Gesetzgebung

Landtag: Gesetz über die elektronische Verwaltung in Bayern (Bayerisches E-Government-Gesetz – BayEGovG) beschlossen

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eGov_Fotolia_57224436_S_copyright - passDer Bayerische Landtag hat auf seiner 60. Sitzung vom 08.12.2015 o.g. Gesetz beschlossen, hat dabei Änderungen gegenüber dem Gesetzentwurf der Staatsregierung vorgenommen und ist insoweit der Beschlussempfehlung mit Bericht v. 26.11.2015 gefolgt. Die Änderungen betreffen Art. 6 BayEGovG (Elektronisches Verwaltungsverfahren; hier: Bekanntgabe von Verwaltungsakten durch Datenfernübertragung) und Art. 9a BayEGovG (Änderung anderer Rechtsvorschriften; hier: Art. 15 BayBesG – Rückforderung der Besoldung).

Darüber hinaus hat der Landtag verschiedene In- bzw. Außerkrafttretens-Zeitpunkte bestimmt: Das BayEGovG tritt am 30.12.2015 in Kraft (für einige Vorschriften gelten spätere Inkrafttretens-Zeitpunkte). Die Datenschutzverordnung tritt mit Ablauf des 29.12.2015 außer Kraft, die Verordnung über die Gewässer zweiter Ordnung am 31.03.2016, die Experimentierklausel des Art. 10 Abs. 1, derzufolge die Staatsregierung zur Einführung und Fortentwicklung elektronischer Verwaltungsinfrastrukturen durch  Rechtsverordnung Abweichungen von bestimmten Vorschriften vorsehen kann, am 30.12.2019.

Art. 6 BayEGovG (Elektronisches Verwaltungsverfahren)

Art. 6 erhält einen zusätzlichen Abs. 4:

(4) 1Mit Einwilligung des Beteiligten können Verwaltungsakte bekannt gegeben werden, indem sie dem Beteiligten oder einem von ihm benannten Dritten zum Datenabruf durch Datenfernübertragung bereitgestellt werden. 2Für den Abruf hat sich die abrufberechtigte Person zu authentifizieren. 3Der Verwaltungsakt gilt am dritten Tag, nachdem die elektronische Benachrichtigung über die Bereitstellung des Verwaltungsakts zum Abruf an die abrufberechtigte Person abgesendet wurde, als bekannt gegeben. 4Satz 3 gilt nicht, wenn die elektronische Benachrichtigung nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang der elektronischen Benachrichtigung nachzuweisen. 5Gelingt ihr der Nachweis nicht, gilt der Verwaltungsakt in dem Zeitpunkt als bekannt gegeben, in dem die abrufberechtigte Person den Datenabruf durchgeführt hat.

Der Begründung des zugrunde liegenden Änderungsantrags (LT-Drs. 17/8897 v. 04.11.2015 [PDF, 204 KB]) ist hierzu zu entnehmen:

Die Bestimmung soll eine elektronische Bekanntgabe von Verwaltungsakten durch elektronischen Datenfernabruf insbesondere über Verwaltungsportale, wie z.B. das Bayernportal, die Bürgerserviceportale der bayerischen Kommunen, die Plattform für sichere Kommunikation oder das Mitarbeiterportal der Bayerischen Staatsverwaltung rechtssicher ermöglichen. Satz 1 stellt klar, dass eine elektronische Bekanntgabe mit Einwilligung des Beteiligten auch durch Bereitstellung von Daten zum Abruf über Verwaltungsportale zulässig ist. Satz 2 sieht für den Datenabruf eine vorherige Authentifizierung vor. Die abrufberechtigte Person wird in Form einer elektronischen Benachrichtigung (z.B. E-Mail) über die Bereitstellung der Daten informiert. Diese Benachrichtigung muss dabei nach allgemeinen Regeln nicht verschlüsselt werden. Satz 3 enthält eine Bekanntgabefiktion: Der Verwaltungsakt gilt am dritten Tag nach der Absendung der elektronischen Benachrichtigung an den Abrufberechtigten, dass der Verwaltungsakt zum Abruf bereit steht, als bekannt gegeben. Diese Fiktion gilt nicht, wenn die elektronische Benachrichtigung nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang der elektronischen Benachrichtigung nachzuweisen. Gelingt ihr dieser Nachweis nicht, werden die Daten aber tatsächlich von einer dazu befugten Person abgerufen, gilt der Verwaltungsakt nach Satz 5 in dem Zeitpunkt als zugegangen, in dem dieser Datenabruf tatsächlich durchgeführt wird.

