Gesetzgebung

Staatsregierung: Gesetzentwurf zur Änderung des BayBQFG und anderer Rechtsvorschriften eingebracht

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Beruf_Fotolia_64287589_S_copyright - passDie Staatsregierung hat einen Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes und anderer Rechtsvorschriften eingebracht (LT-Drs. 17/8457 v. 20.10.2015). Dieser sieht neben Änderungen des BayBQFG auch Änderungen des Leistungslaufbahngesetzes (LlbG), des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) und des Bayerischen Sozial- und Kindheitspädagogengesetzes (BaySozKiPädG) vor.

Hintergrund der Änderung ist eine Änderung EU-rechtlicher Vorschriften: Das BayBQFG regelt die Prüfung, ob eine ausländische Berufsqualifikation mit einer bayerischen (ergo: landesrechtlich geregelten) gleichwertig ist und setzt dabei die Berufsanerkennungsrichtlinie (2005/36/EG) um. Die Berufsanerkennungsrichtlinie wurde inzwischen durch die RL 2013/55/EU novelliert. Diese Änderungen müssen im Landesrecht nachvollzogen und bis zum 18.01.2016 in Kraft gesetzt werden. Dies betrifft auch die o.g. Rechtsvorschriften außerhalb des BayBQFG.

Wesentliche Änderungen

Mit der RL 2013/55/EU wird der Europäische Berufsausweis eingeführt. Analog zur Europäischen  Dienstleistungsrichtlinie (RL  2006/123/EG) wird dort geregelt, dass eine elektronische Antragstellung zu ermöglichen ist. Die RL 2013/55/EU trifft darüber hinaus Regelungen zum Vorwarnmechanismus und zum partiellen Berufszugang. Bezogen auf den Europäischen Berufsausweis und den Vorwarnmechanismus hat die Kommission am 24.06.2015 mit den Mitgliedstaaten abgestimmte unmittelbar wirkende Durchführungsverordnungen (ABl L 159 vom 25.06.2015, S.27) erlassen, die zum 18.01.2016 in Kraft treten.

Zur Wahrung der Einheitlichkeit fanden im Vorfeld wiederum Absprachen mit Bund und Ländern über ein Musteränderungsgesetz zum BayBQFG statt (das BayBQFG orientiert sich an einem von allen Bundesländern gemeinsam erstellten Mustergesetzentwurf, damit die Verfahren in möglichst allen Bundesländern einheitlich ablaufen).

Europäischer Berufsausweis

Mit der RL 2013/55/EU wird u.a. der Europäische Berufsausweis eingeführt, der im neuen Art. 13a BayBQFG seinen Niederschlag findet:

Art. 13a Europäischer Berufsausweis

1Für Berufe, für die auf Grund von Durchführungsrechtsakten der Europäischen Kommission nach Art. 4a Abs. 7 der Richtlinie 2005/36/EG ein Europäischer Berufsausweis eingeführt ist, stellt die nach Art. 13 Abs. 4 bis 6 zuständige Stelle auf Antrag nach den Art. 4a bis 4e der Richtlinie 2005/36/EG einen Europäischen Berufsausweis aus. 2Satz 1 gilt über Art. 2 Abs. 3 hinaus im gesamten Anwendungsbereich der dort genannten Bestimmungen.

Ein Europäischer Berufsausweis wird folglich nur auf Antrag und nur für solche Berufe ausgestellt, für die die EU-Kommission ihn eingeführt hat. Bezüglich des Verfahrens wird auf die Bestimmungen der Richtlinie verwiesen, die das Verfahren detailliert regeln. Art. 4c und e der RL 2005/36/EG enthalten bezüglich Dienstleistungen auch Vorgaben betreffend die Ausstellung eines Berufsausweises für Inländer. Satz 2 erweitert den Anwendungsbereich des Art. 13a Satz 1 dementsprechend.

Das Antragsverfahren kann über den Einheitlichen Ansprechpartner im Sinne der RL 2006/123/EG geführt werden, dessen Wirkungsbereich auf den Anwendungsbereich der RL 2005/36/EG ausgedehnt wird.

