Gesetzgebung

Staatskanzlei: Erste Bilanz zu beschlossenen Maßnahmen zur Bekämpfung des massenhaften Asylmissbrauchs durch Asylbewerber aus dem Balkan

©pixelkorn - stock.adobe.com

Ministerrat beschließt Bundesratsinitiative zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsländer – Innenminister Joachim Herrmann: „Wiedereinführung von Grenzkontrollen an deutschen Binnengrenzen prüfen“

Der Ministerrat zog in seiner heutigen Sitzung eine erste Bilanz über die vor zwei Wochen beschlossenen Maßnahmen zur Bekämpfung des massenhaften Asylmissbrauchs durch Asylbewerber aus dem Balkan, insbesondere aus dem Kosovo, und beriet über die weitere Entwicklung.

Innenminister Joachim Herrmann legte die in der letzten Sitzung angekündigte und heute beschlossene Bundesratsinitiative zur Aufnahme der Republik Albanien, der Republik Kosovo und von Montenegro in die Liste der sicheren Herkunftsstaaten vor. Der Innenminister sagte, die Zahl der in Deutschland von Staatsangehörigen dieser Staaten gestellten Asylanträge sei in den vergangenen Jahren massiv angestiegen und belegte diese Entwicklung mit Zahlen: Im Jahr 2010 waren 39 Asylerstanträge albanischer Staatsangehöriger zu verzeichnen, im Jahr 2014 dagegen 7.865. Während es im Jahr 2009 noch 57 Asylerstanträge von Staatsangehörigen aus Montenegro waren, stieg diese Zahl im Jahr 2014 auf 935. Der Kosovo ist im Januar 2015 sogar an die zweite Stelle bei den Asylerstanträgen hinter Syrien vorgerückt.

Herrmann: „Allein in der Zeit zwischen dem 29. Dezember und dem 18. Februar stellten 24.380 kosovarische Staatsangehörige einen Asylantrag in Deutschland. Die Gesamtschutzquote lag im Januar bundesweit bei lediglich 0,3 Prozent. Wobei es sich dabei um zwei Personen handelt, die erkrankt sind.“

Die in der letzten Ministerratssitzung beschlossene schnellstmögliche Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsstaaten und dem Westbalkan, insbesondere Kosovo, wurde konsequent angegangen. Die Sammelrückführung in den Kosovo aus Bayern am 17. Februar 2015 war ein erstes wichtiges Signal, dass sich die aussichtslose Asylantragstellung nicht lohnt.

Eine entscheidende Voraussetzung für schnelle Rückführungen ist ein straffes Asylverfahren. Der Ministerrat begrüßt insoweit, dass das Bundesamt für Flüchtlinge und Migration (BAMF) auf bayerisches Drängen die Anträge von Asylbewerbern aus dem Kosovo beschleunigt bearbeitet. Es wäre aber unhaltbar, wenn dafür im Gegenzug die übrigen Westbalkanländer oder sogar die aussichtsreichen Anträge von Asylbewerbern aus dem Irak oder Syrien nicht mehr beschleunigt bearbeitet oder mehrere Monate zwischen Registrierung und der Erstantragstellung verstreichen würden. Insgesamt bleibt die überlange Verfahrensdauer ein wesentlicher Schwachpunkt. Trotz der bisherigen und angekündigten Personalmehrungen beim BAMF ist eine Trendumkehr nicht in Sicht. Der Bund muss daher zwingend die personellen Voraussetzungen schaffen, um auf Dauer einen hohen Flüchtlingsandrang bewältigen zu können.

Die Gewährung von Bargeldleistungen trotz aussichtsloser Antragsstellung stellt einen gewichtigen Anreiz zum Asylmissbrauch dar. Sozialministerin Emilia Müller hat, wie in der letzten Ministerratssitzung angekündigt, erste Schritte ergriffen, um Geldleistungen an Asylbewerber aus den Westbalkanstaaten so weit als möglich zu vermeiden oder zu reduzieren. Insbesondere bei den Kosten der Unterkunft bestehen gesetzliche Spielräume, die von den Vollzugsbehörden künftig zugunsten der Gewährung von Sachleistungen auszuschöpfen sind.

