Gesetzgebung

EU-Kommission: Ein europäischer Grenz- und Küstenschutz für die Außengrenzen

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Die EU-Kommission hat heute (Dienstag) Vorschläge für den Aufbau eines europäischen Grenz- und Küstenschutzes vorgelegt.

Damit sollen die EU-Außengrenzen besser geschützt, die innere Sicherheit verbessert, die Reisefreiheit im Schengen-Raum bewahrt und der wachsende Migrationsdruck besser gesteuert werden. Im Mittelpunkt steht eine Stärkung der Rolle und des Mandats der bisherigen Europäischen Grenzschutzagentur Frontex. So soll die Agentur künftig das Recht haben, unmittelbar tätig zu werden und europäische Grenzschutz- und Küstenwache-Teams einzusetzen, wenn ein Mitgliedstaat nicht in der Lage oder nicht gewillt ist, die erforderlichen Grenzsicherungsmaßnahmen zu treffen. Zur weiteren Verbesserung der Sicherheit der Bürger Europas schlägt die Kommission vor, für alle Personen, die in den Schengen-Raum einreisen oder aus diesem ausreisen, einen systematischen Abgleich mit einschlägigen Datenbanken einzuführen.

Der Erste Vizepräsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermans, erklärte dazu:

In einem Raum der Freizügigkeit ohne Binnengrenzen müssen wir die Verantwortung für das Management der Außengrenzen Europas gemeinsam tragen. Die Krise hat eindeutige Schwachstellen und Lücken der bestehenden Mechanismen, mit denen die Einhaltung der EU-Normen sichergestellt werden soll, offengelegt. Daher ist es nun an der Zeit für den Übergang zu einem wirklich integrierten Grenzmanagementsystem. Der europäische Grenz- und Küstenschutz wird sich zusammensetzen aus einer gestärkten Agentur, die auf eine Reserve von Personen und Ausrüstung zurückgreifen kann, und den Behörden der Mitgliedstaaten, die weiterhin für das laufende Grenzmanagement zuständig sind. Das von uns vorgeschlagene System wird es ermöglichen, Schwachstellen in Echtzeit zu ermitteln, so dass sie rasch beseitigt werden können. Außerdem wird es unsere gemeinsame Fähigkeit verbessern, wirksam mit Krisensituationen umzugehen, in denen ein Abschnitt der Außengrenze stark unter Druck gerät.“

Kommissionsmitglied Dimitris Avramopoulos, zuständig für Migration, Inneres und Bürgerschaft, ergänzte:

Die derzeitigen Herausforderungen in den Bereichen Migration und Sicherheit machen nicht an den Grenzen Halt und erfordern ein wahrhaft europäisches Konzept. Während Frontex beim Management der Außengrenzen auf die Unterstützung der Mitgliedstaaten beschränkt war, wird die neue Grenzschutzagentur darüber hinaus gehen. Wir schaffen heute mehr Europa: um unsere Außengrenzen zu verwalten, die Rückführung irregulärer Migranten zu intensivieren, das reibungslose Funktionieren unseres Asylsystems für die Schutzbedürftigen zu gewährleisten und die Kontrollen an den Außengrenzen der Europäischen Union zu verstärken. Durch das heute vorgestellte Grenzschutzpaket werden mehr Sicherheit für unsere Bürger und ein hoher Grenzmanagement-Standard gewährleistet.“

Der europäische Grenz- und Küstenschutz wird sich zusammensetzen aus einer (aus Frontex hervorgehenden) Europäischen Agentur für Grenz- und Küstenschutz und den für das Grenzmanagement zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, die weiterhin das laufende Management der Außengrenzen durchführen.

Der neue europäische Grenz- und Küstenschutz soll über Folgendes verfügen:

  • Eine Überwachungs- und Aufsichtsfunktion: Eine Zentralstelle für Überwachung und Risikoanalyse wird eingerichtet, um die Migrationsströme in die und innerhalb der Europäischen Union zu überwachen und Risikoanalysen sowie verbindliche Schwachstellenbewertungen durchzuführen, um Schwachstellen zu ermitteln und beseitigen. Verbindungsbeamte werden in die Mitgliedstaaten abgestellt, um Präsenz vor Ort zu gewährleisten, wo Grenzen gefährdet sind. Die Agentur wird in der Lage sein, die operative Leistungsfähigkeit, die technische Ausrüstung und die Ressourcen, die den Mitgliedstaaten zur Bewältigung von Herausforderungen an ihren Außengrenzen zur Verfügung stehen, zu bewerten sowie die Mitgliedstaaten zum Ergreifen der erforderlichen Maßnahmen aufzufordern, um Schwachstellen innerhalb einer bestimmten Frist abzuhelfen.
  • Das Recht, tätig zu werden: Die Mitgliedstaaten können gemeinsame Einsätze und Soforteinsätze für Grenzsicherungszwecke sowie den Einsatz der europäischen Grenzschutz- und Küstenwache-Teams zu deren Unterstützung fordern.Wenn Mängel fortbestehen oder ein Mitgliedstaat einem erheblichen Migrationsdruck ausgesetzt ist, wodurch der Schengen-Raum gefährdet wird, und auf nationaler Ebene keine oder nicht ausreichende Maßnahmen ergriffen werden, kann die Kommission einen Durchführungsbeschluss erlassen, in dem sie feststellt, dass die Lage in einem bestimmten Abschnitt der Außengrenzen Sofortmaßnahmen auf europäischer Ebene erfordert.Dadurch wird es der Agentur ermöglicht, tätig zu werden und europäische Grenzschutz- und Küstenwache-Teams einzusetzen, um dafür zu sorgen, dass vor Ort auch dann gehandelt wird, wenn ein Mitgliedstaat nicht in der Lage oder nicht gewillt ist, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
  • Überwachung durch die Küstenwache: Die nationalen Küstenwachen werden Teil des Europäischen Grenz- und Küstenschutzes sein, soweit sie grenzpolizeiliche Aufgaben wahrnehmen. Die Mandate der Europäischen Fischereiaufsichtsagentur und der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs werden an den neuen Europäischen Grenz- und Küstenschutz angepasst. Die drei Agenturen werden in der Lage sein, gemeinsame Überwachungsmaßnahmen durchzuführen, zum Beispiel durch den gemeinsamen Betrieb ferngesteuerter Luftfahrtsysteme (Drohnen) im Mittelmeerraum.
  • Ein Mandat für die Arbeit in Drittländern: Die Agentur wird ein neues Mandat zur Entsendung von Verbindungsbeamten und zur Organisation gemeinsamer Einsätze mit benachbarten Drittländern, auch in deren Hoheitsgebiet, erhalten.
  • Eine stärkere Rolle bei der Rückführung: Eine europäische Rückführungsstelle wird innerhalb der Agentur eingerichtet, die es ermöglichen wird, europäische Einsatzteams für Rückführungen mit Begleitpersonen, Beobachtern und Rückführungsfachleuten bereitzustellen, die für die effektive Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger sorgen werden. Um in Drittländern eine größere Bereitschaft zur Aufnahme von Rückkehrern zu erreichen, wird ein europäisches Standard-Reisedokument für die Rückführung eingeführt.
  • Innere Sicherheit gewährleisten: Die Agentur wird unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechte in ihre Risikoanalysen auch die grenzüberschreitende Kriminalität und den Terrorismus einbeziehen und mit anderen EU-Agenturen und internationalen Organisationen bei der Terrorismusprävention zusammenarbeiten.

Zur Erhöhung der Sicherheit im Schengen-Raum schlägt die Kommission eine gezielte Änderung des Schengener Grenzkodex vor, um obligatorische systematische Kontrollen von EU-Bürgern an den Land-, See- und Luftaußengrenzen einzuführen. Obligatorische Kontrollen von EU-Bürgern werden mit Hilfe von Datenbanken wie dem Schengener Informationssystem, der Interpol-Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente und einschlägiger nationaler Systeme erfolgen, um sicherzugehen, dass die ankommenden Personen keine Bedrohung für die öffentliche Ordnung und die innere Sicherheit darstellen. Durch den Vorschlag wird auch die Notwendigkeit hervorgehoben, die biometrischen Identifikatoren in Reisepässen von EU-Bürgern zu überprüfen, wenn Zweifel an der Echtheit des Passes oder der Legitimität des Inhabers bestehen. Kontrollen werden von nun auch bei der Ausreise aus der Europäischen Union verbindlich vorgeschrieben.

  • Weitere Informationen finden Sie in der vollständigen Pressemitteilung und in diesem Memo.
  • Hintergrundinformationen zum europäischen Grenz- und Küstenschutz finden Sie in diesem Factsheet (PDF, 900 KB)
  • Hintergrundinformationen zu den systematischen Kontrollen an den EU-Außengrenzen finden Sie in diesem Factsheet (PDF, 400 KB).

EU-Kommission, Vertretung in Deutschland, Pressemitteilung v. 15.12.2015