Vorwarnmechanismus

Mit der RL 2013/55/EU wird auch ein Vorwarnmechanismus über gefälschte Berufsqualifikationsnachweise eingeführt, der im neuen Art. 13b BayBQFG seinen Niederschlag findet:

Art. 13b Vorwarnmechanismus

1Der Vorwarnmechanismus richtet sich nach Art. 56a der Richtlinie 2005/36/EG sowie den dazu ergangenen Durchführungsrechtsakten. 2Die nach Art. 13 Abs. 4 bis 6 zuständige Stelle unterrichtet die zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union,

  1. wenn gerichtlich festgestellt wurde, dass eine Anerkennung der Berufsqualifikation unter Vorlage gefälschter Qualifikationsnachweise beantragt wurde,
  2. wenn Angehörigen eines der in Art. 56a Abs. 1 der Richtlinie 2005/36/EG genannten Berufe die Ausübung ihres Berufes ganz oder teilweise – auch vorübergehend – untersagt worden ist oder ihnen diesbezügliche Beschränkungen auferlegt worden sind.

3Die Fristen nach Art. 56a Abs. 2, 3 und 7 der Richtlinie 2005/36/EG beginnen jeweils, sobald eine vollzieh- oder vollstreckbare Entscheidung eines Gerichts oder einer sonst zuständigen Stelle vorliegt.

Satz 1 verweist auf die Richtlinie und die dazu ergangenen Durchführungsrechtsakte, die den Vorwarnmechanismus detailliert regeln.

In Satz 3 wird festgelegt, dass die Frist gemäß Art. 56a Abs. 2, 3 und 7 der Richtlinie 2005/36/EG mit dem Vorliegen einer vollstreckbaren bzw. vollziehbaren Entscheidung eines Gerichts oder einer sonst zuständigen Stelle beginnt. Im Hinblick auf die Unschuldsvermutung schaffe Art. 13b Satz 1 i.V.m. Satz 3 eine gesetzliche Grundlage dafür, dass die Vorwarnung gegebenenfalls bereits dann ausgelöst werde, wenn zwar noch keine rechts- oder bestandskräftige gerichtliche oder behördliche Entscheidung vorliege, aber eine bereits vollstreckbare bzw. vollziehbare Entscheidung, so die Begründung zum Gesetzentwurf. Dabei sei in Anerkennung der besonders hohen Schutzbedürftigkeit gerade bei Patienten (Art. 56 Abs. 1 der Richtlinie umfasst viele Gesundheitsberufe sowie Erzieherinnen und Erzieher) deren Schutz gegen das Interesse jener Personen abzuwägen, die durch die Auslösung des Vorwarnmechanismus in ihrer beruflichen Existenz betroffen sein könnten. Die Abwägung räumt den schutzbedürftigen Personen den Vorrang vor dem Interesse der Berufsangehörigen ein.

Partieller Zugang

Schließlich enthält die RL 2013/55/EU auch Regelungen zum partiellen Berufszugang, die im neuen Art. 13c BayBQFG ihren Niederschlag finden.

Art. 13c Partieller Zugang

(1) Liegen sämtliche Voraussetzungen des Art. 4f der Richtlinie 2005/36/EG vor, so gewährt die zuständige Stelle gemäß den Vorgaben dieses Artikels auf Antrag und auf Einzelfallbasis einen partiellen Zugang zu einer reglementierten Berufstätigkeit.

(2) 1Die Berufsbezeichnung ist in deutscher Sprache zu führen. 2Gegenüber dem Empfänger der Dienstleistung ist der Umfang der beruflichen Tätigkeit eindeutig anzugeben.

