Gesetzgebung

Landtag: Flüchtlingspolitik – Ministerpräsident Horst Seehofer sucht Gespräch mit Oppositionsfraktionen

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Angesichts der sich weiter zuspitzenden Flüchtlingskrise hat Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) die Vorsitzenden der im Landtag vertretenen Parteien zu einem Gespräch in die Staatskanzlei eingeladen. Während einer Plenardebatte zur Einführung der an der Grenze zu Österreich geplanten Transitzonen zur Registrierung und Weiterleitung bzw. Rückführung von Flüchtlingen ergriff Seehofer überraschend das Wort und sprach sich für einen möglichst breiten Konsens bei der Bewältigung des Zustroms von Asyl- und Schutzsuchenden aus. Wichtig seien vor allem Maßnahmen zu dessen Begrenzung, um die beschlossenen Maßnahmen zur Integration bleibeberechtigter Flüchtlinge nicht zu gefährden. Diese Frage müsse der zentrale Punkt des Gesprächs sein. Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) begrüßte den Vorstoß Seehofers als „ehrliches Gesprächsangebot“. Die Fraktionschefs von CSU, SPD, FREIE WÄHLER und Bündnis90/Die Grünen kündigten ihre Teilnahme an dem für kommenden Freitag geplanten Treffen an.

Siehe auch Regierungserklärung des Ministerpräsidenten zur Flüchtlingspolitik vom 15. Oktober.

Seehofer unterbreitete sein Angebot unter dem Eindruck der schärfer werdenden gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Flüchtlingszustrom. Es sei daher wünschenswert, wenn alle demokratischen Kräfte zu einer gemeinsamen Lösung beitragen könnten.

Wir müssen jetzt auch über die Knackpunkte reden“, sagte er.

Im Mittelpunkt müssten „wirksame und rechtsstaatliche Lösungen“ zur Steuerung und Begrenzung des Flüchtlingszustroms stehen. Seehofer nannte dazu sieben Punkte: Die Rückführung ausreisepflichtiger Personen, die gerechte Verteilung ankommender Flüchtlinge auf Deutschland und die EU, die Bekämpfung von Fluchtursachen, die Sicherung der EU-Außengrenzen, die Wiederherstellung des europäischen Asylrechts und ein geordnetes Verfahren zur Registrierung und Behandlung in Bayern ankommender Flüchtlinge.

Der Regierungschef betonte, dass das Gesprächsangebot nicht aus einer „Handlungsunfähigkeit der Regierung“ resultiere. Mit ihrer absoluten Mehrheit könne die CSU im Landtag die nötigen Entscheidungen auch allein treffen. Er handle vielmehr „aus Verantwortung für unser Land“.

Die Gefahr, dass sich unsere Gesellschaft spaltet, wird mit jedem Tag größer“, warnte Seehofer.

Mit den Fraktionschefs will der Ministerpräsident zunächst ein Sondierungsgespräch über mögliche gemeinsame Schritte führen. Nach einer Rückkoppelung mit den jeweiligen Parteigremien soll es eine zweite Runde geben.

Dann müssen wir klar sein, ob wir springen oder nicht“, kündigte Seehofer einen raschen, aber auch ergebnisoffenen Prozess an.

SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher begrüßte Seehofers sachlichen Redebeitrag. Er habe sich damit von seinen Drohkulissen und Alleingängen in den vergangenen Wochen gelöst und ermögliche eine „sachliche Debatte mit kühlem Kopf“. Er sehe die angespannte Situation in Bayern, kein anderes Land trage mehr Lasten bei der Bewältigung des Flüchtlingszustroms. Zur Lösung der Probleme gebe es durchaus in einzelnen Punkten Einvernehmen, weshalb „insgesamt ein Stück mehr Gemeinsamkeit“ möglich sein sollte. Auch sein Ziel sei es, den Flüchtlingsstrom „zu ordnen, zu verlangsamen und perspektivisch zu verringern“, sagte Rinderspacher.

Margarete Bause (Bündnis 90/Die Grünen) fühlte sich durch das Angebot Seehofers an ihren Vorschlag für ein „Bündnis für Menschlichkeit“ erinnert. Sie habe immer kritisiert, dass die Opposition nicht schon zu früheren Asylgipfeln eingeladen worden sei. Nun freue sie sich, wenn „ernsthaft und an rechtsstaatlichen Grundsätzen orientiert“ nach gemeinsamen Lösungen gesucht werden könne. Für die FREIEN WÄHLER erklärte Fraktionschef Hubert Aiwanger, es sei ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur Begrenzung des Flüchtlingszustroms erforderlich. Vor allem müssten im Land wieder „rechtmäßige Zustände“ bei Aufnahme und Registrierung der Asyl- und Schutzsuchenden hergestellt werden. CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer forderte vor allem SPD und Grüne auf, konstruktiv an Lösungen zur Zuzugsbegrenzung mitzuwirken. Er werde nicht akzeptieren, wenn nur miteinander geredet werde, es aber letztlich zu keinen Entscheidungen komme. Dies wäre der drängenden Problematik nicht angemessen.

Bayerischer Landtag, Aktuelles – Sitzungen – Aus dem Plenum v. 20.10.2015 (von Jürgen Umlauft)