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Bundesrat: Beschlüsse der 940. Sitzung vom 18.12.2015

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Bundesrat_Fotolia_24218206_S_copyright - passKein Bundesgesetz ohne Bundesrat. Meist frühzeitig in die Gesetzgebung eingebunden und i.d.R. das letzte Organ, das inhaltlich mit einer Gesetzesänderung befasst ist, sind seine Beschlüsse ein gutes Gesetzgebungsradar sowohl hinsichtlich der Gesetze, die in Kürze verkündet werden, als auch hinsichtlich der Gesetze, die sich anderweitig im Verfahren befinden. Auf o.g. Sitzung wurden u.a. folgende Beschlüsse gefasst:

1. Gebilligte Gesetze

Der Bundesrat billigte u.a. nachfolgende Gesetzesbeschlüsse des Bundestages.

Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2016 (Haushaltsgesetz 2016) [TOP 1]

Den Erläuterungen zum Tagesordnungpunkt ist zu entnehmen:

Die geplanten Ausgaben des Bundes für das Haushaltsjahr 2016 sollen 316,9 Mrd. Euro betragen. Die Ausgaben steigen damit im Vergleich zum Regierungsentwurf um knapp 5 Mrd. Euro. Dieser Anstieg beruht insbesondere auf den zusätzlichen Ausgaben im Zusammenhang mit der Aufnahme, Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern. Zusammen mit den nach der letzten Steuerschätzung geringeren Steuereinnahmen ergibt sich ein Fehlbetrag von insgesamt knapp 7 Mrd. Euro. Dieser kann im Wesentlichen mithilfe der Übertragung von Überschüssen des laufenden Haushaltsjahres in das kommende ausgeglichen werden. Von daher sollen auch weiterhin keine neuen Schulden aufgenommen werden.

Der Deutsche Bundestag hat mit seinem Gesetzesbeschluss für die Bewältigung der Flüchtlingskrise in verschiedenen Einzelplänen neue Mittel bereitgestellt:

  • Das BMI erhält 1Mrd. Euro zusätzlich insbesondere für zusätzliche Stellen für das BAMF und das THW.
  • Die Mittel für Integrationsmaßnahmen sollen gegenüber 2015 um rund 325 Mio. Euro erhöht werden.
  • Das BMAS soll 2,6 Mrd. Euro zusätzlich erhalten, davon 1,9 Mrd. Euro wegen der erwarteten Entwicklung der Flüchtlingszahlen.
  • 179 Mio. Euro sollen für zusätzliche Bildungsmaßnahmen (Deutsch-Sprachkurse) bereitgestellt werden.
  • Die Grundsicherung für Arbeitssuchende soll um insgesamt 1,625 Mrd. Euro erhöht werden.

Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und weiterer Vorschriften [TOP 3]

SGB XII (Sozialhilfe)

Am 1. Januar 2013 ist in Folge des vom Bund zu erstattenden Anteils von 75 Prozent der Nettoausgaben in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) im Jahr 2013 Bundesauftragsverwaltung nach Artikel 85 Grundgesetz (GG) eingetreten. Seit dem 1. Januar 2014 erstattet der Bund die jährlichen Nettoausgaben in voller Höhe (Erstattung zu 100 Prozent). Hieraus resultiert Anpassungsbedarf.

Stichworte: Neuregelung der Nachweislegung der Länder für aus dem Bundeshaushalt abgerufene Erstattungszahlungen für Geldleistungen der Grundsicherung im Alter und bei der Erwerbsminderung.

SGB III (Arbeitsförderung) und BAFöG

Deutschland verzeichnet eine steigende Zahl von Asylbewerbern und Flüchtlingen. Vor diesem Hintergrund stellen sich erhebliche Herausforderungen bei der beruflichen Eingliederung insbesondere von Geduldeten.

