Gesetzgebung

BMUB-Initiative „Neues Zusammenleben in der Stadt“ – Änderungen des Rechtsrahmens

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Das BMUB hat die Initiative „Neues Zusammenleben in der Stadt“ gestartet und zur Bauministerkonferenz am 30.10.2015 ein entsprechendes Positionspapier (PDF, 129 KB) veröffentlicht, das auch die rechtlichen Rahmenbedingungen betrifft, die dieses Zusammenleben regeln sollen.

Einleitend bezeichnet das Papier die demografische Entwicklung als Chance, das „Leitbild der kompakten, integrierten und umweltfreundlichen Stadt in die Realität umzusetzen: Die Stadt der kurzen Wege zwischen Arbeit, Freizeit und Wohnen – vielfältig und offen. Mit Menschen, die seit langem in ihrem Quartier wohnen. Und mit Menschen, die neu in die Städte kommen.“ Dabei gelte es, Fehler der Vergangenheit zu vermeiden und schrittweise zu heilen.

Wohnen und Arbeiten

Die Schaffung neuen, bezahlbaren Wohnraums wird als größte Herausforderung identifiziert. Mit dem Bundesfinanzminister und den Ländern sei man im Gespräch über weitere steuerliche Anreize im Wohnungsbau. Daneben müssten Rechtsvorschriften so anpasst werden, dass Bauen und insbesondere die innerstädtische Verdichtung einfacher und kostengünstiger würden. Als Maßnahmen benennt das Papier u.a.:

a) Neuer Baugebietstyp „Urbanes Gebiet“

Das Bauplanungsrecht soll um einen Baugebietstyp „Urbanes Gebiet“ ergänzt werden. Durch den neuen Baugebietstyp will das Ministerium die Entwicklung von Gebieten fördern, die einen hohen Anteil an Wohnbebauung haben, gleichzeitig aber auch Dienstleistungs- und Gewerbebetriebe in kleinteiliger Nutzungsmischung beherbergen. So soll durch die Verdichtung innerstädtischer Quartiere neuer Wohnraum erschlossen werden. Bisher sei ein Nebeneinander von Wohnen und Gewerbe nur eingeschränkt möglich.

b) Privilegierter Sportlärm von Kindern und Jugendlichen

Sport habe eine herausragende gesellschaftspolitische Bedeutung, so das Papier. Dafür müssten allerdings die Rahmenbedingungen stimmen. So soll der Vereinssport von Kindern beim Lärmschutz privilegiert werden. Vereinssport von Kindern soll – u.a. in den Ruhezeiten, etwa an Sonn- und Feiertagen zwischen 13 und 15 Uhr – uneingeschränkt stattfinden können. „Kinderlärm“ gehöre zum Leben und sei kein Lärm, der nach dem Immissionsschutzrecht beurteilt werden sollte, so das Papier. Darüber hinaus soll es für die örtlich zuständigen Behörden in Abwägung mit den Ruhebedürfnissen der Anwohner einen größeren Spielraum für lokal angepasste Lösungen für den Vereinssport von Jugendlichen geben.

c) Bauordnungsrecht: Weniger Bürokratiekosten, mehr Flexibilität für Kommunen

Beim Bauordnungsrecht will das BMUB auf die Länder mit dem Ziel zugehen, den existierenden Rahmen in der Musterbauordnung mit Blick auf Kosten und Nachhaltigkeit weiterzuentwickeln. Es gelte, Normen und Standards zu hinterfragen – zum Beispiel die Stellplatzpflicht für PKW und Fahrräder – die kostengünstigen Wohnungsbau und Nachverdichtung der Innenstädte verteuerten.

d) Bundesstiftung Soziale Stadt

Mit dem Programm „Soziale Stadt“ werden Orte unterstützt, an denen soziale Konflikte, ökonomische Probleme und kulturelle Unterschiede aufeinanderprallen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Flüchtlingszahlen werde der Bedarf an unterstützender Quartiersarbeit in den kommenden Jahren zunehmen, so das Papier. Das Programm soll zu einem Leitprogramm der sozialen Integration ausgebaut und zu einer ressortübergreifenden Strategie weiterentwickelt werden. Eine „Bundesstiftung Soziale Stadt“ soll privates Engagement anstoßen und unterstützen.

