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Staatskanzlei: Meinungsaustausch der Bayerischen Staatsregierung mit Spitzenvertretern der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern

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Seehofer: „Enge und vertrauensvolle Kooperation von Staatsregierung und Landeskirche in Bayern fester Bestandteil politischer Kultur“

Bei der Begegnung der Bayerischen Staatsregierung mit Spitzenvertretern der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) in München standen aktuelle politische und gesellschaftliche Themen wie Flüchtlingssituation, Energiewende und Pflegekräftesicherung im Mittelpunkt. Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und Ministerpräsident Horst Seehofer zeigten sich sehr zufrieden mit dem hohen Grad an Übereinstimmung bei wichtigen Grundpositionen.

Seehofer: „Die enge und vertrauensvolle Kooperation von Staat und Evangelisch-Lutherischer Kirche in Bayern ist fester Bestandteil politischer Kultur und tragende Säule unserer christlich-abendländisch geprägten Gesellschaft. Staatsregierung und bayerischer Landeskirche ist es gleichermaßen wichtig, dass bei der Unterbringung von Flüchtlingen die Humanität im Vordergrund steht. Die vielen Hilfesuchenden, die derzeit nach Bayern kommen, unterzubringen und zu betreuen, ist eine Herausforderung, die unsere Gesellschaft nur durch gemeinschaftliches Handeln bewältigen kann. Unterstützung und Unterstützer auf allen Ebenen sind erforderlich. Die Evangelisch-Lutherische Kirche leistet hier einen großen Beitrag, in der Asylsozialberatung aber auch bei der Betreuung der Flüchtlinge in den Gemeinden vor Ort. Ich danke herzlich für das große Engagement! Unser gemeinsames Ziel ist die Betreuung der Flüchtlinge zu verbessern. Daher erhöhen wir im Rahmen des Sozialetats die Fördersätze der förderfähigen Kosten in der Asylsozialberatung auf 80 % begrenzt auf die nächsten zwei Jahre.“

Die Bayerische Staatsregierung, so der Ministerpräsident weiter, hat ein kraftvolles Maßnahmenpaket geschnürt, um die große Herausforderung der stark steigenden Flüchtlingszahlen zu bewältigen.

Seehofer: „Der eingesetzte Krisenstab hat erfolgreich gearbeitet. Die Lage in München hat sich deutlich entspannt, die ärztliche Versorgung oder die Verfahrensabläufe wurden optimiert, die Bayernkaserne nimmt wieder neue Asylbewerber auf. Auch der Winternotfallplan steht. Bayern hat für die Verbesserung der Flüchtlingssituation einen finanziellen Kraftakt geschultert, im nächsten Doppelhaushalt ist knapp 1 Milliarde Euro veranschlagt. Auf lange Sicht gibt es jedoch keine Lösung ohne ein verstärktes Engagement des Bundes und Europas! Die Flüchtlingskrise betrifft alle Mitgliedsstaaten in Europa und kann nicht nur von ein oder zwei Mitgliedern geschultert werden. Der humane Umgang mit Flüchtlingen ist gemeinsame Herausforderung für jeden einzelnen Mitgliedsstaat der Europäischen Union! Unser gemeinsames Ziel muss zugleich sein, der Flüchtlingskrise in den Herkunftsländern zu begegnen!“

Landesbischof Bedford-Strohm: „Ich bin sehr dankbar, dass durch das intensive Gespräch und das Zuhören, das wir auf Seiten der Staatsregierung deutlich gespürt haben, der staatliche Zuschuss zur Asylsozialberatung der Kirchen von derzeit 70% der Personalkosten auf 80% angehoben werden soll. Dadurch wird es möglich, dass die Zahl der Asylsozialberater in Bayern von derzeit 160 bis Ende 2015 auf vermutlich 255 erhöht werden kann. Das ist aus meiner Sicht ein weiterer wichtiger Schritt, um den etwa 50.000 Flüchtlingen in Bayern in ihrer schwierigen Situation beizustehen und ihnen das Ankommen zu erleichtern.“

Evangelische Landeskirche und Staatsregierung haben auch den aktuellen Stand der Umsetzung der Energiewende erörtert und waren sich einig, dass die Energiewende einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu nachhaltiger Energieversorgung und zur Bewahrung der Schöpfung darstellt.