Im Recht der Arbeitsförderung (SGB III) werden ausbildungsbegleitende Hilfen für Geduldete geöffnet. Damit sollen insbesondere Ausbildungsabbrüche verhindert werden. Eine bereits für den 1. August 2016 normierte Herabsetzung der Voraufenthaltsdauer für Geduldete und bestimmte Personengruppen mit einer Aufenthaltserlaubnis von vier Jahren auf 15 Monate im Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) und im SGB III wird vorgezogen. Damit können diese Personen gezielt bestimmte ausbildungsfördernde Leistungen früher in Anspruch nehmen.

Zweites Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites Pflegestärkungsgesetz – PSG II) [TOP 8]

Stichworte: Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs; Einführung des Neuen Begutachtungsassessments (NBA); Einführung von fünf Pflegegraden (statt bisher drei Pflegestufen); Absicherung pflegender Angehöriger (Verbesserungen bei der Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung).

Weitere Informationen zu den Pflegstärkungsgesetzen (z.B. Stellungnahmen aus dem Freistaat, Genese des Vorhabens).

Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen sowie zur Änderung weiterer Gesetze (E-Health-Gesetz) [TOP 9]

Die Erläuterungen zum Tagesordnungspunkt benennen als Schwerpunkte des Gesetzes:

  • Versicherte erhalten ab 2018 die Möglichkeit, auf eigenen Wunsch ihre notfallrelevanten medizinischen Daten (Notfalldaten) der elektronischen Gesundheitskarte auch zur Unterstützung ihrer Behandlung in der Regelversorgung bereitzustellen.
  • Zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit erhalten Patienten, die mindestens drei verordnete Arzneimittel anwenden, einen Anspruch auf einen einheitlichen Medikationsplan in Papierform. Ab dem Jahr 2018 soll der Medikationsplan auch elektronisch von der Gesundheitskarte abrufbar sein.
  • Ein modernes Stammdatenmanagement wird ab Mitte 2016 flächendeckend eingeführt.
  • Ferner wird die Telematikinfrastruktur auch für weitere Anwendungen im Gesundheitsbereich ohne Einsatz der elektronischen Gesundheitskarte genutzt. Perspektivisch sollen auch weitere Leistungserbringer, wie zum Beispiel die Angehörigen der nicht-approbierten Gesundheitsberufe (zum Beispiel im Bereich der Pflege), die Telematikinfrastruktur nutzen können.

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen aus dem Freistaat, Genese des Vorhabens).

10. Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes [Top 10]

Mit dem Gesetz sollen die Parteien einerseits finanziell in die Lage versetzt werden, auch in Zukunft ihre Aufgabe adäquat erfüllen zu können (höherer staatlicher Zuschuss für gewonne Stimmen bei Wahlen ab 2016). Andererseits soll den in der Vergangenheit wiederholt erfolgten Verstößen gegen die Pflicht zur öffentlichen Rechenschaftslegung wirksam begegnet werden können (u.a. durch Zwangsgeld, drohenden Verlust der Rechtsstellung als Partei).

Gesetz zur Änderung des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes und anderer Gesetze [TOP 11]

Stichworte: Umsetzung der novellierten Berufsanerkennungsrichtlinie (RL 2005/36/EG novelliert durch RL 2013/55/EU); Anerkennung von im Ausland erworbenen Ausbildungsnachweisen für Berufe im Zuständigkeitsbereich des Bundes; Europäischer Berufsausweis.

Zur Umsetzung für die landesrechtlich geregelten Berufe im Freistaat vgl. hier.

Gesetz zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren (3. Opferrechtsreformgesetz) [TOP 13]

Stichworte: Umsetzung der europäischen Opferschutzrichtlinie; kostenlose psychosoziale Betreuung für Kinder und Jugendliche, die Opfer von schweren Gewaltverbrechen oder Sexualstraftaten geworden sind; Anspruch auf Übersetzung bei Vernehmung bei Polizei und Staatsanwaltschaft.

Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung [TOP 14]

Stichworte: Syndikusanwalt als Rechtsanwalt im Sinne der BRAO; Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung; Versorgungswerk; Vertretungsverbot; kein Zeugnisverweigerungsrecht; kein Beschlagnahmeverbot.

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen, Genese des Vorhabens).

