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Landtag: Rechtsausschuss – Innen- und Justizministerium berichten über Umgang mit rechtsradikalem Richter am Amtsgericht Lichtenfels

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Im Oktober 2014 war der am Amtsgericht Lichtenfels tätige Richter M. B. aus dem bayerischen Justizdienst entlassen worden, nachdem sein rechtsextremistischer Hintergrund publik geworden war. Vor dem Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen haben jetzt Vertreter aus Justiz- und Innenministerium über die Hintergründe berichtet.

Aus den Bewerbungsunterlagen von M. B. und auch im Vorstellungsgespräch im Sommer 2013 sei kein rechtsextremistischer Hintergrund erkennbar gewesen, erklärte Dr. Peter Frank, Personalleiter im Bayerischen Justizministerium. Seit 1992 sei es nicht mehr üblich, vor der Einstellung eines Staatsdieners eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz zu stellen. M. B. habe am Amtsgericht Lichtenfels in Teilzeit gearbeitet und Zivilstreitigkeiten bearbeitet. Nachdem die Justiz Anfang Oktober 2014 vom rechtsextremen Hintergrund des Richters erfahren hatte, habe Bambergs Oberlandesgerichtspräsident Clemens Lückemann ihn unverzüglich zu einem Gespräch gebeten. Während dieses Gesprächs habe M. B. seine Entlassung beantragt, die am selben Tag wirksam wurde.

Brigitta Brunner, Leiterin der Verfassungsschutz-Abteilung im Bayerischen Innenministerium, erklärte, M. B. sei im Oktober 2013 aus Brandenburg ins oberfränkische Mainleus gezogen. Im Februar 2014 habe der Verfassungsschutz Brandenburg seine bayerischen Kollegen im Rahmen einer „Erkenntnismitteilung“ informiert, dass M. B. bereits als Rechtsextremer aufgefallen sei, etwa als Mitglied einschlägiger Musikgruppen. Im März 2014 habe der bayerische Verfassungsschutz ermittelt, ob M. B. sich in Bayern als Rechtsextremer betätige. Diese Ermittlungen hätten „keine Hinweise“ ergeben, so Brunner, die berufliche Tätigkeit von M. B. sei dem Verfassungsschutz „zum damaligen Zeitpunkt nicht bekannt gewesen“. M. B. habe sich weder bei einer Krankenversicherung noch bei der Arbeitsagentur gemeldet.

Das Polizeipräsidium Oberfranken habe M. B. allerdings noch im März 2014 in den sogenannten IGVP-Abgleich aufgenommen, der den Staatssschutz automatisch informiert, sobald die Polizei die Personalien von M. B. erfasst. Dies passierte im Juni 2014, als in einem Kulmbacher Fitnessstudio ein Spind aufgebrochen und M. B. als Zeuge ausgesagt und als Beruf „Richter“ angegeben habe. Die darauf folgende automatische Treffermeldung habe jedoch aufgrund „eines Versehens eines Beamten“ nicht zu weiteren Ermittlungen geführt. Erst als das IGVP-System wegen eines neuen Beweismittels im Spind-Fall Ende September 2014 erneut auf M. B. aufmerksam machte, sei der Verfassungsschutz eingeschaltet und Anfang Oktober die Justiz informiert worden.

Selbst wenn alle Behörden vorbildlich agiert hätten, erklärte Brunner, wäre M. B. im Oktober 2013 nach geltender Rechtslage als Richter in Bayern eingestellt worden. Um dies künftig zu verhindern, prüfe die Bayerische Staatsregierung, ob die Regelanfrage beim Verfassungsschutz vor der Einstellung im öffentlichen Dienst bei sicherheitsrelevanten Positionen wieder eingeführt werden sollte.

Der Ausschussvorsitzende Franz Schindler (SPD) äußerte sich skeptisch, ob die Wiedereinführung der Regelanfrage nötig sei. Vielmehr stelle sich die Frage, ob die Verfassungsschutzbehörden in Deutschland effizient kommunizierten.

„Wenn der Spind von M. B. nicht aufgebrochen worden wäre, wäre der ja heute noch als Richter tätig.“

Auch Dr. Sepp Dürr (Bündnis 90/Die Grünen) empfahl, die Regelanfrage nicht „wegen eines Einzelfalls“ wiedereinzuführen:

„Es ist ja nicht so, dass jetzt hunderte von Rechtsextremen in die bayerische Justiz drängen.“

„Hier ist etwas passiert, was nicht passieren darf“, sagte Dr. Florian Streibl (FREIE WÄHLER).

Sein Fraktionskollege Peter Meyer fragte, ob sich aus dem Vorstrafenregister Anhaltspunkte auf den rechtsextremen Hintergrund von M. B. ergeben hätten. Dies verneinte Frank, obgleich die Personalabteilung des Justizministeriums unbeschränkte Auskunftsrechte genieße.

Die Frage Dürrs, ob M. B. etwa ein V-Mann des Verfassungsschutzes sei, verneinte Brigitta Brunner. Es seien im vorliegenden Fall „eine Reihe von Pannen passiert“, kritisierte Dürr. Wenn der brandenburgische Verfassungsschutz die bayerischen Kollegen über den Zuzug eines Rechtsextremen informiere, dürfe man erwarten, dass der bayerische Verfassungsschutz dessen berufliche Tätigkeit erfolgreich beobachte. Im Fall von M. B. habe sogar die Lokalzeitung über seinen Amtsantritt als Richter berichtet. Ulrike Gote (Bündnis 90/Die Grünen) ergänzte, M. B. habe während seiner Zeit als Richter in Bayern unter seinem vollen Namen eine Facebook-Seite für die Band „Hassgesang“ betrieben.

Ob denn die Justiz vor der Einstellung eines Richters „einfach mal googeln“ dürfe, fragte Vize-Ausschussvorsitzende Petra Guggenberger (CSU). Dies sei ohne jegliche Anhaltspunkte auf einen verdächtigen Hintergrund bislang nicht üblich, erklärte Frank. Jürgen W. Heike (CSU) stellte fest, hier seien der Polizei Fehler unterlaufen, die „einmal vorkommen“, sich aber nicht wiederholen dürften.

Weitere Fragen der Abgeordneten zur Personalakte von M. B. behandelte der Rechtsausschuss in nicht-öffentlicher Sitzung.

Bayerischer Landtag, Aktuelles – Sitzungen – Aus den Ausschüssen v. 06.11.2014 (von Jan Dermietzel)