Gesetzgebung

EU-Kommission: Flüchtlingskrise – Kommission unterstützt Transitländer

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EU-Kommissar Johannes Hahn hat heute (Donnerstag) den am stärksten von den Flüchtlingszuströmen betroffenen Ländern weitere Finanzmittel zur Stabilisierung der Lage in Aussicht gestellt.

20 Millionen Flüchtlinge befinden sich derzeit in unmittelbarer EU-Nachbarschaft. Ziel der EU sei es zu allererst, die Lage der Flüchtlinge vor Ort zu verbessern, um sie in der Region zu halten. Er kündigte bis zu 1 Mrd. Euro zusätzliche finanzielle Unterstützung für die Türkei an. Serbien und den anderen Ländern des Westbalkans, die derzeit die Haupttransitländer von Flüchtlingen auf dem Weg in die EU sind, sagte Hahn die Hilfe der EU zu. Unterdessen hat das Europäische Parlament der Notumsiedlung von 120.000 Asylsuchenden zugestimmt. Die Kommission ruft die Mitgliedstaaten auf, beim nächsten Innenministertreffen am kommenden Dienstag ebenso zu entscheiden. Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos machte sich heute ein Bild der Lage in Ungarn und besucht mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière die Bundespolizeiinspektion in Rosenheim.

Zur Situation auf dem Westbalkan sagte der für Erweiterung und Nachbarschaftspolitik zuständige EU-Kommissar Hahn:

„Wir können diese Länder nicht für zu laxe Grenzkontrollen kritisieren, wenn unsere eigenen Mitgliedstaaten ihre Aufgaben nicht erledigen.“

Mehr Instabilität in der Region müsse vermieden werden.

„Die Westbalkanländer dürfen kein Parkplatz oder Niemandsland für gestrandete Flüchtlinge werden. Das wäre ein geostrategischer Fehler“, warnte Hahn.

Hahn betonte die wichtige Rolle der Türkei:

„Die Türkei ist ein Schlüsselland für eine Lösung. Ich habe großen Respekt davor, wie die Türkei mit den zwei Millionen Flüchtlingen umgeht, von denen nur eine Minderheit in Aufnahmelagern lebt.“

Gleichzeitig müsse die Türkei aber mehr gegen Menschenschmuggler tun. Wenn von der Türkei gewollt, werde die EU bis zu 1 Mrd. Euro Finanzhilfen mobilisieren, die für die Integration von Flüchtlingen in der Türkei eingesetzt werden könnten.

Zusätzlich zu den 4 Mrd. Euro, die die EU für Flüchtlinge in Syrien, dem Libanon und Jordanien zur Verfügung gestellt hat, werden zudem weitere Finanzmittel aus den EU-Nachbarschaftsfonds umgewidmet, so Hahn. Er forderte eine gerechtere Lastenverteilung innerhalb der EU und mehr Engagement seitens der Golfstaaten aber auch Kanadas und der USA.

Parlament stimmt für Notumsiedlung

Die Europäische Kommission hat heute auch das Votum des Europäischen Parlaments für ihren Vorschlag zur Notumsiedlung von 120.000 Flüchtlingen aus Italien, Griechenland und Ungarn begrüßt.

„Der Weg ist nun frei für den Rat, unseren Vorschlag anzunehmen. Wir rufen die EU-Staaten dazu auf, beim Sondertreffen des Rates der Justiz- und Innenminister am 22.9. die notwendigen Entscheidungen zu treffen. Beim Treffen des Innenministerrates am 14. September hat eine Mehrheit der Mitgliedstaaten ihren Willen bekundet, so schnell wie möglich voranzukommen. Jetzt ist es an der Zeit zu handeln. Wenn der Rat am Dienstag zu einer Entscheidung gelangt, steht die Kommission bereit, gemeinsam mit den EU-Staaten und den zuständigen EU-Agenturen die Flüchtlinge sofort umzusiedeln und den Druck auf die am stärksten betroffenen Mitgliedstaaten zu verringern“, erklärte die Kommission in Brüssel.

Verpflichtende Umverteilung bleibt auf dem Tisch

Medienberichte, laut denen die Kommission bereit sei, den verpflichtenden Verteilungsschlüssel fallen zu lassen, sind falsch. Präsident Juncker hat in der Kommissionssitzung am Mittwoch noch einmal bekräftigt, dass der Kommissionsvorschlag zur verpflichtenden Umverteilung von 120.000 Asylsuchenden aus Griechenland, Italien und Ungarn auf andere EU-Mitgliedstaaten auf dem Tisch bleibt.

Das Europäische Parlament hatte über den Vorschlag der EU-Kommission im Dringlichkeitsverfahren abgestimmt und so innerhalb von einer Woche eine Abstimmung des Plenums möglich gemacht. Es fehlt nun lediglich die Zustimmung der zuständigen Minister.

Zu den Vorschlägen der Kommission zur Bewältigung der Flüchtlingskrise vom 9. September gehörte unter anderem die Umsiedlung von 120 000 Personen, die eindeutig internationalen Schutz benötigen, aus Italien (15 600), Griechenland (50 400) und Ungarn (54 000). Die Umsiedlung soll nach einem verbindlichen Verteilungsschlüssel auf der Grundlage objektiver, quantifizierbarer Kriterien (Bevölkerungszahl: 40 Prozent, BIP: 40 Prozent, durchschnittliche Zahl der bisherigen Asylanträge: 10 Prozent, Arbeitslosenquote: 10 Prozent) erfolgen.

Migrationskommissar Avramopoulos in Ungarn und Rosenheim

Der für Inneres und Migration zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos ist heute zunächst in Ungarn und wird am späten Nachmittag gemeinsam mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière die Bundespolizeiinspektion in Rosenheim besuchen. Er macht sich in der dortigen Registrierungsstelle für Flüchtlinge ein Bild von der aktuellen Lage. Dabei wird er sowohl mit Flüchtlingen als auch mit Bundespolizisten sprechen. Der Besuch beginnt um 17 Uhr. Voraussichtlich gegen 17.15 Uhr ist in Bildtermin geplant, gegen 17.40 Uhr sind Pressestatements von Kommissar Avramopoulos und Minister de Maizière vorgesehen.

In Budapest sagte Avramopoulos:

„Die Europäische Kommission ist hier, um Ungarn zu helfen.“

Gleichzeitig äußerte er sich zur Situation an der serbisch-ungarischen Grenze:

„Mauern sind nur vorübergehende Lösungen. Sie sehen selbst, dass dies nur die Flüchtlingsströme umlenkt oder Spannungen erhöht. Gewalt ist auch nicht die Lösung. Die Mehrheit der Menschen, die in Europa ankommen, sind Syrer. Diese Menschen sind wirklich schutzbedürftig. Es gibt keine Mauer, die Sie nicht erklimmen würden, und kein Meer, dass Sie nicht überqueren würden, wenn Sie vor Gewalt und Terror flüchten.“

Erklärung von Migrationskommissar Avramopoulos in Ungarn.

Bereits im Mai hatte die Europäische Kommission ihre Vorschläge für eine umfassende europäische Migrationsagenda (hier und hier) vorgelegt.

EU-Kommission, Vertretung in Deutschland, Pressemitteilung v. 17.09.2015

Redaktioneller Hinweis: Zu Meldungen im Kontext der EU-Migrationsagenda vgl. hier. Zur Asyl-Thematik allgemein vgl. hier.