Seehofer: „Bayern ist Hauptinitiator der Energiewende und bisher schon sehr erfolgreich in der Umsetzung. Erneuerbare Energien decken schon heute rund 35 % des bayerischen Stromverbrauchs. Unser Ziel bleibt, diesen Anteil auf 50 % bis 2021 zu steigern. Dazu sind Fortschritte bei der Energieeffizienz und den Speicherkapazitäten notwendig. Im Vordergrund stehen jedoch zunächst Entscheidungen über die Sicherstellung einer grundlastfähigen Stromversorgung überall in Deutschland. Dafür werden entsprechende Eigenkapazitäten auch im Freistaat unerlässlich sein. Denn nach den vereinbarten nationalen Zielen der Energiewende werden auf Jahrzehnte hinaus ca. 60 % der Energie konventionell erzeugt werden müssen. Daran müssen sich auch die Planungen für den Stromnetzausbau orientieren. Die Energiewende ist ein Projekt der gesamten Gesellschaft und kann nur mit den Bürgerinnen und Bürgern, und nicht gegen sie stattfinden!“

Bedford-Strohm: „Wenn wir über die Kosten und die Gestaltung der Energieversorgung reden, ist für uns als Kirche der weltweite Horizont und der Zukunftsaspekt unverzichtbar. Der ethisch notwendige Ausstieg aus der Atomenergie darf nicht zu einer Vergrößerung des CO2 Ausstoßes führen, denn dadurch würde das Ziel einer Begrenzung der Erderwärmung auf 2 Grad gefährdet. Schon jetzt leiden Menschen in anderen Regionen der Welt an den Folgen des Klimawandels, weil ihre Heimat im Meer versinkt. In einem reichen Land wie Deutschland dürfen die Energiekosten kein Killer-Argument gegen die Energiewende sein. Aus unserer Sicht müssen die Energiekosten so verteilt werden, dass nicht die Schwächsten der Gesellschaft darunter leiden müssen. Ich habe die Hoffnung und Erwartung, dass die politischen Entscheidungsträger in unserem Land ihre Konzepte an diesen ethischen Rahmenbedingungen ausrichten.“

Die evangelische Landeskirche und die Staatsregierung waren auch einig im Ziel, dem drohenden Fachkräftemangel in Pflegeberufen zu begegnen.

Seehofer: „Krankenpflege, Patientenversorgung bis hin zur Palliativbegleitung sind Dienste am Nächsten, deren Wertigkeit in unserem Gesundheitssystem nicht immer die angemessene Berücksichtigung findet. Wo Schieflagen bestehen, müssen wir gegensteuern. Das gilt für Bereiche der Palliativversorgung ebenso wie für den Hospizbereich. Die Attraktivität der Pflege muss weiter gesteigert werden. Wir haben deshalb mit dem Bund gemeinsam eine ‚Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege‘ gestartet.“

Bedford-Strohm: „Die Glaubwürdigkeit eines Eintretens gegen Sterbehilfe oder assistierten Suizid hängt davon ab, ob es gelingt, die Palliativversorgung jetzt flächendeckend einzuführen. Die Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass sie am Lebensende liebevoll begleitet werden und ohne Schmerzen sterben können. Das ist jedoch nur möglich, wenn die Pflegekräfte genug Zeit für die Menschen haben. Nach dem gegenwärtigen System ist das nicht möglich, darum müssen wir Geld in die Hand nehmen, damit alte Menschen in Würde sterben können. Das sind wir ihnen schuldig.“

Die Münchener Regionalbischöfin und ständige Vertreterin des Landesbischofs, Susanne Breit-Keßler, wies darauf hin, dass es derzeit in Deutschland nur 8000 Palliativmediziner gäbe und dieses Fach nur an 6 Lehrstühlen unterrichtet werde. Nötig sei, so Breit-Keßler weiter, dass jeder Hausarzt in Deutschland Kenntnisse in Palliativmedizin habe sollte und darum die Ausbildungskapazitäten ausgeweitet werden müssen.

Oberkirchenrat Detlev Bierbaum hob in diesem Zusammenhang hervor, dass die Übernahme des Schulgeldes für Auszubildende in Altenpflegeschulen ein wichtiger Schritt für die Nachwuchsgewinnung gewesen sei. Notwendig sei aber auch, dass Standards in der Ausbildung eingehalten würden, um Auszubildende nicht zu überfordern.

Einig waren sich die Vertreter von Staatsregierung und Evangelisch-Lutherischer Kirche auch darin, die Planungen für Veranstaltungen in Bayern anlässlich des Lutherjahrs 2017 kraftvoll zu unterstützen.

Seehofer: „Das 500. Jubiläum des Thesenanschlags im Jahr 2017 ist für die evangelischen Christen in Bayern und für Bayern insgesamt historisch bedeutsam. Große Veranstaltungen in Bayern, insbesondere die Bayerische Landesausstellung 2017 in Coburg, werden sich diesem Thema widmen. Eine besondere Wertschätzung erfährt der Reformationstag dadurch, dass Bayern den 31.10.2017 als einmaligen gesetzlichen Feiertag festlegt.“

An dem Treffen im Münchner Landeskirchenamt nahmen der Landeskirchenrat und der Landesbischof teil. Unter Leitung von Ministerpräsident Seehofer war das Kabinett fast vollständig vertreten. Die regelmäßig stattfindenden Treffen von Vertretern der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern mit dem Bayerischen Kabinett sind ein wichtiger Baustein der konkreten Zusammenarbeit.

Staatskanzlei, Pressemitteilung v. 18.11.2014