Nach Art. 4f der Richtlinie 2005/36/EG ist ein partieller Zugang zu einem reglementierten Beruf zu gewähren, wenn

  • die berufsangehörige Person im Herkunftsmitgliedstaat ohne Einschränkung qualifiziert ist, die berufliche Tätigkeit auszuüben, für die im Aufnahmemitgliedstaat ein partieller Zugang gewährt wird,
  • die Unterschiede zwischen der im Herkunftsmitgliedstaat rechtmäßig ausgeübten Berufstätigkeit und dem reglementierten Beruf im Aufnahmemitgliedstaat so groß sind, dass die Anwendung von Ausgleichsmaßnahmen der Anforderung an die den Antrag stellende Person gleichkäme, das vollständige Ausbildungsprogramm des Aufnahmemitgliedstaates zu durchlaufen, um Zugang zum kompletten reglementierten Beruf im Aufnahmemitgliedstaat zu erlangen, und
  • wenn sich die Berufstätigkeit objektiv von anderen im Aufnahmemitgliedstaat unter den reglementierten Beruf fallenden Tätigkeiten trennen lässt.

Davon abgesehen kann der partielle Zugang gemäß Art. 4f Abs. 2 verweigert werden, wenn diese Verweigerung durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet ist, die Erreichung des verfolgten Zieles zu gewährleisten und dabei nicht über dasjenige hinauszugehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist.

Für Berufe, in denen die automatische Anerkennung der Berufsqualifikationen nach Titel III Kapitel II, III und IIIa der Richtlinie 2005/36/EG gilt, findet Art. 4f der Richtlinie 2005/36/EG keine Anwendung.

Änderung des Leistungslaufbahngesetzes (LlbG)

Abschnitt 5 des LlbG regelt in Art. 41-51 die Qualifikation für eine Fachlaufbahn von Bewerberinnen und Bewerbern aus Mitgliedstaaten. Hier werden zahlreiche Vorschriften neu gefasst, so etwa:

Art. 41 Abs. 2. Die Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift soll nicht mehr Voraussetzung für den Qualifikationserwerb sein, bleibt aber für eine Einstellung erforderlich.

Art. 43 enthält nicht mehr nur Anerkennungsvoraussetzungen, sondern regelt nunmehr auch das Anerkennungsverfahren; hierzu wird Art. 45 (Bewertung der Qualifikationsnachweise) teilweise in Art. 43 integriert und ansonsten aufgehoben.

Die geänderte Richtlinie differenziert hinsichtlich der Anerkennung, ob die Tätigkeit, die der Antragsteller in einem anderen Mitgliedstaat ausgeübt hat, dort reglementiert ist oder nicht. Ist der Beruf in einem Mitgliedstaat reglementiert, sind die Qualifikationsnachweise, die dort erforderlich sind, um in dessen Hoheitsgebiet den Beruf ausüben zu dürfen, als Qualifikation für eine der Tätigkeit entsprechende Fachlaufbahn anzuerkennen; ist der Beruf in einem anderen Mitgliedstaat nicht reglementiert, muss den Antragstellern eine Berufstätigkeit gestattet werden, wenn sie sie in einem anderen Mitgliedstaat ein Jahr in Vollzeit oder entsprechend in Teilzeit ausgeübt haben.

Die Richtlinie sieht weiter vor, dass bei einem Unterschied von mindestens vier Niveaustufen zwischen der vom Antragsteller vorgelegten Qualifikation und der im Freistaat Bayern erforderlichen der Aufnahmemitgliedstaat die Berufsausübung verweigern kann. Dabei können nicht mehr nur durch die Berufspraxis erworbene Kenntnisse wesentliche Unterschiede in der Qualifikation ausgleichen, sondern auch durch Berufspraxis oder lebenslanges Lernen erworbene Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen; diese müssen von einer einschlägigen Stelle anerkannt worden sein.

Art. 44 (Antrag). Die Antragstellung über den einheitlichen Ansprechpartner wird ermöglicht. Die geänderte Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten darüber hinaus, die Antragserfordernisse zu vereinfachen. Bei begründeten Zweifeln und soweit unbedingt geboten, können jedoch beglaubigte Kopien von Unterlagen verlangt werden. Bestehen berechtigte Zweifel, kann die zuständige Stelle von den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats eine Bestätigung der Tatsache verlangen, dass die Ausübung dieses Berufes durch den Antragsteller oder die Antragstellerin nicht aufgrund eines schwerwiegenden standeswidrigen Verhaltens oder einer Verurteilung wegen strafbarer Handlungen ausgesetzt oder untersagt wurde.

