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BayVGH: Ausgewählte anstehende mündliche Verhandlungen und Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs

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In einer am 10.07.2015 veröffentlichten Pressemitteilung hat der BayVGH einen Überblick über 16 bedeutende Verfahren gegeben, die voraussichtlich – so der Stand vom 02.07.2015 – 2015 zur mündlichen Verhandlung bzw. zur Entscheidung anstehen.

Gaststättenrechtliche Auflagen und Sperrzeitverlängerung in der Fürther Gustavstraße

Entscheidung voraussichtlich noch 2015 zu erwarten (Az. 22 BV 13.1686)

In dem Verfahren wird über Ansprüche eines Anwohners auf Betriebsbeschränkungen (insbesondere Betriebszeitbeschränkungen) für Gaststätten in der Fürther Gustavstraße zu entscheiden sein. Inmitten steht letztlich der Konflikt zwischen der Wahrung der Nachtruhe und den Interessen der dortigen Gastwirte. Nachdem mehrere Mediationsverfahren letztlich gescheitert sind, steht eine Entscheidung der Verwaltungsstreitsache durch den BayVGH an.

Redaktioneller Hinweis: Zu den zahlreichen Streitigkeiten rund um die Fürther Gustavstraße vgl. auch hier.

Feststellung des Nichtbestehens atomrechtlicher Sorgepflichten

Entscheidung voraussichtlich noch 2015 zu erwarten (Az. 22 A 14.40031 und 22 A 40032)

Mit ihren Klagen, über die der BayVGH erstinstanzlich zu entscheiden haben wird, erstreben zwei Kernkraftwerksbetreiber die Feststellung des Nichtbestehens der Sorgepflicht aus § 9a Abs. 2a Atomgesetz. Inmitten steht die Frage der Aufbewahrung im Ausland aufgearbeiteter bestrahlter Kernbrennstoffe in standortnahen Zwischenlagern. Die Kernkraftwerksbetreiber befürchten Aufwendungen hoher zweistelliger Millionenhöhe und halten die Regelung des § 9a Abs. 2a Atomgesetz für grundgesetzwidrig.

Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für eine Windkraftanlage

Entscheidung voraussichtlich noch 2015 zu erwarten (Az. 22 B 14.1263)

Der Deutsche Wetterdienst möchte die Genehmigung einer Windkraftanlage im Landkreis Schwandorf verhindern, weil er eine Verfälschung der Messdaten einer Wetterradarstation und eine Beeinträchtigung seiner Warnprodukte befürchtet. Die Verpflichtungsklage der Anlagenbetreiber wurde in der ersten Instanz abgewiesen. Zu entscheiden wird die Frage sein, ob dem Deutschen Wetterdienst gesetzlich ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist und – falls dem nicht so ist – ob sich der BayVGH aus den vorgelegten fachlichen Stellungnahmen und aus den in anderen Verfahren erfolgten Beweisaufnahmen selbst ein Bild von den tatsächlichen Gegebenheiten machen kann.

Normenkontrollklagen gegen das Wasserschutzgebiet Bamberg

Entscheidung nicht vor Sommer 2015 (Az. 8 N 12.2315, 8 N 12.2410, 8 N 12.2418 u.a.)

Mit mehreren Normenkontrollklagen wenden sich die Gemeinde Strullendorf, der Markt Hirschaid, die DB-Netz-AG und mehrere Privatpersonen gegen das Wasserschutzgebiet Bamberg. Die Kläger begründen ihre Klagen u.a. mit dem Zuschnitt des Gebiets, das in der Wasserschutzgebietsverordnung ausgewiesen wird. Derzeit steht ein Vergleichsvorschlag des Senats inmitten. Für den Fall, dass keine Einigung erzielt wird, wird der BayVGH in der Streitsache nach weiterer mündlicher Verhandlung entscheiden.

