Gesetzgebung

Ministerpräsidentenkonferenz: MPK fasst Beschluss zur Neuordnung der bundesstaatlichen Finanzbeziehungen

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Im Rahmen der heutigen Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), die in der Bremer Landesvertretung in Berlin stattfand, haben sich die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder einstimmig auf folgenden Beschluss zur Neuordnung der bundesstaatlichen Finanzbeziehungen verständigt:

Beschlussvorschlag für die Ministerpräsidentenkonferenz am 3.12.2015 zur Neuordnung der bundesstaatlichen Finanzbeziehungen

„Bund und Länder vereinbaren, die Neuordnung ihrer Finanzbeziehungen mit folgenden Eckpunkten auf der Grundlage der beiliegenden Tabelle umzusetzen, die Bestandteil dieses Beschlusses ist (Grundlage ist die Steuerschätzung Mai 2015 für das Jahr 2019). Die unter den einzelnen Ziffern genannten Positionen enthalten weitreichende Zugeständnisse sowie Kompromisslinien und sind vom Willen getragen, eine Einigung herbeizuführen. Sie korrespondieren miteinander und können einzeln nur dann Geltung entfalten, wenn das im Gesamtzusammenhang erkennbare Ergebnis erzielt wird. Ein Zugeständnis für einzelne Positionen kann hieraus nicht abgeleitet werden.

1.
Der Länderfinanzausgleich wird in seiner jetzigen Form abgeschafft. Damit entfällt auch der Umsatzsteuervorwegausgleich. Der Länderanteil an der Umsatzsteuer wird grundsätzlich nach Maßgabe der Einwohnerzahl verteilt, jedoch modifiziert durch Zu- und Abschläge entsprechend der Finanzkraft. Im Ergebnis erfolgt ein Ausgleich der Finanzkraft zukünftig im Wesentlichen bereits im Rahmen der Verteilung des Länderanteils an der Umsatzsteuer.

  • Die Länder erhalten zusätzliche Umsatzsteuerpunkte im Gegenwert von 4,02 Mrd. €.
  • Der Angleichungsgrad und der Tarif der allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen werden auf 99,75 % des Durchschnitts zu 80 % erhöht.
  • Der Tarif zur Berechnung der Zu- und Abschlagsbeträge bei der Umsatzsteuerverteilung wird linear gestaltet und auf 63 % festgesetzt.
  • Die kommunale Finanzkraft wird zur Berechnung der Finanzkraft eines Landes zu 75 % einbezogen.
  • Die Einwohnerwertungen für die Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen bleiben unverändert, ebenfalls die von Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt.
  • Es werden Zuweisungen des Bundes zum Ausgleich der Finanzkraftunterschiede auf Gemeindeebene in verfassungsrechtlich abgesicherter Form in Höhe von ca. 1,54 Mrd. € gewährt. Dabei wird die unterdurchschnittliche Gemeindefinanzkraft zu 53,5 % bezogen auf die Lücke bis 80 % des Durchschnitts der Gemeindesteuerkraft ausgeglichen.
  • Die SoBEZ für die neuen Länder enden 2019. Die Instrumente, die helfen, regionale Ungleichgewichte unter den Ländern auszutarieren (SoBEZ für Kosten der politischen Führung, SoBEZ für strukturelle Arbeitslosigkeit, Finanzierungshilfen zur Abgeltung der Hafenlasten) werden fortgeführt. Brandenburg erhält zusätzliche SoBEZ für Kosten der politischen Führung in Höhe von 11 Mio. Euro.
  • Die Forschungsförderung des Bundes nach Art. 91b GG erfolgt nicht nach den Kriterien einer gleichmäßigen Verteilung. Um für leistungsschwache Länder einen Ausgleich zu gewährleisten, wird eine Bundesergänzungszuweisung für Forschungsförderung eingeführt. Dabei werden 35 % der Differenz zu 95 % des Länderdurchschnitts der Nettozuflüsse aufgefüllt. Die Forschungs-BEZ werden zusätzlich zu den bisherigen Forschungsausgaben des Bundes geleistet und gehen nicht zu Lasten der Forschungsförderung für die Länder.
  • Die Förderabgabe wird im Wesentlichen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein erhoben. Sie ist mit erheblichen Belastungen der Länder verbunden. Deshalb wird sie zukünftig bei der Berechnung der Finanzkraft zu 33 % angesetzt.
  • Es werden zur besonderen Entlastung dem Saarland und der Freien Hansestadt Bremen Sanierungshilfen in Höhe von insgesamt 800 Mio. € gewährt.
  • Bestehende Umsatzsteuer-Festbeträge werden in Umsatzsteuerpunkte umgewandelt.
  • Das Bundesprogramm GVFG wird dauerhaft fortgeführt.

