Aktuelles

Bayerischer Bezirketag: Demenz stellt auch Bezirke vor Herausforderungen

©pixelkorn - stock.adobe.com

Sie verlieren „nach und nach ihr Leben“

Politik und Medien verkünden es seit Jahren mit Nachdruck: Die Gesellschaft werde immer älter und die Menschen blieben dabei dank einer modernen Hochleistungsmedizin auch gesünder. Dass die Überalterung voranschreitet, ist unbestritten. Ob aber der Einzelne im Alter auch tatsächlich auch gesünder ist als in früheren Jahrzehnten, darf zumindest stark bezweifelt werden. Denn allein ein Blick auf die dramatisch wachsende Zahl von Menschen mit Demenzerkrankungen zeigt, dass ein höheres Alter keineswegs zwangsläufig von einer stabilen Gesundheit begleitet ist.

Mehr als 200.000 Menschen erkranken in Deutschland jedes Jahr an Alzheimer. Allein in München leben derzeit rund 12.000 Menschen im Alter über 65 Jahren mit dieser Erkrankung, die in ihren Symptomen bestenfalls gemildert und für eine Zeit lang behandelbar, nicht aber heilbar ist. In Bayern liegt diese Quote bereits bei 180.000 Menschen, Tendenz unaufhörlich steigend. Wurde etwa vor 30 Jahren im Freistaat ein Mädchen geboren, hatte dies eine Lebenserwartung von etwa 78,7 Jahren. Bei Buben lag diese Zahl bei 72,3 Jahren. Heute werden Frauen durchschnittlich 83,1 Jahre und Männer 78,3 Jahre alt. Die Folgen liegen auf der Hand: Die Zahl der Demenzerkrankungen nimmt zu.

Alzheimer, erklärte unlängst der renommierte Mediziner Professor Dr. Alfred Lindner in einem Interview, habe viele Entwicklungsstufen. Zunächst nehme die Gedächtnisleistung nach und nach ab. Die räumliche Orientierung werde weniger, anspruchsvollere Alltagstätigkeiten klappten zunehmend weniger. Danach könne es zu Wortfindungsstörungen, Angstzuständen und Depressionen kommen. Im weiteren Verlauf verlieren die Patienten dann, wie Lindner es betonte, „ihr Leben“. Freunde und Verwandte würden nicht mehr wiedererkannte, es komme zu Wut- und Gewaltausbrüchen.

Mittelfrankens Bezirkstagspräsidenten Richard Bartsch, der seit vielen Jahren im Bereich der Geriatrie politisch engagiert ist, mahnt auch die Bezirke, sich der dringlichen Herausforderung der Demenzfallzahlen weiterhin mit aller Kraft anzunehmen. Es werde eine gigantische Aufgabe sein, nicht nur eine hohe Zahl zusätzlicher Pflegeplätze vorzuhalten, sondern auch geschultes und motiviertes Fachpersonal in diesen Bereich zu finden.

Auch Bezirketagspräsident Mederer betonte erst kürzlich wieder, dass in der Altenpflege mit all ihren verschiedenen Aufgaben künftig ein hoher Bedarf an neuen Weichenstellungen vonnöten sei. Altenpflege, so Mederer, müsse einen ganz neuen Stellenwert erhalten. Dabei gelte es, das Ansehen des Berufes „Altenpfleger“ deutlich zu verbessern. Dies werde man nicht nur, aber vor allem auch über eine bessere Bezahlung der Fachkräfte erreichen können.

Die Bezirke werden sich diesem Auftrag also verstärkt stellen müssen. Denn sie sind es doch, die sich als Sachwalter der Schwächsten verstehen – und dazu gehören ganz sicher vor allem auch jene, die durch eine Demenzerkrankung „ihr Leben nach und nach verlieren“.

Bayerischer Bezirketag, Pressemitteilung v. 02.10.2014 (Ulrich Lechleitner)