Gesetzgebung

Landtag: Gesundheitsausschuss – Besuch beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit

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Was genau macht eigentlich das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit? Welchen Einfluss haben politische Entscheidungen auf den Arbeitsalltag dieser nachgeordneten Landesbehörde? Und: Kann die Politik die Kompetenz des Landesamtes für sich nutzen? Dies alles wollten die Mitglieder des Gesundheitsausschusses beim Besuch der Dienststelle des Landesamtes in Oberschleißheim herausfinden. Nicht zuletzt soll der Besuch auch ein Zeichen der Wertschätzung sein.

„Die Gesundheitsberichterstattung wird nicht ausreichend zur Kenntnis genommen“, erklärt die Ausschussvorsitzende Kathrin Sonnenholzner zu Beginn der Sitzung.

Tatsächlich hat die Öffentlichkeitsarbeit beim Landesamt an Bedeutung gewonnen, wie Präsident Andreas Zapf erläutert. Eine eigene Pressestelle ist aufgebaut worden, die viel zu tun habe.

„Es geht dabei nicht darum, möglichst viele Pressemitteilungen zu verschicken, sondern möglichst viel und konsequent Basiswissen über die Arbeit des Landesamtes zu verbreiten“, erklärte Zapf.

Das Niveau der Expertisen bewegt sich auf Universitäts-Niveau

Über das weit aufgefächerte Spektrum der Arbeit informierten im Anschluss die jeweiligen Sachgebietsbetreuer, die darauf hinwiesen, dass das Landesamt nicht nur dem Gesundheitsministerium zuarbeitet, sondern auch dem Umweltministerium und in etwas kleinerem Umfang auch dem Sozialministerium. Klassische Aufgabe ist das Erstellen von Fachkonzepten und Gutachten in den Bereichen Gesundheit, Verbraucherschutz, Tiergesundheit und Arbeitsschutz – und das mit dem ehrgeizigen Ziel, sich dabei auf Universitäts-Niveau zu bewegen. Das Wissen und die Kompetenz werden in Bundes- und Europagremien eingebracht, womit indirekt die Möglichkeit besteht, Standards durchzusetzen oder zu verbessern. Die Herausforderungen sind dabei groß, denn vom belasteten Futtermittel über Gentechnik, resistenten Keimen, Grippewellen, Gaststättenkontrollen bis hin zur Beobachtung von möglichen Epidemien muss das Landesamt alles abdecken. Die enge Verflechtung mit dem akademischen Betrieb (55 Mitarbeiter haben Lehraufträge an Hochschulen) soll in allen Bereichen das wissenschaftliche Niveau gehalten und gleichzeitig qualifizierter Nachwuchs rekrutiert werden. Im Zuge der Verwaltungsreform hatte das Landesamt zwar Stellen abbauen müssen, aber durch die immer weiter wachsenden Aufgabenfülle wurden wieder neue Stellen geschaffen. Schwerpunkt im Gesundheitssektor ist der sogenannte Public Health Sektor, also die Betreuung des öffentlichen Gesundheitswesens in Zusammenarbeit mit den lokalen Gesundheitsämtern. Auf Nachfrage der Abgeordneten stellte Martin Wildner vom Landesamt klar: Die Behörde kann sich nicht um Einzelanfragen von Bürgern kümmern, verweist aber an die richtigen Stellen, wenn Menschen sich an die Behörde wenden.

Gesundheits-Screenings für alle Kinder im Vorschulalter

Zunehmen an Bedeutung gewinnt das Gesundheitsscreening bei Kindern im Vorschulalter. Die Kinder werden nun bereits im vorletzten Kindergartenjahr standardisierten Tests unterzogen, um rechtzeitig auf eventuelle Entwicklungsverzögerungen reagieren zu können. Auch Kinder, die nicht in den Kindergarten gehen, werden im entsprechenden Alter untersucht. Erklärtes Ziel ist es, allen Kindern mit Entwicklungsverzögerungen eine angemessene Förderung beziehungsweise Therapie anbieten zu können.

Besonderes Interesse hatte der Ausschuss am Thema „Suizide in Bayern – auch ein Thema bei Jugendlichen“. Joseph Kuhn vom Landesamt betonte, entgegen anderer Meldungen sinke die Selbstmordrate in ganz Deutschland, wobei die Quote in Bayern leicht über dem Durchschnitt liege. Der Anteil der Jugendlichen ist außerordentlich gering, gefährdet seien besonders Mädchen. Wichtig sei die Prävention, also das Erkennen von Stressfaktoren beziehungsweise seelischen Störungen, die Jugendliche in Verzweiflungstaten treiben. Auf Nachfrage von Ausschussmitgliedern führte Kuhn aus, dass es keine Erfassung von Suizidversuchen durch Polizei oder Krankenhäuser gebe. Dies sei aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht vorgesehen. Wie groß die Zahl der Jugendlichen ist, die versuchen sich das Leben zu nehmen, sei deswegen nicht genau zu eruieren. Umso wichtiger seien gründliche Studien, die präziser Aufschlüsse über das Ausmaß und mögliche Verhaltensmuster von Suizidgefährdeten geben.

Prävention soll für Gefahren sensibilisieren

Ein elementarer Bestandteil in der Arbeit des Landesamtes ist die Prävention, etwa bei HIV-Erkrankungen, Alkoholkonsum oder Verkehrssicherheit. Wichtig sei hierbei, den Eindruck eines „Präventions-Wanderzirkus‘“ zu vermeiden und stattdessen gerade bei Jugendlichen auf lokale Bezüge und Respektspersonen aus dem Umfeld zu reagieren. Es ginge nicht um platte Abschreckung oder den erhobenen Zeigefinger, sondern um glaubwürdige Sensibilisierung.

Abschließend bekamen die Ausschussmitglieder Einblick in die Labore, in denen Bakterien beziehungsweise Viren analysiert werden. Dort wurde auch deutlich, wie schnell die Einrichtung an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit geraten kann. So werden zum Beispiel Proben von Asylbewerbern und Flüchtlingen auf ansteckende Krankheiten wie Typhus untersucht, um die Betroffenen und vor allem die anderen Bewohner der Gemeinschaftsunterkünfte zu schützen. Wegen der hohen Zahl von Flüchtlingen wird nun regelrecht im Akkord getestet. Das gelingt nur, weil mittlerweile zwei Roboter angeschafft wurden, die Teile der Arbeit übernehmen. Auch im Viren-Labor haben die Mitarbeiter aufgrund der aktuellen Grippewelle alle Hände voll zu tun. Pro Jahr kommt das Landesamt auf weit über 300 000 humanmedizinische Untersuchungen.

Ausschussvorsitzende Sonnenholzner zog nach dem Rundgang ein positives Fazit: „Hier konnten wir konkrete Anregungen für unsere parlamentarische Arbeit finden, etwa im Bereich der Suizid-Prävention. Und wir haben einen Einblick in die aktuelle Belastungen und die konkrete Arbeit dieser Behörde bekommen“.

Bayerischer Landtag, Aktuelles – Sitzungen – Aus den Ausschüssen v. 10.02.2015