Gesetz zur Neuregelung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes [TOP 18]

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen, Genese des Vorhabens). 

Gesetz zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus [TOP 19]

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen, Genese des Vorhabens). 

Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts (Vergaberechtsmodernisierungsgesetz – VergRModG) [TOP 20]

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen, Genese des Vorhabens).

II. Landesinitiativen

Es standen u.a. nachfolgend aufgeführte Landesinitiativen auf der Tagesordnung.

Entschließung des Bundesrates zur Stärkung der Stromerzeugung aus Biomasse im EEG 2016 [TOP 26]

Beschluss: Annahme in geänderter Fassung.

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen, Genese des Vorhabens).

Entschließung des Bundesrates für ein effizientes, ökologisches, verbraucherfreundliches und bürgernahes Wertstoffgesetz [TOP 46]

Stichworte: Schaffung eines Wertstoffgesetzes; Organisationsverantwortung der Kommunen; Produkt- und Finanzverantwortung der Hersteller; gewerbliche Sammlung; Verpackungsverordnung.

Beschluss: Ausschusszuweisung.

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen, Genese des Vorhabens).

III. Gesetzentwürfe der Bundesregierung

Es wurde u.a. zu nachfolgenden Gesetzentwürfen der Bundesregierung Beschluss gefasst.

Entwurf eines Gesetzes zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor den Gefahren des Konsums von elektronischen Zigaretten und elektronischen Shishas [TOP 27]

Beschluss: Stellungnahme.

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen, Genese des Vorhabens). Zum Thema „elektronische Nikotinprodukte“ allgemein vgl. hier.

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten sowie den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen [TOP 28]

Stichworte: Gitokonto für jedermann (insbesondere Obdachlose, Asylsuchende und Geduldete).

Beschluss: Stellungnahme.

Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Kulturgutschutzrechts [TOP 29]

Beschluss: Stellungnahme.

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen, Genese des Vorhabens). Vgl. auch die bayerische Bundesratsinitiative eines „Kulturgut-Rückgewähr-Gesetzes (KRG)“.

Entwurf eines Gesetzes zur Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 des Strafgesetzbuches und zur Änderung anderer Vorschriften [TOP 30]

Beschluss: Stellungnahme.

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen, Genese des Vorhabens). Vgl. auch das Dossier „Unterbringung – Sicherungsverwahrung – Maßregelvollzug“.

Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung des Strommarktes (Strommarktgesetz) [TOP 33a]

Beschluss: Stellungnahme.

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen, Genese des Vorhabens).

Entwurf eines Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende [Top 33b]

Beschluss: Stellungnahme.

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen, Genese des Vorhabens). 

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Registrierung und des Datenaustausches zu aufenthalts- und asylrechtlichen Zwecken (Datenaustauschverbesserungsgesetz) [TOP 45]

Stichworte: Beschleunigung von Asylverfahren; Vermeidung der Mehrfacherhebung von Daten; Ankunftsnachweis („Flüchtlingsausweis“).

Verbesserung bei der Datenerhebung

Für Asyl- und Schutzsuchende sowie unerlaubt eingereiste und unerlaubt aufhältige Personen werden künftig zu den bereits heute schon im Ausländerzentralregister zu speichernden Grundpersonalien zusätzliche weitere Daten gespeichert. Neu hinzu kommen etwa die im Rahmen der erkennungsdienstlichen Behandlung erhobenen Fingerabdruckdaten, der Staat, aus dem die Einreise erfolgt ist, Angaben zu begleitenden minderjährigen Kindern und Jugendlichen sowie Informationen zu durchgeführten Gesundheitsuntersuchungen und Impfungen. Bei Asyl- und Schutzsuchenden sollen zudem Informationen zu Schulbildung, Berufsausbildung sowie sonstige Qualifikationen gespeichert werden, die für die schnelle Integration und Arbeitsvermittlung erforderlich sind.