Nachhaltige Mobilität und saubere Luft

Der motorisierte Individualverkehr sei hauptsächlich verantwortlich für die verkehrsbedingten Emission an Schadstoffen, CO2 und Lärm in den Städten, so das Papier. Das habe auch eine soziale Komponente: Oft wohnten die ärmsten Menschen an den lautesten und schadstoffreichsten Orten der Stadt. Für eine nachhaltige, klimagerechte Siedlungs- und Verkehrsentwicklung brauche es die kompakte und funktionsgemischte Stadt der kurzen Wege. Eine Stadt, in der das Auto zwar ein Verkehrsmittel unter vielen sei, aber nicht mehr eine dominante Rolle spiele, sei lebenswerter, umweltfreundlicher und schaffe neue Flächen für Wohnraum und Erholung. Um diese Ziele zu erreichen nennt das Papier u.a. folgende Maßnahmen:

a) Förderung des Radverkehrs

Kommunen sollen bei der Radverkehrsinfrastruktur unterstützt werden. Der Radverkehr werde ab dem kommenden Jahr erstmals in größerem Umfang aus der Nationalen Klimaschutzinitiative gefördert, so das Papier. Das BMUB will sich dafür einsetzen, dass die überregionale Radverkehrsinfrastruktur neben Straßen, Wasserstraßen und Schienenwegen ein Teil des Bundesverkehrswegeplans wird.

b) Förderung der E-Mobilität

Die Lade-Infrastruktur soll verbessert werden. Neben steuerlichen Anreizen – zum Beispiel Sonderabschreibungsmöglichkeiten für gewerblich genutzte Elektrofahrzeuge – hält das BMUB auch direkte staatliche Kaufzuschüsse für vernünftig. Mit einer herstellerbezogenen E-Fahrzeug-Quote soll parallel auch die Automobilindustrie in die Pflicht genommen werden, Elektrofahrzeuge zu attraktiven Konditionen anzubieten. Dafür will sich das BMUB innerhalb der Bundesregierung einsetzen.

c) Rückbau autogerechte Stadt

Die Stadt- und Verkehrsplanung der 50er und 60er Jahre habe die autogerechte Stadt als Leitbild in vielen Städten durchgesetzt, so das Papier. Daher sollen die Kommunen beim Rückbau überdimensionierter Infrastrukturen und bei der Korrektur der Fehlplanungen aus dieser Zeit unterstützt werden. Das BMUB will daher ein Programm vorbereiten, das Städte und Gemeinden hilft, Flächen für mehr Wohnungsbau und mehr Lebensqualität in der kompakten Stadt zurückzugewinnen.

d) Ausweisung von Tempo 30-Zonen

Das BMUB unterstützt die Forderung der Verkehrsministerkonferenz, es den Kommunen leichter zu machen, „Tempo 30-Zonen“ einzurichten. Die Länder wollten noch in diesem Jahr über den Bundesrat Vorschläge für entsprechende Gesetzgebungsinitiativen und Maßnahmen vorlegen, so das Papier.

e) TA-Luft

Das BMUB will die Fortentwicklung des Standes der Technik der „Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft“ (TA-Luft) vorantreiben. Neue Emissionswerte u.a. für Staub, Stickoxid und Quecksilber im Abgas von Anlagen würden hierzu einen wichtigen Beitrag leisten, so das Papier; die Neuregelungen gölten laut Papier nach einer Übergangszeit auch für bereits bestehende Anlagen.

Ass. iur. Klaus Kohnen; Foto: (c) Jrg Hackemann – Fotolia.com

Net-Dokument BayRVR2015103001