Wer es unternimmt, für eine Wahl oder Abstimmung im Europäischen Parlament oder in einer Volksvertretung des Bundes, der Länder, Gemeinden oder Gemeindeverbände eine Stimme zu kaufen oder zu verkaufen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wegen einer Straftat nach Absatz 1 kann das Gericht die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, und das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen.

Neben einigen anderen Vorschriften wurde auch § 108 e StGB durch das Achtundvierzigste Strafrechtsänderungsgesetz – Erweiterung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung v. 23.04.2014 (BGBl I S. 410) geändert und gilt somit ab dem 1. September 2014 in folgender Fassung:

§ 108 e Bestechung und Bestechlichkeit von Mandatsträgern
(1) Wer als Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder einen ungerechtfertigten Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer einem Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder einen ungerechtfertigten Vorteil für dieses Mitglied oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass es bei Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse.
(3) Den in den Absätzen 1 und 2 genannten Mitgliedern gleich stehen Mitglieder
1. einer Volksvertretung einer kommunalen Gebietskörperschaft,
2. eines in unmittelbarer und allgemeiner Wahl gewählten Gremiums einer für ein Teilgebiet eines Landes oder einer kommunalen Gebietskörperschaft gebildeten Verwaltungseinheit,
3. der Bundesversammlung,
4. des Europäischen Parlaments,
5. einer parlamentarischen Versammlung einer internationalen Organisation und
6. eines Gesetzgebungsorgans eines ausländischen Staates.
(4) Ein ungerechtfertigter Vorteil liegt insbesondere nicht vor, wenn die Annahme des Vorteils im Einklang mit den für die Rechtsstellung des Mitglieds maßgeblichen Vorschriften steht. Keinen ungerechtfertigten Vorteil stellen dar
1. ein politisches Mandat oder eine politische Funktion sowie
2. eine nach dem Parteiengesetz oder entsprechenden Gesetzen zulässige Spende.
(5) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, und das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen.

Einen ersten Anhaltspunkt zur Bedeutung der Gesetzesänderungen und zur Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale mag die Gesetzesbegründung liefern (PDF, 193 KB). Zu beachten ist dabei jedoch, dass sich diese stets nur auf den Gesetzentwurf in seiner ursprünglichen Fassung bezieht, partiell also überholt sein mag, wenn der Gesetzentwurf im Laufe des parlamentarischen Verfahrens geändert wurde. Weitere Informationen zum Gesetzgebungsverfahren, z.B. zur Beschlussempfehlung der Ausschüsse, sind über das DIP des Deutschen Bundestages abrufbar (Suche mit Dokumentennummer: 18/476).