Mit der Umsetzung aller beschriebenen Elemente im Rahmen einer Gesamteinigung werden die Länder in beträchtlichem Umfang finanziell entlastet. Dabei wird auch den Belangen der finanzschwachen Länder Rechnung getragen. Durch die Neuordnung der bundesstaatlichen Finanzbeziehungen steht kein Land finanziell schlechter da als ohne die Neuordnung.

Der Finanzausgleich wird einfacher, transparenter und gerechter gestaltet. Die ostdeutschen Flächenländer erhalten weiterhin Zuweisungen in Höhe von mehr als 2 Mrd. €. Die Länder Saarland und Bremen werden durch ergänzende finanzielle Hilfen in Höhe von insgesamt 800 Mio. € unterstützt. Es wird deutlich, dass Nordrhein-Westfalen Zahlerland ist. Die bisherigen Zahlerländer werden im Ausgleichssystem in einer Größenordnung von 2 Mrd. € entlastet. Die westdeutschen Flächenländer erhalten erhebliche Leistungen durch zusätzliche Umsatzsteueranteile, durch eine Begrenzung der Förderabgabe bei der Berechnung der Finanzkraft und durch gesonderte Zuweisungen des Bundes.

2. Der Stabilitätsrat überwacht künftig auch die Einhaltung der Schuldenbremse durch Bund und Länder. Mit der Ausweitung der Zuständigkeiten des Stabilitätsrates wird der Stabilitätsrat mit den zu seiner Aufgabenwahrnehmung notwendigen Kompetenzen ausgestattet.

3. Im Rahmen der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ist auch über einen Transferweg für die weitere Entlastung der Kommunen um 5 Mrd. Euro p. a. ab 2018 zu entscheiden. Dieser soll eine zielgenaue Entlastung der Kommunen gewährleisten und die Voraussetzungen für eine sachgerechte Fortentwicklung der Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung im Sozial-bereich schaffen. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob und wie die Länder bei der Eingliederungshilfe, den Hilfen zur Erziehung und anderer Sozialleistungen, die in der Finanzierungsverantwortung der Länder liegen, beschränkte Gesetzgebungskompetenzen erhalten können und die Finanzierungsverantwortung für die Eingliederungshilfe vollständig dezentral bei Ländern und Kommunen verbleiben kann.

4. Die Prolongation der bestehenden Kredite der Konsolidierungsländer wird ab 2016 gemeinsam mit dem Bund erfolgen. Die Konsolidierungsländer haften im Innenverhältnis gegenüber dem Bund weiterhin für ihre Verbindlichkeiten, profitieren aber vom erzielbaren Zinsvorteil. Ab 2020 können alle Länder diese Möglichkeit optional in Anspruch nehmen.

5. Die Neuordnung der bundesstaatlichen Finanzbeziehungen gilt unbefristet. Allerdings werden die Auswirkungen des neuen Ausgleichssystems erstmals 2030 überprüft. Eine Möglichkeit zur Kündigung durch eine Länderminderheit von mindestens drei Ländern ist frühestens ab dem Jahr 2030 einzuräumen. Die bis zur Kündigung geltende Regelung gilt weiter, bis sie durch eine neue Regelung ersetzt wird.

6. Bund und Länder werden unverzüglich die oben genannten Elemente mit dem Ziel konkretisieren, das Gesetzgebungsverfahren zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen Anfang 2016 einzuleiten.

7. Die Ministerpräsidentenkonferenz betont die Notwendigkeit, bei der erforderlichen Anpassung des Grundgesetzes den bislang in Artikel 107 GG verankerten angemessenen Ausgleich der unterschiedlichen Finanzkraft der Länder auch künftig sicherzustellen. Dies ist im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu konkretisieren.“

Gespräch im Kanzleramt

Im Anschluss an das Treffen in der Bremer Landesvertretung findet die Besprechung der Regierungschefinnen und Regierungschefs mit der Bundeskanzlerin im Kanzleramt statt.

MPK – Gremium der Selbstkoordination

In der Ministerpräsidentenkonferenz stimmen die Länder, vertreten durch ihre Regierungschefinnen und Regierungschefs, politische Positionen untereinander ab. Die MPK wurde auf Initiative der Ministerpräsidenten als „Gremium der Selbstkoordination“ der Länder ins Leben gerufen. Der Vorsitz wechselt jedes Jahr im Herbst. Aktuell führt die Freie Hansestadt Bremen die Geschäfte. Die MPK trifft sich viermal im Jahr zu regelmäßigen Sitzungen, bei besonderem Beratungsbedarf darüber hinaus zu Sonderkonferenzen. Die Hauptkonferenzen finden üblicherweise im jeweiligen Vorsitzland, die übrigen in Berlin statt.

Senatskanzlei der Freien Hansestadt Bremen, Pressemitteilung v. 03.12.2015