Erweiterungsvorhaben für den Flughafen „Allgäu Airport“ (Flughafen Memmingen)

Verkündungstermin am 14. Juli 2015 (Az. 8 A 13.40025, 8 A 13.40037, 8 A 13.40038)

In insgesamt acht Verfahren wenden sich die die Gemeinden Memmingerberg und Westerheim, der Bund Naturschutz e.V. sowie fünf Bürger gegen den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern für die Erweiterung des Verkehrsflughafens Memmingen (Allgäu Airport). Gegenstand des Panfeststellungsbeschlusses ist u.a. die Verbreiterung der Start- und Landebahn von 30 Metern auf 45 Meter, bei Reduzierung der beiden Seitenstreifen von bisher 15 Metern auf 7,5 Meter Breite. Weiter ist eine Erweiterung der Betriebszeiten vorgesehen, die den regelmäßigen Flugbetrieb bis 23 Uhr (bisher: 22 Uhr) ermöglichen soll. Die Kläger begründen ihre Klagen u.a. damit, dass kein Bedarf für die Verbreiterung der Landebahn und die Ausweitung des Nachtflugverkehrs bestehe. Die zu erwartenden Lärmbelastung sei überdies unzumutbar, auch aus naturschutzrechtlicher Sicht sei das Vorhaben zu beanstanden. Der Beklagte tritt den klägerischen Einwendungen insgesamt entgegen unter Bezugnahme auf eingeholte Fachgutachten.

Wasserschutzgebiet bei Ingolstadt

Mündliche Verhandlung am 28. Juli 2015 (Az. 8 N 13.1281, 8 N 1282 u.a.)

Mehrere Privatpersonen wenden sich gegen die Verordnung zur Ausweisung eines größeren Wasserschutzgebiets bei Ingolstadt. Die Kläger bezweifeln insbesondere die Schutzwürdigkeit der Quelle „Am Krautbuckel“ und halten die Grenzziehung des Schutzgebiets für nicht zutreffend. In der Verwaltungsstreitsache wird der Senat nach einem voraussichtlich Mitte Juli stattfindenden Augenscheinstermin entscheiden.

Staatsstraßenortsumgehung von Vilshofen (Landkreis Passau)

Entscheidung voraussichtlich noch 2015 zu erwarten (Az. 8 B 14.2438)

Der Bund Naturschutz in Bayern e.V. wendet sich mit seiner Klage gegen die straßenrechtliche Planfeststellung der Regierung von Niederbayern für die Ortsumgehung Vilshofen (St 2083). Der Kläger macht vor allem Belange des Naturschutzes geltend; insbesondere stehe der Ortsumfahrung an dieser Stelle der Schutz des dort besonders artenreichen Fledermausvorkommens entgegen.

Klage gegen Schiffbarkeitserklärung bezüglich eines Stichkanals vom Main bei Bamberg

Verkündungstermin voraussichtlich am 14. Juli 2015 (Az. 8 BV 12.1575)

Die Klägerin betreibt ein Betonwerk mit angeschlossener Sand- und Kiesgewinnung. Im Ufer- und Gewässerbereich eines vom Main bei Bamberg abzweigenden Stichkanals ist sie Eigentümerin von Grundstücken. Der Kanal ist nach einer sog. Schiffbarkeitserklärung des damaligen Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit allgemein schiffbar. Die Klägerin, die sich durch den zugelassenen Schiffsverkehr beeinträchtigt sieht, möchte mit ihrer Klage die Aufhebung der Schiffbarkeitserklärung erreichen. Das Verwaltungsgericht Bayreuth hat der Klage stattgegeben und die Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen.

Klage gegen Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau der Kreisstraße N 4 in Nürnberg („Frankenschnellweg“)

Mündliche Verhandlung voraussichtlich im Herbst 2015 (8 B 15.1296 und 8 B 15.1297)

Der Bund Naturschutz und ein Privatkläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss für den kreuzungsfreien Ausbau des „Frankenschnellwegs“ in Nürnberg. Gerügt wird insbesondere der Verzicht auf die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung und eine steigende Luftschadstoffbelastung. Mit Urteil vom 14. Juli 2014 hat das Verwaltungsgericht Ansbach die Klagen abgewiesen. Mit Beschluss vom 23. Juni 2015 hat der BayVGH die Berufung wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten zugelassen. Zu prüfen wird sein, ob europäisches Recht die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung gebietet. In diesem Zusammenhang erwägt der BayVGH auch, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union zu richten.