Art. 9a BayEGovG (Änderung anderer Rechtsvorschriften)

Art. 9a erhält einen neuen Abs. 19, der in Art. 15 BayBesG (Rückforderung der Besoldung) einen neuen Abs. 2a einfügt:

(2a) 1Wird eine Bezügemitteilung, die mit Zustimmung des Beamten oder der Beamtin elektronisch zum Datenabruf bereitgestellt wurde, nicht innerhalb von drei Tagen nach Absendung der elektronischen Benachrichtigung über die Bereitstellung durch den Beamten oder die Beamtin abgerufen, gilt Abs. 2 Satz 2 ab dem Zeitpunkt des Zugangs der Benachrichtigung entsprechend, soweit der Empfänger oder die Empfängerin die Unrichtigkeit der Besoldung aus der Bezügemitteilung heraus hätte erkennen müssen. 2Dies gilt nicht, wenn die elektronische Benachrichtigung nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang der elektronischen Benachrichtigung nachzuweisen.

Der Begründung des zugrunde liegenden Änderungsantrags (LT-Drs. 17/8897 v. 04.11.2015 [PDF, 204 KB]) ist hierzu zu entnehmen:

Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung der Verwaltung wird es Beamten und Beamtinnen in der Zukunft ermöglicht werden, Bezügemitteilungen ausschließlich in einem Onlineportal abzurufen und gleichzeitig auf den Papierversand der Bezügemitteilung zu verzichten. Im Gegensatz zum Papierversand, bei dem der Bezügeempfänger bzw. die Bezügeempfängerin einen Brief im Briefkasten vorfindet, der in der Regel jeden Tag geleert wird, muss sich der Bezügeempfänger bzw. die Bezügeempfängerin bei einem Onlineportal aktiv mit den entsprechenden Zugangsdaten anmelden und die Bezügemitteilung abrufen, nachdem eine entsprechende elektronische Benachrichtigung an eine bereitgestellte E-Mail-Adresse erfolgt ist.

Öffnet der Beamte oder die Beamtin die elektronisch bereitgestellte Bezügemitteilung im Onlineportal trotz ordnungsgemäßer Benachrichtigung tatsächlich nicht, kann durch die nicht erfolgte Protokollierung des Zugriffs nachgewiesen werden, dass ein Abruf nicht erfolgt ist. Für die Rückforderung von Überzahlungen bestünde damit die Gefahr, dass der Beamte bzw. die Beamtin vorbringt, den Mangel des rechtlichen Grundes einer Zahlung nicht gekannt zu haben bzw. nicht hätte kennen zu müssen.

Um im Fall der Nutzung von Onlineportalen einen Gleichlauf mit dem Papierversand herzustellen und weiterhin Überzahlungen von Beamten und Beamtinnen zurückfordern zu können, ohne dass eine Entreicherung im Raum steht, wird in Satz 1 eine Kenntnisnahmefiktion geschaffen. Wenn ein Beamter oder eine Beamtin trotz Zustimmung zur Nutzung eines Onlineportals bei gleichzeitigem freiwilligen Verzicht auf den Papierversand innerhalb von drei Tagen nach Erhalt einer elektronischen Benachrichtigung die elektronisch bereitgestellte Bezügemitteilung nicht abruft, gilt Abs. 2 Satz 2 ab dem Zeitpunkt des Zugangs der Benachrichtigung (§ 130 BGB analog) entsprechend, soweit der Empfänger die Unrichtigkeit der Besoldung bei Durchsicht der Bezügemitteilung hätte erkennen können. Damit scheidet eine Berufung auf § 818 Abs. 3 BGB im Ergebnis aus.

Eine Ausnahme gilt nach Satz 2 Halbsatz 1 dann, wenn die elektronische Benachrichtigung (z.B. wegen technischer Probleme bei der Absendung) nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Nach Satz 2 Halbsatz 2 hat im Zweifelsfall die Behörde den Zugang der elektronischen Benachrichtigung nachzuweisen, so dass keine übermäßig hohen Anforderungen an die Beamten und Beamtinnen gestellt werden, auch wenn sie sich freiwillig für den Verzicht auf den Papierversand entscheiden und den elektronischen Zugang eröffnen.

Gelingt der Behörde der Nachweis des Zugangs der elektronischen Benachrichtigung nicht, ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Kenntnis bzw. die fahrlässige Unkenntnis des Beamten bzw. der Beamtin der Zeitpunkt, in dem die Bezügemitteilung abgerufen wurde. In diesem Fall kann für die Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes für die Zahlung auf Abs. 2 Satz 2 zurückgegriffen werden, so dass es keiner eigenständigen Regelung bedarf.

Ass. iur. Klaus Kohnen; Titelbild: (c) doomu – Fotolia.com

Redaktioneller Hinweis: Zum aktuellen Stand bzw. zum Gang des Gesetzgebungsverfahrens vgl. hier (inklusive redaktioneller Beiträge und ggfls. Stellungnahmen) bzw. hier (inklusive Aussprachen im Plenum – Vorgangsmappe des Landtags, PDF)