Gesetzgebung

Bayerischer Städtetag: Maly zum Heimatbericht des Heimatministeriums – „Heimat lässt sich nicht im Gegensatz von Stadt und Land definieren“

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„Heimat ist nicht nur das Dorf oder die idyllische Landschaft. Millionen Menschen in Bayern finden ihre Heimat in der Stadt. Wir sollten Heimat nicht allein mit ländlichen Räumen in Verbindung bringen. Stadt und Land gehören zusammen. Heimat muss man in Stadt und Land bewahren“, sagt Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly, Vorsitzender des Bayerischen Städtetags.

„Da bin ich daheim – diesen Slogan hören wir in Bayern in vielen Dialekten. Diesen Spruch sagen Menschen verschiedener Herkunft. Viele Menschen finden in einer Stadt ihre Heimat – in den großen und kleinen Kommunen der Metropolregionen München und Nürnberg, in Verdichtungsräumen um Würzburg, Passau oder Regensburg. Und in den vielen kleineren bayerischen Städten oder zentralen Orten, die in ländlichen Räumen liegen.“

Diese Städte haben wichtige Versorgungsfunktionen für ihr Stadtgebiet und für ihr Umland.

„Diese Städte sind Impulsgeber und Ankerpunkte für die ländlichen Räume, sie versorgen das Umland, sie sind Zentren des Wirtschaftslebens und des Handels, sie sind Zentren für Schulen, Hochschulen und kulturelles Leben. Heimat ist zuallererst kein geografischer Ort, sondern das uns prägende Lebensgefühl. Der geografische Ort – das Stadtviertel, das Dorf, die Region – liefert uns dabei die Identität und Identifikation, ohne die Heimat nicht in uns wachsen kann. Heimat lässt sich nicht im Gegensatz von Stadt und Land definieren, sondern nur als untrennbares Miteinander.“

Die Bayerische Staatsregierung schenkt der Heimat formal die notwendige Aufmerksamkeit, indem sie laut Ressortaufteilung im Heimatministerium Erwähnung findet. Regierungserklärungen wollen den ländlichen Raum stärken.

Maly: „Das Heimatministerium will einem Bayern der zwei Geschwindigkeiten entgegenwirken. Das ist richtig und wichtig. Das Ministerium verfolgt den guten Ansatz, die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen im gesamten Freistaat zu gewährleisten, die in der Bayerischen Verfassung verankert ist. Allerdings konzentriert sich die Staatsregierung auf die ländlichen Räume. Städte und Gemeinden in Verdichtungsräumen bleiben außen vor.“

Viele Städte liegen in ländlichen Räumen: Dort nehmen die zentralen Orte eine wichtige Versorgungsfunktion wahr, sie sind Ankerpunkte für die Verwirklichung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. Das Heimatministerium vernachlässigt die Impulsfunktion der vielgestaltigen Städte in ländlichen Räumen.

Maly: „Die von der Staatsregierung so häufig gepriesene Stärke Bayerns beruht auf der Prosperität von Städten und Gemeinden in Verdichtungsräumen und Ballungszentren. Die zentralen Orte tragen die Wirtschaftskraft Bayerns. Die Dynamik Bayerns geht von Städten und zentralen Orten aus – das sind Orte in ländlichen Räumen, das ist die Landeshauptstadt, das sind Großstädte wie Augsburg und Ingolstadt, das sind auch alle 25 kreisfreien Städte und 29 Großen Kreisstädte. Diese Vielfalt knüpft mit weiteren Städten und zentralen Orten ein festes Netz, das für Bayerns Wohlstand und Gedeihen sorgt. Ohne Städte und zentrale Orte, die eingebunden sind in das harmonische Bild einer reichhaltigen Natur- und Kulturlandschaft, ist die Heimat Bayern nicht zu denken.“

Maly: „Die über Jahrzehnte währende positive Entwicklung Bayerns beruht auch auf einem klugen Konzept der Landesplanung, das seit den 1970er Jahren in Bayern verfolgt worden ist. Jede Änderung des Landesentwicklungsprogramms muss vorsichtig geschehen. Nicht alles, was unter dem Motto Auflockerung und Flexibilität auf den ersten Blick bestechend erscheint, wirkt sich auf mittlere und lange Sicht positiv für unser Land aus.“

Dies zeigt sich beim Anbindegebot: Das Anbindegebot gibt Städten und Gemeinden vor, dass neue Siedlungen und Gewerbegebiete in Anbindung an bestehende Siedlungsflächen auszuweisen sind. Dies sorgt für kompakte und effiziente Strukturen. Dies sorgt für die Erhaltung eines intakten Naturerbes. Das Heimatministerium will nun das Anbindegebot ein weiteres Mal für Gewerbe an Ausfahrten von Autobahnen, vierspurigen Straßen sowie für Tourismus- und Freizeitgroßprojekte lockern.

Maly: „Die erweiterten Ausnahmen für Gewerbegebiete helfen keineswegs allen Gemeinden. Sie begünstigen nur wenige Gemeinden, die unmittelbar an Autobahnausfahrten gelegen sind, bringen aber keinen Impuls für die Entwicklung einer Region im Gesamten. Es können damit sogar Verschlechterungen eintreten, wenn interkommunale Konkurrenz um Investoren zum Verdrängungswettbewerb führt. Dies geht zu Lasten gewachsener Orte, die nicht an der Autobahn liegen.“

Wenn sich Gewerbe an der Autobahnausfahrt ansiedelt, folgt der Einzelhandel mit Filialen und Discountern.

Maly: „Damit werden den Bäckern, Metzgern und kleineren Läden in den Ortskernen Kunden abgejagt. Alte Handwerksbetriebe schließen, Läden machen dicht, Ortskerne verlieren Leben, Städte und Gemeinden verlieren ihr Gesicht. Und wer hat das Nachsehen? Menschen ohne Auto oder Senioren, die nicht mehr in Wohnungsnähe mit Einkaufstasche einkaufen können. Mit dieser Entwicklung geht Heimat zuerst still und schleichend, dann aber immer schneller und schmerzlicher verloren.“

Bayerischer Städtetag, Pressemitteilung v. 28.01.2015