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Bayerischer Bezirketag: „Wegducken und warten ist nicht mein Verständnis von Politik“

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Wer neue Ziele hat, muss auch neue Wege gehen. Deshalb nutze ich heute die Gelegenheit, mich erstmals als Präsident des Bayerischen Bezirketages in der Form eines Leitartikels zu aktuellen Themen unseres Verbandes zu äußern. Der Leitartikel als Chance, Klartext zu reden. Diese Chance will ich nutzen. Ab sofort wird also nicht nur unserem geschätzten Autor, Hannes Burger, die Gelegenheit gegeben, weiterhin unterschiedliche Themen und Sachverhalte in seiner „Kolumne“ zu erläutern, sondern es werden im steten Wechsel auch die anderen Bezirkstagspräsidenten – dann in der Form eines Kommentars – zu Wort kommen.

Dabei bietet der Leitartikel die Chance, deutlich unsere Anliegen und Forderungen einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln. Die bayerischen Bezirke und der Bezirketag haben dabei allen Grund, selbstbewusst ihre Positionen zu den verschiedenen Aufgaben, die uns gestellt sind, zu vertreten.

Als ich im Dezember des vergangenen Jahres zum neuen Präsidenten des Bayerischen Bezirketags gewählt wurde, habe ich Wert darauf gelegt, klarzustellen, dass wir in Zukunft noch stärker als bisher uns auf Augenhöhe mit den anderen kommunalen Spitzenverbänden sehen.

Die Bezirke haben im kommunalpolitischen Diskurs etwas zu sagen, und wir werden davon auch Gebrauch machen! Ob in Fragen der künftigen Gestaltung der Hilfe zur Pflege, dem weiteren Vorgehen bei der Neuregelung des Maßregelvollzugsgesetzes, des Unterbringungsgesetzes in der Psychiatrie, oder allen Herausforderungen, die uns durch die Inklusion gestellt sind – überall werden wir unsere Haltung ebenso unmissverständlich, wie gut begründet nach außen tragen.

Noch in diesem Jahr wird die Reform des Unterbringungsgesetzes in der Psychiatrie sowie die Reform des Maßregelvollzugsgesetzes weiter vorangebracht werden. Dabei appelliere ich nochmals mit Nachdruck an die Bayerische Staatsregierung, vor allem im Blick auf die Forensik unsere Forderungen in einem neuen Gesetz einzubringen.

Schuldunfähige Täter dürfen künftig nur dann im Maßregelvollzug untergebracht werden, wenn von ihnen eine erhebliche Gefahr für Leib oder Seele ausgeht, oder wenn diese durch ihr Verhalten schweren wirtschaftlichen Schaden anrichten. Auch die Begrenzung einer Unterbringung von Patienten auf zunächst maximal sechs Jahre begrüße ich mit Nachdruck. Zudem müssen Patienten vor der Entscheidung über eine Verlängerung ihrer Unterbringung mündlich angehört werden. Das schafft mehr Transparenz, die wir gerade in der Forensik dringend benötigen.

Ein wichtiges Anliegen ist mir auch die Reform der Pflege. Hier sage ich nochmals, dass die Ankündigung der Bundesregierung, die Pflegesachleistungen im kommenden Jahr um vier Prozent zu erhöhen, völlig unzureichend ist. Denn diese Anhebung deckt nicht im Mindesten die kommenden Kostensteigerungen. Zudem brauchen wir so schnell wie möglich auch eine neue Einteilung und Ausrichtung der Pflegestufen, insbesondere für die ständig steigenden Fallzahlen bei den Demenz-Kranken. All das muss so zügig wie möglich kommen, denn gerade in der Pflege tickt eine gesellschafts- und gesundheitspolitische Zeitbombe.

Und schließlich sage ich auch ein Wort zur Offenen Behindertenarbeit (OBA). Sie ist ein wichtiger Baustein für die Inklusion. Früher gaben die zuständigen Städte und Landkreise für die OBA vier Millionen Euro pro Jahr aus. Inzwischen investieren die Bezirke bereits 15 Millionen Euro jährlich, Tendenz steigend. Damit gelang uns ein flächendeckendes Angebot an OBA-Diensten, auf das wir aus guten Gründen stolz sein können. So wird die OBA im besten Sinne des Wortes zum Motor der Inklusion, denn sie dient im ambulanten Bereich als zentrale Anlaufstelle für Menschen mit Behinderungen und deren Angehörigen in den Fragen des Wohnens, des Arbeitens und der Freizeitgestaltung. Wichtig ist mir auch, dass wir hier eng und gut mit der Wohlfahrtspflege zusammenarbeiten, was den Erfolg unserer Bemühungen verstärkt.

Wir haben also eine Vielzahl von Entscheidungen vor uns. Und ich werde mich nicht scheuen, in für uns wichtigen Fragen auch gegenüber der Staatsregierung und gegenüber den anderen Kommunalen Spitzenverbänden Klartext zu reden. Wegducken und nur zu warten, bis andere alles entscheiden, das ist nicht mein Verständnis von Politik. Wer Erfolg will, braucht Standfestigkeit in der Sache und Selbstbewusstsein. Packen wir es also gemeinsam an.

Josef Mederer, Präsident des Bayerischen Bezirketag

Bayerischer Bezirketag, Pressemitteilung v. 02.10.2014