Art. 48 (Eignungsprüfung). Die Richtlinie ordnet an, dass der Antragsteller oder die Antragstellerin die Möglichkeit hat, die Eignungsprüfung spätestens sechs Monate nach der Entscheidung abzulegen. Die Entscheidung, eine Eignungsprüfung festzusetzen, geht entweder von der Behörde aus oder von den Antragstellern.

Änderung des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG)

Art. 108 Abs. 3 BayBG (Vorlage von Personalakten und Auskunft aus Personalakten) soll geändert werden:

(3) Ohne Einwilligung des Beamten oder der Beamtin ist es zulässig, den zuständigen Behörden Auskünfte aus der Personalakte zu erteilen, soweit es zur Entscheidung über die Verleihung von staatlichen Orden oder Ehrenzeichen oder von sonstigen staatlichen Ehrungen erforderlich ist.

(3) Ohne Einwilligung des Beamten oder der Beamtin können den zuständigen Behörden Auskünfte aus der Personalakte erteilt werden, soweit dies im Einzelfall

  1. zur Entscheidung über die Verleihung von staatlichen Orden, Ehrenzeichen oder sonstigen staatlichen Ehrungen oder
  2. im Rahmen der Art. 8a bis 8e BayVwVfG

zwingend erforderlich ist.

Die Richtlinie 2005/36/EG soll u.a. verhindern, dass Personen, die auf Grund strafrechtlicher oder standesrechtlicher Vorschriften in einem Mitgliedstaat einen reglementierten Beruf nicht ausüben dürfen, die Zulassung zu dem Beruf in einem anderen Mitgliedstaat bekommen. Deswegen sollen die Mitgliedstaaten nicht nur auf Ersuchen um Informationen reagieren, sondern auch die Befugnis erhalten, die zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten aktiv (präventiv) vor Berufsangehörigen zu warnen, die nicht mehr berechtigt sind, ihren Beruf auszuüben.

Art. 108 Abs. 3 Nr. 2 BayBG n.F. lässt durch Verweis auf die Art. 8a bis 8e BayVwVfG zu, im Rahmen der europäischen Verwaltungszusammenarbeit im Einzelfall auch die dafür erforderlichen Personalaktendaten ohne Einwilligung des Betroffenen zu offenbaren. Der Grundsatz der Personalaktenvertraulichkeit (§ 50 Satz 3 BeamtStG) tritt insoweit zurück.

Änderung des BaySozKiPädG

Schließlich soll auch Art. 3 des Bayerische Sozial- und Kindheitspädagogengesetzes (BaySozKiPädG) geändert werden. Hiernach erhält Art. 3 (Ausländische Abschlüsse) einen neuen Abs. 3:

(3) Eine partielle Zulassung zu den in diesem Gesetz geregelten Berufen erfolgt nach Maßgabe des Art. 13c BayBQFG.

Hierdurch wird klargestellt, dass die Regelung des Art. 3 BaySozKiPädG gegenüber dem Art. 13c BayBQFG n.F. nicht abschließend ist. Durch die Aufnahme in das BaySozKiPädG erfolgt zudem mittelbar die Festlegung der sachlichen Zuständigkeit hinsichtlich der Anerkennung des partiellen Zugangs von Absolventen ausländischer Studiengänge der sozialen Arbeit und der Kindheitspädagogik.

Ass. iur. Klaus Kohnen; Titelfoto: (c) bluedesign – Fotolia.com

Redaktioneller Hinweis: Zum aktuellen Stand bzw. Gang des Verfahrens: vgl. hier (inkl. redaktioneller Beiträge und ggfls. Stellungnahmen) bzw. hier (Vorgangsmappe des Landtags, PDF).