Gesetzgebung

Bayerischer Richterverein: Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes (GDVGÄndG)

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Der Bayerische Richterverein e.V. begrüßt, dass der landgerichtsärztliche Dienst erhalten bleibt. Er wendet sich gegen die vorgesehene Reduzierung der Planstellen, die geplante Zahl von nur 11 Außenstellen und die fachliche Reduktion des gerichtsärztlichen Dienstes auf den psychiatrischen Bereich.

Der Gesetzesentwurf regelt formal nur, dass gerichtsärztliche Dienststellen an den drei Oberlandesgerichten eingerichtet werden und dass, soweit erforderlich, Außenstellen eingerichtet werden können.

Hiergegen bestehen aus Sicht des Bayerischen Richterverein e.V. keine Bedenken.

Allerdings wird sowohl im Vorblatt als auch in der Gesetzesbegründung auf ein Reformkonzept des Ministerrats aus dem Oktober 2014 (Pressemitteilung der Staatskanzlei No. 264 vom 07.10.2014) Bezug genommen, zu dessen Umsetzung im Verordnungsweg der Gesetzesentwurf den gesetzlichen Rahmen schaffen soll.

Sollte das Reformkonzept wie vorgesehen umgesetzt werden, wird dies die Arbeit der bayerischen Gerichte und Staatsanwaltschaften massiv beeinträchtigen.

  1. Das Konzept sieht vor, im gerichtsärztlichen Dienst Stellen zu streichen. Dies ist nicht zu rechtfertigen. Schon jetzt sind weder innerhalb des gerichtsärztlichen Dienstes noch außerhalb genügend qualifizierte Sachverständige für psychiatrische und rechtsmedizinische Fragestellungen vorhanden. Die Zahl der Verfahren, in denen Gutachten benötigt werden, steigt hingegen permanent an.
    Schon jetzt besteht aufgrund von Gutachtenengpässen die reale Gefahr, dass in Haftsachen das besondere Beschleunigungsgebot nicht beachtet werden kann und Haftentlassungen auch gefährlicher Täter drohen. Auch die Betreuungs- oder Unterbringungssachen sind durchwegs besonders eilbedürftig und erfordern regelmäßig die Begutachtung der Betroffenen. Andere Verfahren – wie etwa Nachlasssachen in denen sich die gutachterlich zu klärende Frage der Testierfähigkeit des Erblassers stellt – müssen zwangsläufig hintanstehen und werden dadurch erheblich verzögert.
  2. Die geplanten 11 Außenstellen reichen nicht aus, um eine flächendeckende und zeitnahe Versorgung der Gerichte und Staatsanwaltschaften mit gerichtsärztlicher Expertise zu gewährleisten. Warum in einem Flächenstaat wie Bayern neben den drei Oberlandesgerichten nur noch 11 Außenstellen errichtet werden sollen, erschließt sich nicht. Es steht zu befürchten, dass gerade bei kurzfristig auftretenden medizinischen Fragestellungen, etwa zur Verhandlungsfähigkeit eines Angeklagten, nicht rasch genug Ärzte zur Verfügung stehen, um Richterinnen und Richter bzw. Staatsanwältinnen und Staatsanwälte bei der zügigen Erledigung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Zudem werden die Ärzte mehr Wegezeiten zu bewältigen haben.
  3. Nicht sachgerecht ist die Reduktion der Dienstaufgaben auf den psychiatrisch-gutachterlichen Bereich. Waren im Konzept des Ministerrats wenigsten noch je ein Rechtsmediziner pro Oberlandesgerichtsbezirk vorgesehen, was per se schon nicht ausreichend sein wird, sieht die Gesetzesbegründung nunmehr Rechtsmediziner überhaupt nicht mehr vor. Es ist aber unerlässlich, dass im gerichtsärztlichen Dienst auch Rechtsmediziner eingesetzt werden. In der gerichtlichen Praxis sind nämlich nicht nur Leichenöffnungen erforderlich, sondern es müssen eine Fülle weiterer rechtsmedizinischer Fragestellungen beantwortet werden, wie etwa zu den Ursachen eines festgestellten Verletzungsbilds oder den potenziellen Auswirkungen bestimmter Tathandlungen. Oft besteht ein Zusammenhang zwischen psychiatrischen und rechtsmedizinischen Fragestellungen, für die dann ein weiterer Gutachter benötigt werden würde. Dies kann nicht nur zu Schwierigkeiten bei der Abgrenzung der Zuständigkeiten, sondern letztendlich auch zu Verzögerungen beim Abschluss der Verfahren führen.

Insgesamt respektiert der Bayerische Richterverein die aus dem Bericht des Bayerischen Obersten Rechnungshofes folgende Notwendigkeit einer Neuordnung des gerichtsärztlichen Dienstes. Diese darf aber – gerade mit Blick auf bestimmte öffentlichkeitswirksame Verfahren der jüngsten Vergangenheit – nicht dazu führen, dass die Funktionsfähigkeit der Justiz beeinträchtigt wird. Letzteres ist bei Umsetzung des Gesetzesentwurfs in der vorliegenden Dimension jedoch zu befürchten.

Bayerischer Richterverein, Aktuelles v. Juni 2015 (Walter Groß, Vorsitzender)

Redaktioneller Hinweis: Zum aktuellen Stand bzw. Gang des Verfahrens: vgl. hier (inkl. redaktioneller Beiträge und ggfls. Stellungnahmen) bzw. hier (Vorgangsmappe des Landtags, PDF).