Gesetzgebung

Bayerischer Städtetag: Maly zur Diskussion ums Landesentwicklungsprogramm – Jede Änderung des Landesentwicklungsprogramms muss vorsichtig geschehen

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„Bayern braucht in der Landesentwicklung überfachlichen Planungswillen und überörtlichen Gestaltungswillen. Die Herausforderungen lassen sich mit einer gut geplanten Infrastrukturpolitik meistern,“ sagt der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly. Dass Flexibilität dem Land als Ganzem nicht zwangsläufig nutzt, zeigt sich beim Anbindegebot: Das Anbindegebot gibt Städten und Gemeinden vor, dass neue Siedlungen und Gewerbegebiete in Anbindung an bestehende Siedlungsflächen auszuweisen sind. Dies sorgt für kompakte und effiziente Strukturen. Dies sorgt für die Erhaltung eines intakten Naturerbes. Bereits jetzt sieht das Anbindegebot funktionierende Ausnahmen vor, wo dies für eine nachhaltige Entwicklung notwendig erscheint. Die Staatsregierung will nun das Anbindegebot ein weiteres Mal für Gewerbe an Ausfahrten von Autobahnen, vierspurigen Straßen sowie für Tourismus- und Freizeitgroßprojekte lockern.

Maly: „Die erweiterten Ausnahmen für Gewerbegebiete helfen keineswegs allen Gemeinden. Sie begünstigen nur wenige Gemeinden, die unmittelbar an Autobahnausfahrten gelegen sind, bringen aber keinen Impuls für die Entwicklung einer Region im Gesamten. Es können damit sogar Verschlechterungen eintreten, wenn interkommunale Konkurrenz um Investoren zum Verdrängungswettbewerb führt. Dies geht zu Lasten gewachsener Orte, die nicht an der Autobahn liegen.“

Wenn sich Gewerbe an der Autobahnausfahrt ansiedelt, folgt der Einzelhandel mit Filialen und Discountern.

Maly: „Damit werden den Bäckern, Metzgern und kleineren Läden in den Ortskernen Kunden abgejagt. Alte Handwerksbetriebe schließen, Läden machen dicht, Ortskerne verlieren Leben, Städte und Gemeinden verlieren ihr Gesicht. Und wer hat das Nachsehen? Menschen ohne Auto oder Senioren, die nicht mehr in Wohnungsnähe mit Einkaufstasche einkaufen können.“

Die Landesplanung sieht bereits jetzt Instrumente vor, auf die Besonderheiten vor Ort einzugehen. Das Zielabweichungsverfahren ermöglicht es den Städten und Gemeinden, in begründeten Einzelfällen eine Entscheidung des Heimatministeriums als oberste Landesplanungsbehörde herbeizuführen.

Maly: „Es ist für die geordnete Entwicklung des Freistaats wichtig, dass Abweichungen von Zielvorgaben zentral vom Heimatministerium geprüft und entschieden werden. Der Heimatminister geht einen richtigen Weg, das Verfahren für strukturschwache Räume zu beschleunigen und zu erleichtern. Damit können besondere Verhältnisse und Bedarfe vor Ort schnell berücksichtigt werden.“

„Ein gestaltungsfreudiger Heimatminister braucht Mut zur Planung. Flexibilität, Dezentralität und Regionalität sind wichtig, die Staatsregierung darf darüber aber nicht den Mut zur Planung verlieren. Die über Jahrzehnte währende positive Entwicklung Bayerns beruht auf einem klugen Konzept der Landesplanung, das seit den 1970er-Jahren in Bayern verfolgt worden ist. Jede Änderung des Landesentwicklungsprogramms muss vorsichtig geschehen. Nicht alles, was unter dem Motto Auflockerung und Flexibilität auf den ersten Blick bestechend erscheint, wirkt sich auf mittlere und lange Sicht positiv für unser Land aus,“ sagt der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly.

Heute entwickelt sich Bayern unter den Vorzeichen der Globalisierung. Städte und Gemeinden stehen im internationalen Wettbewerb. Die Energiewende stellt neue Herausforderungen, nicht zuletzt mit Folgen für die Kulturlandschaft. Landesentwicklung in Bayern steht unter den Vorgaben, die demografische Entwicklung zu steuern, gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen, einen Ausgleich zwischen schrumpfenden und wachsenden Regionen zu meistern.

Im Landesentwicklungsprogramm sollen nun Schutzräume für Stromtrassen festgelegt werden, in denen keine Stromtrassen errichtet werden dürfen.

Maly: „Der Netzausbau muss möglichst bürger- und landschaftsverträglich gestaltet werden. Trassenführungen müssen einen angemessenen Abstand von der Wohnbebauung einhalten. Der bundesweite Übertragungsnetzausbau muss in größtmöglicher Transparenz und im Dialog mit dem Bürger erfolgen. Vor der Festlegung von Schutzräumen sollte der Leitungsbedarf im Licht der von der Großen Koalition beschlossenen Rahmenbedingungen der Energiewende geprüft werden.“

Bayerischer Städtetag, Pressemitteilung v. 15.04.2015