Redaktioneller Hinweis: Vgl. hierzu die Pressemitteilung des StMI v. 08.07.2015 und die dortigen redaktionellen Hinweise für weitere rechtliche Hintergründe.

Anfechtung des Straßenbebauungsplans für die Staatsstraße 2191 (Ortsumgehung Burgkunstadt-Hollfeld)

Mündliche Verhandlung voraussichtlich im Sommer/Herbst 2015 (Az. 8 N 14.2408, 8 N 14.2409, 8 N 14. 2428 u.a.)

Insgesamt fünf Antragsteller wenden sich mit ihren Klagen gegen den Straßenbebauungsplan für die Staatsstraße 2191, mit dem Burgkunstadt umgangen werden soll. Zwei Kläger begründen ihre Anträge damit, dass sie Eigentümer von Grundstücken im Plangebiet seien. Die weiteren Kläger machen insbesondere geltend, durch die zu erwartende Lärmbelastung in ihren Rechten verletzt zu sein. Nach ihrer Auffassung liegen weiter Verstöße gegen naturschutzrechtliche Bestimmungen vor. Schließlich bezweifeln die Antragsteller, dass die geplante Straße, die durch wohnbebautes Gebiet führe, als Ortsumgehung geeignet ist. 

Klage gegen Ortsumgehung bei Marktoberdorf im Allgäu

Mündliche Verhandlung nicht vor Winter 2015 (Az. 8 A 15.40003)

Der Kläger ist Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs. Er wendet sich gegen die Straßenplanfeststellung für eine größere Ortsumgehung bei Marktoberdorf im Allgäu (Bundestraße 16/Bundestraße 472). Er macht insbesondere geltend, dass die Inanspruchnahme seiner Grundstücke existenzgefährdend sei für seinen Betreib. Die ihm angebotenen Ausgleichsflächen hat er zurückgewiesen.

Ortsumgehung bei Münchberg (Landkreis Hof)

Mündliche Verhandlung voraussichtlich nicht vor Herbst 2015 (Az. 8 A 14.40011)

Die Klägerin geht gegen die fernstraßenrechtliche Planfeststellung für eine Ortsumgehung bei Münchberg im Landkreis Hof vor (Bundesstraße 289). Für die Umsetzung der Ortsumgehung werden Flächen des landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetriebs der Klägerin in Anspruch genommen. Die Klägerin begründet ihre Klage u.a. damit, dass kein Bedarf für die Ortsumgehung bestehe. Auch sei eine ordnungsgemäße Alternativprüfung und Abwägung nicht durchgeführt worden. Ihr Nebenerwerbsbetrieb sei durch die geplante Ortsumgehung existenzgefährdet.

Klage gegen die polizeiliche Sicherstellung von Buchgeld

Entscheidung voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte von 2015 (Az. 10 BV 14.2353)

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Aufhebung einer präventiv-polizeilichen Anordnung, mit der bei ihm ein zunächst durch die Staatsanwaltschaft beschlagnahmter und bei der Landesjustizkasse einbezahlter Geldbetrag (176.650,- Euro) durch die Polizei erneut (präventiv) sichergestellt und in Verwahrung genommen wurde. Das Verwaltungsgericht Augsburg hat diese Anordnung der Sicherstellung und öffentlichen Verwahrung nach Art. 25 Nr. 1 und 2 des Polizeiaufgabengesetzes unter anderem deshalb aufgehoben, weil eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf Buchgeld nicht zulässig sei. Das Verwaltungsgericht Augsburg hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Frage die Berufung zugelassen, die vom Freistaat Bayern eingelegt worden ist.

