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VG Regensburg: Zensus-Klage der Stadt Amberg bleibt ohne Erfolg

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Mit Urteil vom 6. August 2015 hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Regensburg unter Vorsitz des Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgericht Dr. Lohner die Klage der Stadt Amberg gegen die Feststellung ihrer Einwohnerzahl auf der Grundlage des Zensus 2011 abgewiesen.

Das Bayerische Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung stellte nach Abschluss des Zensus 2011 für die Stadt Amberg eine amtliche Einwohnerzahl (nur Hauptwohnsitze) von 41.938Personen zum Stichtag 9. Mai 2011 fest. Demgegenüber begehrt die Stadt Amberg auf der Basis der Volkszählung 1987, eine Einwohnerzahl von 43.529 zum 31. Dezember 2011 festzustellen. Die insgesamt 54 gegen Zensusergebnisse klagenden bayerischen Gemeinden und der beklagte Freistaat Bayern verständigten sich darauf, die Klage der Stadt als „Musterverfahren“ zu führen.

Mit dem Zensus 2011 wurde in Deutschland erstmals nach der Wiedervereinigung eine gesamtdeutsche Volkszählung durchgeführt. Dabei erfolgte ein grundlegender Methodenwechsel. Während bei früheren Volkszählungen sämtliche Ergebnisse durch Befragungen ermittelt wurden, kam erstmals ein registergestütztes Verfahren zur Anwendung. Um die Belastung der Bevölkerung gering zu halten, wurden vorhandene Verwaltungsregister ausgewertet (u.a. Melderegister, Daten der Bundesagentur für Arbeit, Personal- und Finanzstatistik der öffentlichen Arbeitgeber). Da die Erprobung des registergestützten Verfahrens ergab, dass die Qualität der Melderegister mit steigender Größe der Städte abnimmt, ordnete der Gesetzgeber für die Feststellung der Einwohnerzahl ergänzende Befragungen an. Für „Sonder-anschriften“ (z.B. Justizvollzugsanstalten, psychiatrische Einrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber, Internate, Alten- und Pflegeheime, Studentenwohnheime) wurden flächendeckende Befragungen angeordnet. Daneben wurde bei „Normalanschriften“ in großen Gemeinden (ab 10.000 Einwohner) eine Stichprobe mittels Befragungen durchgeführt, um daraus durch Hochrechnung die Fehlerfassungen der Melderegister zu korrigieren. Dagegen fand bei kleinen Gemeinden (unter 10.000 Einwohner) keine Stichprobe statt, vielmehr wurden hier Befragungen nur für solche Anschriften durchgeführt, bei denen nicht plausible Ergebnisse auftraten.

Das Verwaltungsgericht Regensburg kam in seinem heutigen Urteil zu dem Ergebnis, dass der Freistaat Bayern die Ermittlung der Einwohnerzahl rechtskonform durchgeführt hat. Die von der Stadt Amberg geäußerten Zweifel an der Stichprobe teilte die Kammer nicht. Das statistische Hochrechnungsverfahren beruhe auf wissenschaftlichen Standards und diese Standards seien im Fall Ambergs eingehalten. Auch einen Verstoß gegen das kommunale Gleichbehandlungsgebot sah die Kammer nicht.

Die mündliche Verhandlung hat auch ergeben, dass an den „Sonderanschriften“ alle dort wohnenden Personen mittels Fragebögen erfasst wurden. Dabei durfte auf den bundesrechtlichen Meldebegriff mit den dortigen Ausnahmen abgestellt werden, um ein bundeseinheitliches Volkszählungsergebnis zu gewährleisten. Bei der Feststellung des Wohnstatus an sensiblen „Sonderanschriften“gab es nach Auffassung der Kammer sachliche Gründe, nicht nur auf die Angaben zum Wohnstatus abzustellen. Vielmehr durften auch alle anderen Erhebungsmerkmale berücksichtigt werden, insbesondere der Tag des Einzugs. Auch die Einträge im Melderegister konnten ergänzend herangezogen werden.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat die Kammer die Berufung zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen.

VG Regensburg, Pressemitteilung v. 06.08.2015 zum U. v. 06.08.2015, RO 5 K 13.2149

Redaktioneller Hinweis: Zu den Musterklagen vgl. auch hier. Zum Zensus 2011 allgemein hier.