Die Daten werden künftig früher, das heißt nach Möglichkeit bereits bei dem ersten Kontakt erhoben und zentral in einem Kerndatensystem gespeichert. Der Kreis der Behörden, die die Daten an das zentrale Kerndatensystem übermitteln, wird auf alle zur Registrierung von Asyl- und Schutzsuchenden oder unerlaubt eingereisten und unerlaubt aufhältigen Personen befugte Stellen erweitert. Neben dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sind dies vor allem die Aufnahmeeinrichtungen, die mit der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden, die Polizeivollzugsbehörden der Länder sowie die Ausländerbehörden.

Um Doppelregistrierungen zu verhindern, werden alle zur Registrierung befugten Stellen zudem mit einem Fingerabdruck-Schnell-Abgleichsystem (sog. Fast-ID) ausgerüstet.

Verbesserung des Datenaustauschs

Der Kreis der Behörden, die Daten aus dem zentralen Kerndatensystem erhalten, wird erweitert. Allen öffentlichen Stellen, die Daten aus dem Kerndatensystem für ihre Aufgabenerfüllung benötigen, werden die erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt. Dies betrifft neben den Sicherheitsbehörden insbesondere das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Aufnahmeeinrichtungen, die Ausländerbehörden, die Asylbewerberleistungsbehörden, die Bundesagentur für Arbeit, die für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Stellen sowie die Meldebehörden. Diese Behörden sollen nicht nur zum Datenabruf aus dem Register berechtigt sein, sondern zusätzlich auch Befugnisse zur Übermittlung bzw. Aktualisierung von Daten erhalten (z. B. Informationen zur Teilnahme an einem Integrationskurs sowie zur Änderung der Anschrift).

Einführung eines Ankunftsnachweises

Zusätzlich wird die bereits bestehende Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender als ein papierbasiertes Dokument mit fälschungssicheren Elementen ausgestaltet (künftig Ankunftsnachweis). Der Ankunftsnachweis wird von den zuständigen Aufnahmeeinrichtungen und den zuständigen Außenstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge unverzüglich nach der erkennungsdienstlichen Behandlung ausgestellt. Die erfolgte Registrierung und die Vorlage des Ankunftsnachweises sollen grundsätzlich Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen und die Stellung eines Asylantrages sein.

Beschluss: Stellungnahme.

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen, Genese des Vorhabens).

IV. Rechtsverordnungen

Es wurde u.a. folgende Rechtsverordnung behandelt:

Verordnung zur Änderung der Aufenthaltsverordnung und der AZRG-Durchführungsverordnung [TOP 40]

Zum Inhalt: Mit Inkrafttreten des ersten Asylpakets im Oktober 2014 hat das Aufenthaltsgesetz diverse Reformen erfahren. Mit der vorliegenden Änderungsverordnung sollen die Aufenthaltsverordnung und die Verordnung zur Durchführung des Ausländerzentralregistergesetzes (AZRG-DV) an die mit dem Asylpaket erfolgte Fortentwickelung des Bleiberechts und des Ausweisungs- und Abschiebungsrechts angepasst werden.

Beschluss: Zustimmung.

V. Nützliche Links mit weiteren Informationen

Die verlinkten Tagesordnungspunkte (TOP) führen zur Sitzungswebsite des Bundesrates. Dort sind u.a. die Stellungnahmen des Bundesrates abrufbar und die wesentlichen Inhalte des behandelten Tagesordnungspunkts meist zusammengefasst („Erläuterungen zum Tagesordnungspunkt“). Darüber hinaus findet sich dort ein Link zum DIP (Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge): Dort ist der aktuelle Stand und Gang des Verfahrens dokumentiert.

Eine konzise Zusammenfassung der Bundesrats-Beschlüsse und Stellungnahmen zu wesentlichen Tagesordnungspunkten enthält zudem die Rubrik „Plenum kompakt“.

Eine Übersicht über das Abstimmungsverhalten des Freistaates Bayern nebst dem Gesamtergebnis der Abstimmung findet sich hier (PDF, 362 KB).

Ass. iur. Klaus Kohnen; Foto: (c) Aleix Cortadellas – Fotolia.com