Klage gegen versammlungsrechtliche Beschränkungen

Entscheidung voraussichtlich noch 2015 zu erwarten (Az. 10 B 14.2242 und 10 B 14.2246)

Die beklagte Stadt Würzburg hat eine von den Klägern angemeldete stationäre Dauerkundgebung dahingehend beschränkt, dass keine Betten aufgestellt werden dürfen, die Versammlungsteilnehmer am Versammlungsort nicht nächtigen dürfen und als Kundgebungsmittel u.a. nur ein Pavillon zugelassen wird, der auf allen Seiten offen sein muss. Das Verwaltungsgericht Würzburg hat die Klagen insoweit abgewiesen. Der Senat hat die Berufung auf Antrag der Kläger wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Im Berufungsverfahren wird darüber zu entscheiden sein, ob bei derartigen Versammlungen eine Infrastruktur, die es den Versammlungsteilnehmern ermöglicht, rund um die Uhr über einen längeren Zeitraum am Versammlungsort auszuharren, unter den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit des Grundgesetzes fällt. Hierbei wird insbesondere zu klären sein, ob das Aufstellen von Zelten nur dann zulässig ist, wenn das Zelt als Kundgebungsmittel in symbolischem Zusammenhang mit dem Versammlungsthema steht.

Unterlassung der Erteilung von Konzessionen zur Veranstaltung von Sportwetten

Entscheidung voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2015 (Az. 10 CE 15.764)

Die Antragstellerin hat die Erteilung einer der insgesamt 20 nach dem Glücksspielstaatsvertrag zu vergebenden Konzessionen zur Veranstaltung von Sportwetten beantragt. Dieser Antrag wurde von dem für die Erteilung der Konzessionen zuständigen Hessischen Ministerium des Innern und für Sport abgelehnt. Daraufhin beantragte die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen An-ordnung, mit der dem Land Hessen aufgegeben werden soll, die angekündigte Erteilung der Konzessionen an 20 im Konzessionsverfahren ausgewählte Unternehmen zu unterlassen, solange über den Konzessionsantrag der Antragstellerin nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Die Antragstellerin hält die Konzessionserteilung für rechtswidrig, weil der Antragsgegner die Antragsunterlagen falsch ausgewertet und bewertet habe, weil das Auswahlverfahren von einer Vielzahl formeller Fehler geprägt sei, die zu einer Ungleichbehandlung der Bewerber und zu einem Verstoß gegen das unionsrechtliche Transparenzgebot führten, und weil die angekündigte Erteilung der Sportwettkonzessionen unionsrechts- und verfassungswidrig sei. Das Verwaltungsgericht München hat den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung abgelehnt. Dagegen richtet sich die beim BayVGH anhängige Beschwerde.

Klage gegen das Verbot und die Auflösung der Vereinigung „Freies Netz Süd“

Entscheidung voraussichtlich im Herbst 2015 (Az. 4 A 14.1787)

Die Klage betrifft eine vom Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr erlassene vereinsrechtliche Verfügung. Darin wird festgestellt, dass die Vereinigung „Freies Netz Süd“ (FNS) als eine Ersatzorganisation der bereits im Jahr 2003 verbotenen „Fränkischen Aktionsfront“ (F.A.F.) ebenfalls verboten sei und aufgelöst werde. Mit der genannten Verfügung wurde zugleich u. a. der Betrieb der Website des FNS untersagt und das Vereinsvermögen beschlagnahmt und eingezogen. Die 41 Kläger, an die der Bescheid jeweils gerichtet wurde, halten die Verfügung des Ministeriums u. a. deshalb für rechtswidrig, weil es sich bei dem FNS nicht um einen Verein, sondern um eine Netzplattform gehandelt habe.

Redaktioneller Hinweis: Zum Verbot des „Freien Netz Süd“ vgl. die Meldung des StMI v. 23.07.2014.

BayVGH, Pressemitteilung v. 10.07.2015