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Bayerischer Landkreistag: Landkreise unterstützen den Freistaat nach Kräften beim Flüchtlingsansturm

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Bernreiter fordert gleichzeitig: „Wenn wir diese staatliche Aufgabe erledigen, dürfen wir nicht auf den Kosten sitzen bleiben!“

Die bayerischen Landkreise erklären ihre Bereitschaft, den Freistaat Bayern beim derzeitigen Flüchtlingsansturm nach besten Kräften zu unterstützen,“ so stimmte der Präsident des Bayerischen Landkreistags, der Deggendorfer Landrat Christian Bernreiter, seine bayerischen Landrätekolleginnen und -kollegen auf die Landrätetagung in Rain, Landkreis Donau-Ries (22./23. Oktober 2014) ein.

Die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen ist eine besonders herausfordernde Aufgabe, der sich die Gesamtgesellschaft nicht entziehen darf. Alle 71 Landkreise erarbeiten für den Freistaat Bayern Notfallkonzepte, um den täglichen Ansturm auf die Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge in München und Zirndorf zu bewältigen.

Dafür stellen wir dem Staat unsere vielfältigen praktischen Erfahrungen aus dem Katastrophenmanagement zur Verfügung. In jedem Landratsamt bündeln die Mitarbeiter ressortübergreifend ihre Kompetenzen. Stellvertretend für alle Landräte bedanke ich mich bereits im Vorfeld für dieses außerordentliche Engagement. Meine besondere Wertschätzung gilt vor allem auch unseren Ehrenamtlichen in den Landkreisen, die mit ihrem selbstlosen und tatkräftigen Einsatz einen wesentlichen Beitrag für das menschenwürdige Ankommen von Flüchtlingen in den Landkreisen leisten“, führte Bernreiter weiter aus.

Der Präsident des Bayerischen Landkreistags stellte gegenüber dem anwesenden Finanzminister Söder unmissverständlich klar, dass der Staat zu seiner Verantwortung stehen muss und forderte ausreichende finanzielle Mittel zur eigenen Bewirtschaftung für die Landratsämter.

Wenn wir diese staatliche Aufgabe erledigen, dürfen wir nicht auf den Kosten sitzen bleiben!“

Staatsminister Söder sicherte daraufhin für seinen Zuständigkeitsbereich der Finanzen „volle Rückendeckung“ zu.

Die auf der Landrätetagung beschlossene „Resolution des Bayerischen Landkreistags zur Unterbringung von Flüchtlingen“ (Anlage) nimmt aber nicht nur kurzfristige Forderungen für die Asylpolitik in den Blick: Eine bundesweite Verteilungsregelung und Kostentragung ist bei der Aufnahme minderjähriger Flüchtlinge unerlässlich. Auch auf EU-Ebene ist eine neue EU-Flüchtlingsstrategie längst überfällig.

Bernreiter appellierte zum Schluss: „Wir müssen die Flüchtlingsbewegungen endlich als dauerhafte Herausforderung des Staates begreifen, damit vom Modus der Krisenbewältigung bald wieder auf gestaltende Maßnahmen gewechselt werden kann. Erst dann liegt in den Wanderungsbewegungen auch eine Chance für unsere Gesellschaft.“

Bayerischer Landkreistag, Pressemitteilung v. 23.10.2014

Anlage

Forderungen des Bayerischen Landkreistags zur Unterbringung von Flüchtlingen

beschlossen auf der Landrätetagung am 22./23. Oktober 2014 in Rain

Der Zustrom von erwachsenen Asylbewerbern wie auch von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen verstärkt sich seit Monaten zusehends. Das ist eine besondere Herausforderung für alle Beteiligten gerade mit Blick auf den bevorstehenden Winter. Der Bayerische Landkreistag hat bereits in den vergangenen Jahren notwendige Maßnahmen eingefordert, um eine Zuspitzung der Situation zu vermeiden. Die Landräte sind weiterhin bereit, ihre Erfahrungen und Kompetenzen bei der Krisenbewältigung unterstützend einzubringen, insbesondere Konzepte zur notfallmäßigen Unterbringung von Flüchtlingen aufzustellen.

Mit Blick auf die Zuständigkeit des Freistaates zur Unterbringung und Betreuung von Asylbewerbern fordern die bayerischen Landräte als Sofortmaßnahmen:

  1. Bereitstellung aller verfügbaren Liegenschaften von Bund und Freistaat, insbesondere Kasernen
  2. Ausreichende staatliche Personalausstattung der Landratsämter bzw. Bereitstellung ausreichender finanzieller Mittel zur eigenen Bewirtschaftung durch die Landratsämter, sowohl zur Finanzierung des für den Verwaltungsvollzug notwendigen Personals als auch für die Schaffung notwendiger Einrichtungen
  3. Abbau bürokratischer Hemmnisse und Überprüfung von Standards zur Erleichterung der Akquise und Ausstattung geeigneter Einrichtungen sowie zur Sicherstellung der medizinischen Betreuung
  4. Übertragung der Zuständigkeit für die Asylsozialberatung auf die Landkreise, um vor Ort im Zusammenwirken mit den örtlichen Trägern der freien Wohlfahrtsverbände ein praxisgerechtes Betreuungsangebot sicherzustellen
  5. Weitere Aufstockung der Fördermittel für die vollständig vom Staat zu finanzierende Asylsozialberatung zur Erreichung realistischer Betreuungsschlüssel in allen Unterbringungsobjekten

Angesichts der europäischen Dimension des Flüchtlingsstroms können die bayerischen Landkrei-se und der Freistaat die Aufgabe nicht allein stemmen. Gefordert ist daher auch:

  1. Einsatz des Freistaates für eine Erneuerung der EU-Flüchtlingsstrategie und gerechtere Lastenverteilung zwischen den Mitgliedstaaten der EU
  2. Bundesweite Verteilung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge und Kostenübernahme durch den Bund
  3. Abbau des Antragsstaus beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) durch deutliche personelle Aufstockung; durchgängige EDV-Erreichbarkeit des BAMF für Asylanträge auch an Wochenenden und an Feiertagen
  4. Beschleunigte Rückführung abgelehnter Asylantragsteller
  5. Zeitnahe Umsetzung der schon in die Wege geleiteten gesetzlichen Änderungen im Baurecht, um erleichtert neue Unterkünfte schaffen zu können

Bei aller Notwendigkeit und Dringlichkeit dieser Maßnahmen darf nicht vergessen werden, dass die Unterbringung und Betreuung von Asylbewerbern nach allen Prognosen eine längerfristige Herausforderung bleiben wird. Dies erfordert dauerhafte Lösungsansätze, u.a. für die Unterbringung von Menschen, denen ein Bleiberecht zugesprochen wird.