Einer der Gründe für den aktuellen Exodus liegt darin, dass seit 6. November 2014 Asylbewerbern bereits nach drei Monaten Aufenthalt in Deutschland unabhängig von den Erfolgsaussichten des Asylverfahrens eine Beschäftigungserlaubnis erteilt wird. Nach den Worten des bayerischen Innenministers müsse deshalb deutlich gemacht werden, dass das Asylverfahren nicht dazu dient, eine Arbeitsaufnahme in Deutschland zu ermöglichen.

„Hierzu brauchen wir eine gesetzliche Klarstellung, dass für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten sowie für ausreisepflichtige, als offensichtlich unbegründet abgelehnte Asylbewerber ein generelles Beschäftigungsverbot gilt.“

Europaministerin Dr. Beate Merk berichtete zudem über die Ergebnisse ihrer politischen Gespräche, die sie wegen der Massenflucht vom Balkan jüngst in Kosovo und Ungarn geführt hat.

„Der Regierung in Pristina ist es selbst ein dringendes Anliegen, dass der Massenexodus aus dem Land beendet wird“, so Merk. „Kosovo braucht seine Menschen für den Wiederaufbau des Landes. Entscheidend ist, dass sich die Lebensverhältnisse in Kosovo verbessern. Die Ursachen für die Massenflucht müssen beseitigt werden.“

Mit dem ungarischen Außen- und Innenminister war sich Merk einig, dass der Schutz der EU-Außengrenzen für die Bekämpfung der illegalen Migration von zentraler Bedeutung sei.

Der Ministerrat forderte darüber hinaus, die Wiedereinführung von Kontrollen an den deutschen Binnengrenzen zu prüfen.

Herrmann: „Sollte die Prüfung ergeben, dass der geltende Rechtsrahmen das nicht zulässt, muss Bundesinnenminister Thomas de Maizière gegenüber Brüssel auf eine entsprechende Anpassung des Schengener-Grenzkodex drängen.“

Der Schengen-Grenzkodex ermöglicht für einzelne Mitgliedstaaten die temporäre Einführung von Grenzkontrollen im Falle außergewöhnlicher Umstände, wenn sich anhaltend schwerwiegende Mängel bei den Kontrollen an den Außengrenzen auftun.

Zu überlegen ist in den Augen Herrmanns auch die Anwendung des sogenannten Krisenbewältigungsmechanismus in der Dublin III-Verordnung.

„Dadurch könnte ein Aktionsplan entstehen, der schnelle Prüfungsverfahren und dementsprechend schnelle Zurückschiebungen von Deutschland und Österreich nach Ungarn ermöglicht. Dem Ziel der kosovarischen Asylbewerber, aufgrund der Verfahrensabläufe im regulären Dublin-Verfahren zunächst in Deutschland bleiben zu können, würde dadurch wirksam begegnet.“

Herrmann forderte Bundesinnenminister de Maizière auch dazu auf, im Europäischen Rat zeitnah einen Vorschlag vorzulegen, wie im Rahmen des Krisenbewältigungsmechanismus der Dublin-Verordnung auch eine quotenmäßige Verteilung von Asylbewerbern verankert werden kann.

Herrmann: „Der gegenwertige Massenzustrom von kosovarischen Asylbewerbern in wenige Mitgliedsstaaten, vor allem nach Deutschland, gibt dazu dringend Anlass.“

Unabhängig davon ist eine dauerhafte, gerechte Lastenverteilung innerhalb der Europäischen Union anzustreben. Die Bayerische Staatsregierung wird sich deshalb auf EU-Ebene für die Einführung einer generellen europaweiten Verteilungsquote einsetzen und die Bundesregierung in die Pflicht nehmen, hierzu im Rat der Europäischen Union zeitnah einen Vorschlag vorzulegen. Europaministerin Merk nutzte jüngst ihre Gespräche mit dem ungarischen Außen- und Innenminister in Budapest, um für die gerechtere Verteilung der Flüchtlinge in der Europäischen Union zu werben.

Merk: „Die europäische Solidarität gebietet es, dass sich alle Mitgliedstaaten an der Bewältigung des Flüchtlingszustroms beteiligen.“

Staatskanzlei, Bericht aus der Kabinettssitzung, Pressemitteilung v. 24.02.2015